TKG-Novelle: Bundesrat für "ambitioniertes" Recht auf schnelles Internet

Bei der TKG-Reform und dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 macht sich der Bundesrat für viele Korrekturen stark. Das Nebenkostenprivileg soll nicht ganz wegfallen.

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Glasfaser-Tiefbau-Signalband

(Bild: c't/Ernst Ahlers)

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Der Bundesrat hat am Freitag auf umfangreiche Nachbesserungen an der laufenden Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sowie am Entwurf der Bundesregierung für die Reform des IT-Sicherheitsgesetzes gedrängt. Prinzipiell soll das "Telekommunikationsmodernisierungsgesetz" so gestaltet werden, dass "so schnell wie möglich gigabitfähige Telekommunikationsnetze" gebaut werden. Die Länderkammer betont, dass "nur eine ambitionierte Definition des Begriffs 'schnelles Internet' den damit verbundenen Erwartungshaltungen gerecht werden wird".

Laut dem Regierungsplan soll die Bundesnetzagentur eine für Standardanwendungen nötige Bandbreite festlegen und dabei den Durchschnitt der genutzten Bandbreite von "mindestens 80 Prozent der Verbraucher im Bundesgebiet" heranziehen. Dem Bundesrat erscheint dies zu vage. Die Bundesregierung soll nun prüfen, wie die technischen Anforderungen an den Rechtsanspruch "am besten zu realisieren" sind. Dabei sollten nicht nur Up- und Downloadwerte, sondern auch Reaktionszeiten ("Pings") einbezogen werden.

"Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass der eigenwirtschaftliche Ausbau" nicht gebremst wird, unterstreicht das Gremium. Es will ferner wissen, ob auf die Länder und die Kommunen "ein Mehraufwand zukommt". Die offenen Fragen könne der Gesetzgeber am besten "außerhalb der aktuellen Novelle" beantworten, macht sich der Bundesrat dafür stark, den Anspruch erst später gesondert zu normieren. Dieser sei nicht von der EU vorgeschrieben, sondern ein Ziel der Bundesregierung mit einem Zeithorizont bis 2025.

Bei den weiteren Überlegungen sollten auch Umsetzungsmöglichkeiten im Rahmen eines Fördermodells etwa durch die von der Wirtschaft bevorzugten Gigabitgutscheine in Betracht gezogen werden, meinen die Länder. Ein Antrag des Verbraucherschutzausschusses, die anfängliche Mindestbandbreite für einen schnellen Breitbandanschluss auf 30 MBit/s festzulegen, binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes umzusetzen und im Anschluss dynamisch im Einklang mit der von der Mehrheit der genutzten Bandbreite zu erweitern, fand keine Zustimmung.

Entkoppelt vom Recht auf schnelles Netz und dem damit verknüpften Verständnis, wonach etwa Homeoffice technisch möglich sein müsse, soll der Gesetzgeber zunächst nur den Universaldienst modernisieren, unterstreicht der Bundesrat. Darin sieht er weiterhin "das zentrale und geeignete Instrument, um für Endverbraucher im Sinne der Grundversorgung" erschwingliche Services für die Telekommunikation (TK) wie einen funktionsfähigen Internetzugang zu gewährleisten. Ein solcher dürfe aber "die Aktivitäten der Marktakteure" sowie eine zielführende Förderung nicht hemmen. Zur Finanzierung sollten auch Over-the-Top-Anbieter wie WhatsApp einbezogen werden.

Die Bundesregierung will mit der Novelle die Möglichkeit, die Gebühren für den TV-Empfang und Internet via Kabelanschluss in die umlagefähigen Nebenkosten einzubeziehen, mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren abschaffen. Der Wohnungsbauausschuss hatte empfohlen, diese besonders umkämpfte Klausel komplett zu streichen, konnte damit aber nicht punkten.

(Bild: Sashko Tkachenko/Shutterstock.com)

Die Kammer will die geltende Regel jedoch noch vier Jahre beibehalten. Sie soll zudem "nicht ersatzlos" wegfallen: Die Bundesregierung möge etwa ausloten, wie "größtmögliche Investitionsanreize in Netze mit sehr hoher Kapazität" insbesondere in Gebäuden geschaffen und "gleichzeitig Wettbewerbshindernisse beseitigt werden können". Ebenfalls prüfen soll die Exekutive, wie sich der Wegfall des Nebenkostenprivilegs auf die privaten Haushalte auswirkt und ob eine "Opt-out"-Regel für Mieter mit eigenem Anschluss oder ein Sonderkündigungsrechts eingeführt werden könnte.

