Plattform-Regulierung: Deutsches Digitale-Dienste-Gesetz soll NetzDG ersetzen

Die zentrale Rolle des Koordinators für digitale Dienste nach dem Digital Services Act (DSA) wird die Bundesnetzagentur übernehmen, sieht ein Gesetzentwurf vor.

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(Bild: muhammadtoqeer/Shutterstock.com)

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Das monatelange Schaulaufen der Behörden, die sich für die Position der deutschen Aufsicht über Online-Plattformen im Sinne des Digital Services Act (DSA) der EU beworben haben, ist vorbei. Die zentrale Rolle des nationalen Koordinators für digitale Dienste soll die Bundesnetzagentur (BNetzA) übernehmen. Das berichtet der Fachdienst Tagesspiegel Background unter Verweis auf einen Gesetzentwurf aus Kreisen der Bundesregierung. Zuvor hatten insbesondere auch die Landesmedienanstalten ihren Hut für die Aufsichtsinstanz in den Ring geworfen. Im Gespräch war auch, eine neue, eigenständige Superbehörde zu schaffen.

Die für die künftige Regulierung von Google, Facebook, Twitter & Co. wichtige Vermittlungsinstanz soll unter anderem als Relaisstation zur und zentraler Ansprechpartner für die EU-Kommission fungieren, die für die Aufsicht über sehr große Online-Plattformen mit über 45 Millionen monatlich aktiven Nutzern in der EU selbst zuständig ist. Die ersten 19 betroffenen Dienste hat die Brüsseler Regierungsinstitution gerade benannt. Dazu kommen Aufgaben wie Zertifizierung vertrauenswürdiger Hinweisgeber auf schädliche und illegale Inhalte sowie von Forschern mit speziellem Zugang zu Daten der Netzwerkbetreiber. Der Koordinator ist zudem Mitglied im Europäischen Ausschuss aller DSA-Kontrolleure.

Medienrechtler hatten im Vorfeld darauf verwiesen, dass die Koordinationsaufgaben auch die Regulierung öffentlicher Kommunikationsinhalte beträfen. Dabei müssten die Grundrechte beachtet werden. Der Bereich sei sensibel, was staatliche Eingriffe betreffe. Zumindest bei "gesellschaftsrelevanter Kommunikation" müsse die Staatsferne von Kontrolleuren gewährleistet sein. Dem will Regierung dem Bericht zufolge dahingehend Rechnung tragen, dass die Stelle als eigene, völlig unabhängige Einheit der BNetzA angemessen für die Erfüllung ihrer Aufgaben mit Personal und Ressourcen ausgestattet wird und diese eigenständig verwalten kann. Dazu sei im Einzelplan des Bundesdigitalministeriums ein separates Kapitel auszuweisen.

Die Dienstaufsicht soll zwar durch den Präsidenten der Regulierungsbehörde erfolgen. Dies gelte für den "Digital Services Coordinator" (DSC) aber nur, soweit nicht dessen Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Ebenfalls vorgesehen sei ein Beirat mit zehn Vertretern der Wissenschaft, Zivilgesellschaft einschließlich Verbraucherverbänden, und Wirtschaftsvertretern. Dieser soll etwa Empfehlungen zur wirkungsvollen Durchsetzung der DSA-Vorschriften machen und "wissenschaftliche Fragestellungen, insbesondere auch zum Umgang mit Daten, an die Koordinierungsstelle" herantragen.

Im Entwurf wird laut der Meldung auch die Kooperation des DSC mit den Medienanstalten verankert. Der Koordinator solle diese unterstützen und informieren, sofern ihre Zuständigkeitsbereiche von eingeleiteten Verfahren betroffen sind. Die Medienwächter müssten auch beteiligt werden, wenn Belange der Länder nach dem Medienstaatsvertrag und dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag betroffen sind. BNetzA-Vizepräsident Wilhelm Eschweiler sah die Behörde bereits voriges Jahr bestens gerüstet, um die DSC-Position auszufüllen und sich in eine "Digitalagentur" zu wandeln. "Wir sind de facto weisungsfrei", betonte er. Es gebe "keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen".

Mit der Initiative will die Regierung das seit 2017 bestehende Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und das Telemediengesetz (TMG) in Rente schicken. Beide treten demnach am 17. Februar 2024 außer Kraft, wenn der DSA in allen Mitgliedsstaaten greift. Einige Teile des TMG finden sich dem Tagesspiegel zufolge aber nahezu wortgleich im Entwurf des Digitale-Dienste-Gesetzes, etwa die zum Herkunftslandprinzip, zu Informationspflichten und zur Zulassungsfreiheit von Diensteanbietern. Ferner werde der Begriff "Telemedien" in über 30 anderen Gesetzen durch "digitale Dienste" ersetzt. Die Exekutive hatte voriges Jahr erklärt, aufgrund der vollharmonisierenden Wirkung des DSA müsse der nationale Rechtsrahmen grundlegend überarbeitet werden. Die EU-Verordnung verfolge teils eine andere Regelungstechnik als das NetzDG, etwa bei der Definition illegaler Inhalte. Der DSA enthalte auch keine Löschfristen, sondern verweise auf einen Verhaltenskodex, der einen Richtwert von 24 Stunden vorsieht.

(mho)