Rückzug vom Verbrenner-Aus: Von der Leyens E-Fuel-Vorstoß bei der EU bleibt vage

Ursula von der Leyens Initiative gegen das Verbrenner-Aus könnte kleiner ausfallen als gedacht, denn am Ziel klimaneutraler Neuwagen ab 2035 hält sie fest.

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Tankvorgang

Fossile Kraftstoffe, im Bild Erdgas, werden an Tankstellen noch geraume Zeit dominieren.

(Bild: Pillau)

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Von
  • dpa
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lässt Details zu ihrem Vorstoß für eine Aufweichung des bereits beschlossenen EU-weiten Verbrenner-Aus vorerst offen. In einer Pressekonferenz nach ihrer Wiederwahl im Europäischen Parlament gab sie keine konkrete Antwort auf die Frage, ob Privatpersonen auch nach 2034 noch Neuwagen mit Verbrennungsmotor zulassen werden können. Die EU hat eigentlich beschlossen, dass ab 2035 nur noch Autos erstmals zugelassen werden sollen, die im Betrieb kein klimaschädliches Kohlendioxid ausstoßen. Die Bundesregierung hatte sich auf Drängen der FDP dafür eingesetzt, dass es Ausnahmen für sogenannte E-Fuels geben soll.

E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren theoretisch fast klimaneutral betrieben werden können. Allerdings erlaubt der Mangel an grünem, also mit erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff, auch in Jahren keine ausreichende Produktion von E-Fuels, um damit die klimaschädlichen fossilen Kraftstoffe in nennenswertem Maßstab zu ersetzen. Der Effekt für den Klimaschutz bliebe marginal. Zudem besteht eine Konkurrenz zum Luftverkehr, der den über Umwege elektrisch hergestellten Kraftstoff dringend zur Dekarbonisierung benötigt, weil etwa Linienflugzeuge im Gegensatz zu Autos kaum batterieelektrisch betrieben werden können.

In ihrem politischen Grundsatzprogramm für die kommenden fünf Jahre hatte von der Leyen gestern eine Initiative für Ausnahmen für E-Fuels angekündigt. Konkret heißt es darin, es sei "ein technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem E-Fuels eine Rolle spielen werden, indem die Vorschriften im Rahmen der geplanten Überprüfung gezielt geändert werden". Von der Leyen spricht hier von jener Überprüfung der Entscheidung zum Verbrenner-Aus, die für 2026 bereits vorgesehen ist. Bei dieser soll analysiert werden, ob das Gesetz nochmals angepasst werden soll. Von der Leyen stellte jedoch klar, dass das Ziel, dass Autos ab 2035 klimaneutral sein sollen, bestehen bleibe.

Theoretisch gibt es mehrere Möglichkeiten, das Gesetz zu ändern: Wenn das gesamte Paket noch mal angefasst wird, müsste es den normalen aufwendigen Gesetzgebungsprozess durchlaufen – also noch mal eine Mehrheit im Europaparlament und unter den EU-Staaten bekommen. Im Raum steht aber beispielsweise auch, dass mit einem sogenannten delegierten Rechtsakt Ausnahmen für E-Fuel-Autos in das Regelwerk aufgenommen werden. Dieser wird von der EU-Kommission erlassen, aber das EU-Parlament und die EU-Staaten können zwei Monate lang Einwände erheben.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing zeigte sich trotz der unklaren Details erfreut über die Ankündigung von der Leyens. Der FDP-Politiker sagte, er erwarte, dass sie das Vorhaben zur Chefinnensache mache und sich persönlich dafür einsetze, Genehmigungsvorschriften für E-Fuels-only-Fahrzeuge zu schaffen. So könne der Verkehr schneller klimafreundlicher werden. Der Vorsitzende des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP, Manfred Weber (CSU), und Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer äußerten sich ebenfalls erfreut. Nehammer nannte eine technologieoffene Lösung, die auch E-Fuels umfasse, richtig. Der Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel und für die Mobilität der Zukunft liege in der Offenheit gegenüber allen Technologien.

Der ADAC teilte mit, dass E-Fuels neben der voraussichtlich prägenden Elektromobilität eine weitere Möglichkeit seien, Klimaschutzziele zu erreichen. Wichtig sei, dass realistisch umsetzbare Bedingungen für die Nutzung mit E-Fuels formuliert würden. Vor allem für alte Verbrenner hätten E-Fuels eine Bedeutung. Grünen-Politiker zeigten sich trotz der Aufweichungs-Pläne entspannt. "E-Fuels werden immer ein Nischenprodukt im Straßenverkehr sein", sagte Michael Bloss, der klimapolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament.

(fpi)