Ein Antrag Schleswig-Holsteins, die mietrechtliche Umlagefähigkeit gleich nur bei Gebühren für Anschlüsse an ein Netz "mit sehr hoher Kapazität" bei einer Wahlmöglichkeit zwischen einzelnen Anbietern (Open Access) zu erhalten, scheiterte. Der Breitbandverband Breko bedauerte dies. Mit einer zukunftsgerichteten Ausgestaltung könnte die Umlagemöglichkeit ihm zufolge "zum Motor für den Glasfaserausbau in Mehrfamilienhäusern" im Sinne der Mieter und Wohnungseigentümer werden. Der Breko kritisierte auch, dass sich die Länder gegen eine koordinierende Stelle für beschleunigte Genehmigungsverfahren aussprachen.

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Stärken will der Bundesrat den Schutz vor Überbau beim Breitbandförderprogramm, wenn öffentlich mitfinanzierte Glasfasernetze bestehen oder geplant sind, Open Access ermöglichen "und dafür ausreichende Kapazitäten vorhanden sind". Die schnellere Verlegung von Leitungen in geringerer Tiefe per Trenching könnte durch eine Ablöseregel von Mehraufwand des Straßenbaulastträgers erleichtert werden. Neue Netzinfrastrukturen in Gebäuden sollen stärker auf Glasfaseranschlüsse ausgerichtet werden.

Einem Wunsch des Innenausschusses, wonach TK-Anbieter und Messenger-Dienste verschlüsselte Kommunikation im Klartext hätten vorlegen müssen, erteilten die Ländervertreter eine Absage. Auch mit dem Appell, die – derzeit ausgesetzte – Vorratsdatenspeicherung auf bis zu sechs Monate zu verlängern und auf Portnummern zu erweitern, konnten sich die Innenpolitiker nicht durchsetzen.

Die im Entwurf vorgesehene Version des Minderungsrechts erscheint dem Bundesrat nicht geeignet, die Position der Verbraucher "im notwendigen Maße zu stärken". So dürfte sich der vorgesehene Anspruch gerade im Bereich von niedrigschwelligen Leistungsabweichungen "lediglich in symbolischen, für den Verbraucher kaum merklichen Beträgen erschöpfen". Daher sollte die Höhe auf Basis von Pauschalbeträgen oder pauschalierten Prozentsätzen bemessen werden. Lokales Roaming wollen die Länder auf eine "Ultima Ratio" beschränkt wissen.

(Bild: Den Rise/Shutterstock.com)

Beim Entwurf für ein neues IT-Sicherheitsgesetz setzen die Länder sich dafür ein, dass kritische Komponenten von einem Betreiber öffentlicher TK-Netze mit erhöhtem Gefährdungspotenzial nur eingesetzt werden dürfen, wenn sie vorab "von einer anerkannten Zertifizierungsstelle überprüft und zertifiziert wurden". Eine Kontrolle im Rahmen voneinander getrennter Arbeitsschritte von unterschiedlichen Institutionen sei zu vermeiden, um gerade kleine und mittlere Unternehmen zu entlasten. Eine pauschale Zertifizierungspflicht sei nicht angebracht, da sie vor allem bei Open Source sowie eigenentwickelter Software "zu einem nachhaltigen Verlust von Innovationskraft führen" und den Wettbewerb schwächen würde.

Enge Auflagen für Datenverarbeitungssysteme insbesondere für Polizeibehörden will das Gremium verhindern. Soweit die Initiative insbesondere bei den Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden im Bereich der digitalen Gefahrenabwehr sowie im Bereich der Datenschutzaufsicht über Telemedien "originäre Kompetenzen und Interessen der Länder berühren", sieht der Bundesrat Korrekturbedarf. Er fordert den Bund auf, nicht nur die Kostenfolgen für dessen Behörden, sondern auch die der Landesverwaltung und der Kommunen zu ermitteln.

Die mit erfassten Krankenhäuser und Universitätskliniken werden verpflichtet, künftig "komplexe Anforderungen in den Bereichen Personal, Organisation und Betrieb umzusetzen", ist der Kammer aufgefallen. Diese müssten durch einen Zuschlag refinanziert werden. Die Bußgelder sollen zudem für derlei Einrichtungen nicht von derzeit 100.000 auf mehrere Millionen Euro erhöht werden.

Dem IT-Sicherheitsamt BSI wollen die Länder auch Anordnungsbefugnisse eingeräumt wissen, wenn Sicherheitslücken zu Schädigungen einer Vielzahl von Personen genutzt werden können, ohne dass dabei die IT-Systeme der Betroffenen selbst gestört werden müssen. Dies könne der Fall sein bei Sicherheitslücken, die ein Ausspähen sensibler Gesundheitsdaten oder von Daten für Zahlungsdienste ermöglichen.

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Aufnahme materieller Vorgaben für den Einsatz des IT-Sicherheitskennzeichens zu prüfen. Es sollte klar sein, unter welchen Voraussetzungen das Logoprogramm angewendet werden dürfe und was es über das Sicherheitsniveau eines Produkt verrate. Die Länder schlagen zudem vor, den Aspekt des Datenschutzes einzubeziehen, um eine "Häufung von Siegeln" zu vermeiden.

(vbr)