Royal Enfield Shotgun 650: Gut gezielt

Royal Enfield Shotgun 650. Ein Old-school-Bobber mit Enfields luftgekühltem Reihenzweier: Gelungene Optik, niedriger Preis, gute Chancen am deutschen Markt.

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Royal Enfield​ Shotgun 650

(Bild: Royal Enfield)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Lange wurde Royal Enfield hierzulande meist milde belächelt. Obwohl es die älteste, ununterbrochen produzierende Motorradmarke der Welt ist – sie startete 1901 in England – nahm man sie bei uns nur als Hersteller völlig veralteter Liebhaber-Bikes aus Indien wahr. Das hat sich grundlegend geändert, seit der dynamische Siddartha Lal im Jahr 2000 die Leitung von Royal Enfield übernommen hat. Inzwischen wurde die Modellpalette komplett erneuert und die Verkaufszahlen sind förmlich explodiert: Im vergangenen Jahr hat Royal Enfield über 900.000 Motorräder weltweit abgesetzt, viermal so viele wie BMW.

Besonders die luft-/ölgekühlte Zweizylinder-Baureihe mit 650 cm3 Hubraum findet sehr guten Anklang. Das jüngste Modell hat Royal Enfield auf den martialischen Namen Shotgun 650 getauft und spielt damit auf die Anfänge der Marke als Rüstungsunternehmen an. Das Motorrad kommt im Stil eines schicken Bobbers. Prägend sind dabei ein tiefer Sitz, eine voluminöse Hinterradabdeckung und ein relativ hoher Lenker sowie langgezogene Endschalldämpfer. Ein rundlicher Tank und ein Rundscheinwerfer sind Pflicht. Bei der Shotgun 650 fällt das ungewöhnliche Design des Stahlrohrrahmens auf, der weit nach hinten gezogen ist und die beiden Stoßdämpfer aufnimmt.

Royal Enfield Shotgun 650 (7 Bilder)

Royal Enfield bringt mit der Shotgun 650 einen neuen Bobber heraus.
(Bild: Royal Enfield)

Der hinten freischwebende, allerdings nicht schwingende Einzelsitz ist keine wirklich neue Idee, den bot die Triumph Bonneville Bobber (Test) schon vor Jahren, aber er macht sich an der Royal Enfield ausgesprochen gut. Der anschraubbare Gepäckträger hat gleichzeitig die Funktion eines Heckrahmens für den Soziussitz. Lässt man ihn weg, wirkt das Heck dadurch sehr clean. Rückleuchte und Blinker sind am Schutzblech befestigt. Eine kleine Scheinwerfermaske lässt die Front glatter erscheinen. Der breite Lenker wird von Lenkerenden-Spiegeln geziert, wie sie gerade im Retro-Stil schwer angesagt sind, und hat in der Griffweite einstellbare Handhebel. Der Scheinwerfer ist mit LED bestückt.

Als Antrieb dient der seit längerem bekannte, luftgekühlte Reihenzweizylinder, der es in der Shotgun auf 47 PS bei 7250/min bringt. Das maximale Drehmoment von 52 Nm liegt recht früh bei 5650/min an. Die Entwickler betonen, dass die Shotgun 650 einen niedrigen Schwerpunkt hat, was das Rangieren einfacher gestaltet. Auch die Sitzhöhe erweist sich mit 795 mm als recht niedrig. Während die Super Meteor 650 mit einem 19-Zoll-Rad vorne und einem 16-Zöller hinten ausgestattet wurde, wählte Royal Enfield für die Shotgun 650 ein 18 Zoll großes Vorderrad mit der eher schmalen Bereifung von 100/90-18 und ein 17-Zoll-Hinterrad mit einem Reifen der Dimension 150/70-17.

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Natürlich ist die Shotgun 650 zum Cruisen gedacht, dennoch ist ihr Radstand von 1465 mm für einen Bobber eher kurz, was auf eine gewisse Handlichkeit schließen lässt, auch ihr Lenkkopfwinkel von 64,7 Grad und der Nachlauf von 101 mm sind gemäßigt. Beim Fahrwerk greift Royal Enfield nicht zu Billig-Produkten. Die 43 mm dicke Upside-down-Gabel stammt von Showa, ist allerdings nicht einstellbar. Die beiden hinteren Federbeine sind immerhin in der Vorspannung variabel. Mit 120 mm Federweg ist die Shotgun 650 vorne noch recht gut gefedert, hinten sind es hingegen nur 89 mm, was den Komfort auf schlechten Wegen einschränkt.

Royal Enfield Shotgun 650 (7 Bilder)

Royal Enfields Bobber Shotgun 650 ist wahlweise mit einem Einzelsitz allein unterwegs …
(Bild: Royal Enfield)

Eine einzelne Bremsscheibe mit 320 mm Durchmesser am Vorderrad wird mittels eines Zweikolben-Bremssattels von Bybre – einer indischen Tochterfirma von Brembo – verzögert. Hinten ist eine ungewöhnlich große Bremsscheibe mit 300 mm montiert. Wenn der 13,6-Liter-Tank gefüllt ist, kommt die Shotgun 650 auf ein Gewicht von 240 kg. Das ist nicht wenig für ein 47-PS-Bike. Aber nochmal: Sie ist zum Cruisen gedacht. Da spielen Beschleunigung und damit das Gewicht keine so große Rolle.

Das Cockpit prägt ein oldschool Rundinstrument mit einem analogen Tacho und einem modernen, darin integrierten, winzigen Digital-Display für einige andere Informationen. Ein Drehzahlmesser ist nicht vorgesehen. Rechts davon setzten die Entwickler noch ein weiteres, kleineres Rundinstrument, dass eine Pfeilnavigation darstellen kann, vorausgesetzt es ist per App mit dem Smartphone verbunden. Abgesehen vom vorgeschriebenen ABS sucht der Fahrer vergeblich nach elektronischen Assistenzsystemen wie Schlupfregelung, Tempomat oder Quickshifter. Immerhin gibt es einen USB-Stecker, um das Handy während der Fahrt aufzuladen.

Die Shotgun 650 kann in einem Punkt auftrumpfen: Es gibt sie ab 7590 Euro in "Sheet Metal Grey", andere Lackierungen kosten 100 bis 200 Euro Aufpreis. Zwar gibt es die Honda CMX 500 Rebel schon für 7190 Euro, aber sie hat auch deutlich weniger Hubraum und Drehmoment zu bieten. Die schon etwas betagte Kawasaki Vulcan S bietet zwar ebenfalls 650 cm3 Hubraum und sogar mehr Leistung, ist aber deutlich teurer. Ganz aktuell ist die ebenfalls etwas kräftigere, aber für A2-Einsteiger auf 48 PS drosselbare Moto Morini Calibro aus China dazugekommen. Sie ähnelt der Inderin im Stil, fährt aber wie die japanischen Bikes mit Wasserkühlung und startet bei 7399 Euro Listenpreis. Mit ihrem adretten Äußeren hat die Royal Enfield Shotgun 650 zu diesem Preis durchaus Chancen auf dem deutschen Markt.