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Snapdragon Ride Flex: Qualcomm nennt erste Details zum Zentralrechner fürs Auto

Ab 2025 sollen erste Autos mit Snapdragon Ride Flex auf den Markt kommen. Die Software wird dann noch wichtiger als sie heute schon ist.

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Auto mit Qualcomm Snapdragon Aufschrift

(Bild: Qualcomm)

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Qualcomm hat auf der CES 2023 erste Details des neuen Automotive-Chips "Snapdragon Ride Flex" verraten. Der für Autos konzipierte Chip soll als Zentralrechner mit der klassischen Steuergeräte-Architektur im Fahrzeug brechen. Statt zahlreicher spezialisierter Domänen-basierter Steuergeräte soll es nur noch einige wenige Zonen-Steuergeräte inklusive Redundanzen geben – mit dem Snapdragon Ride Flex als zentraler Schaltstelle. Hierfür soll der Chip über ausreichend Rechenleistung verfügen, um mehrere Betriebssysteme gleichzeitig und sicher voneinander getrennt laufen lassen zu können.

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Wir haben den Text um Details zur nachträglichen Monetarisierung durch die Fahrzeughersteller sowie die Verfügbarkeit der Chip-Varianten ergänzt.

Leistungsdaten verrät Qualcomm bisher nicht. Einzig die KI-Performance bezifferte das Unternehmen bereits im September 2022 grob. So hieß es seinerzeit im Rahmen der Vorstellung des Snapdragon Ride Flex, dass die kleinste Ausbaustufe einen zweistelligen TOPS-Wert erreichen wird, die größte hingegen etwa 2000 TOPS (Tera Operations Per Second). Ersterer Wert soll für automatisiertes Fahren gemäß Level 2 ausreichen, letzterer für Level 4 und 5.

Der Chip bietet aber auch Komponenten für das Trennen sicherheitsrelevanter Aufgaben von anderen. Dazu gehört ein Typ-1-Hypervisor, der als Abschirmung zwischen den unterschiedlichen Betriebssystemen dient. Als kompatibel nennt Qualcomm unter anderem Android und QNX, aber auch Echtzeitbetriebssysteme (RTOS, Real Time Operating System). Letztere kommen hauptsächlich dann ins Spiel, wenn es um kritische Fahrzeugsysteme wie Assistenzsysteme, Airbags, Bremsen oder die Antriebsüberwachung geht. Treten während der Fahrt Probleme mit der unter Android laufenden Navigations-Software auf, hat dies so keine Auswirkungen auf den sicheren Betrieb des Fahrzeugs.

Der Snapdragon Ride Flex soll genügend Leistung für automatisiertes Fahren und Unterhaltung bieten, dabei aber auch die notwendige Sicherheit beim gleichzeitigen Betrieb mehrerer Betriebssysteme ermöglichen.

(Bild: Qualcomm)

Zusätzlich unterstützt der Snapdragon Ride Flex AUTOSAR (Automotive Open System Architecture), eine offene Software-Architektur für Steuergeräte. Qualcomm berücksichtigt dabei beide Varianten – AUTOSAR Classic und Adaptive AUTOSAR. Letztere beinhaltet unter anderem Ressourcen, die für automatisiertes Fahren erforderlich sind.

Qualcomm unterstützt mit dem Snapdragon Ride Flex diverse Betriebssysteme, die gleichzeitig und voneinander getrennt laufen können. Fehler der Musik-Streaming-App sollen so beispielsweise zu keinen sicherheitsrelevanten Problemen führen.

(Bild: Qualcomm)

Insgesamt unterscheidet Qualcomm drei Bereiche: Fahrerinformationen (Driver Info) wie Antriebszustand und Geschwindigkeit, Assistenzsysteme (ADAS/AD, Advanced Driver Assistance System and Automated Driving) und Infotainment (IVI, In-Vehicle Infotainment). Hinzu kommen die Cloud-Dienste, die über das im Fahrzeug verbaute Modem auf Daten zugreifen können – oder solche ans Fahrzeug übermitteln. Dazu gehören etwa der Fernzugriff per Smartphone-App und die Verwaltung durch einen Flottenmanager.

Die Verbindung mit der Cloud sollen die Hersteller aber auch nutzen können, um die Vorteile des "Software-basierten Fahrzeugs" (SDV, Software Defined Vehicle) verstärkt nutzen zu können. Gemeint sind damit nicht nur die bereits bei vielen Modellen möglichen Over-the-Air-Updates der Infotainment-Software, sondern auch die Bereitstellung neuer Funktionen, grundlegender Software-Änderungen und neue Geschäftsmodelle. Das kann die Sitzheizung im Abo ebenso sein wie die Erhöhung der Motorleistung bei Mercedes.

Qualcomm nennt nicht nur Software-Updates für das Infotainmentsystem als Teil des Software-basierten Autos. Auch die Trennung von Hard- und Software ist laut Unternehmen ein wichtiges Kriterium.

(Bild: Qualcomm)

Wie weit die nachträgliche Monetarisierung gehen kann, zeigte Qualcomm anhand einer zusammen mit Salesforce entwickelten Demonstration. Die vom Fahrzeug mithilfe des Snapdragon Ride Flex gesammelten Daten wurden in diesem Fall von der Salesforce-KI Einstein ausgewertet. Basierend auf den Ergebnissen gab Einstein Empfehlungen für mögliche Angebote an den Fahrzeughalter. Im ersten Beispiel sprach die KI von einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass der Halter oder die Halterin aufgrund der Telematik-Daten das Assistenzpaket für automatisches Parken erwerben würde, falls der Hersteller ein solches anbietet. Im zweiten Fall präsentierte Einstein Vorschläge für Angebote basierend auf bisherigen Käufen des Halters.

Die entsprechende Software vorausgesetzt, könnten Fahrzeughersteller ihren Kunden maßgeschneiderte Empfehlungen für nachträgliche Käufe unterbreiten. Möglich wird dies durch den digitalen Zwilling des Fahrzeugs, den der Snapdragon Ride Flex ermöglichen soll.

Die Hersteller sollen aber auch in der Lage sein, Fahrzeugdaten schneller für verschiedene Entwicklungen heranziehen zu können. Qualcomm nennt als Beispiel Sensordaten, das maschinelle Lernen beschleunigen können.

Mit dem Sampling des Chips hat Qualcomm bereits begonnen, die Fertigung für Kunden startet jedoch erst 2024. Erste mit dem Snapdragon Ride Flex ausgestattete Fahrzeuge sollen jedoch erst 2025 auf den Markt kommen.

Qualcomm bietet ab 2024 zunächst nur die leistungsschwächeren Versionen des Snapdragon Ride Flex an, die in erster Linie für Fahrzeuge des unteren und mittleren Preissegments konzipiert sind.

Konkrete Modelle oder Hersteller hat das Unternehmen noch nicht genannt, es dürfte sich jedoch um Vertreter der unteren und mittleren Preisbereiche handeln. Denn zunächst stehen nur sogenannten Entry- und Mid-Tier-Varianten des Chips zur Verfügung, für die leistungsfähigeren High- und Premium-Tier-Ableger nannte Qualcomm auf Nachfrage noch keinen Termin.

Hinweis: Qualcomm hat die Reisekosten des Autors zur CES übernommen. (pbe)