Telekom: Zugeständnisse sollen Streik beenden

Die starren Strukturen des früheren Staatskonzerns sollen aufgebrochen werden. Dabei will der neue Personalvorstand aber auch "alte Wunden heilen".

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Von
  • Martin Murphy
  • dpa

Vier Wochen Streik bei der Deutsche Telekom: Für viele Kunden bedeutet dies langes Ausharren in den Warteschleifen der Callcenter und Verzögerungen beim Telefonanschluss. Die Bewohner einiger Dörfer wie im niedersächsischen Haselhorn müssen ganz auf ihren Anschluss verzichten, da Telekom-Techniker wegen des Streiks durch Stürme zerstörte Leitungen nicht reparieren. Der wirtschaftliche Schaden durch den Arbeitskampf ist für den Bonner Konzern immens, ganz zu schweigen vom Imageverlust. Bewegungen in die festgefahrenen Gespräche bringen nun Überlegungen von Personalvorstand Thomas Sattelberger. Er will die rund 50.000 Beschäftigten, die in den Bereich T-Service verlagert werden sollen, am Unternehmensgewinn beteiligen und mehr Geld in die Weiterbildung investieren. Die starren Strukturen des früheren Staatskonzerns sollen damit aufgebrochen werden.

An der geplanten Gehaltskürzung und längeren Arbeitszeiten will Sattelberger festhalten. "Wir brauchen alle Maßnahmen, um das Einsparziel von 500 bis 900 Millionen Euro zu erreichen", sagt der Personalchef, der mitten im Tarifkonflikt vor knapp einem Monat von Continental zur Telekom wechselte. Allerdings zeigt er sich bereit, über alle Punkte zu verhandeln. Der Gewerkschaft ver.di eröffnet er damit den Weg zurück an den Verhandlungstisch. Sie hatte mit der strikten Ablehnung von Gehaltskürzungen alle vorherigen Angebote der Telekom zum Scheitern verurteilt. Mit dem breit gefächerten Katalog von Boni bis hin zur Weiterqualifizierung schafft Sattelberger den Boden für einen Kompromiss, bei dem beide Parteien ihr Gesicht wahren können.

Der Personalmanager will dabei auch "alte Wunden" heilen. Denn die Fronten zwischen Telekom und Arbeitnehmerseite sind nicht erst seit den Plänen für die Servicegesellschaft T-Service verhärtet. So verschärfte die alte Führung unter dem früheren Vorstandschef Kai-Uwe Ricke die Gangart, um ver.di bei Tarifgesprächen für einzelne Konzerntöchter immer neue Zugeständnisse abzuringen. Noch heute sprechen einige Gewerkschafter von "Erpressung". Auch darum wird der Streik in aller Härte geführt. Täglich legen bis zu 15.000 Mitarbeiter die Arbeit nieder. "Der Betrieb steht", sagt ver.di-Streikleiter Ado Wilhelm. Und auch die Telekom muss einräumen, dass viel Arbeit liegen bleibt.

Die Telekom-Führung braucht die Unterstützung des Personals, um auf dem Heimatmarkt die Wende zu schaffen. Innerhalb von drei Jahren will Telekom-Chef René Obermann im Deutschlandgeschäft wieder Zuwächse ausweisen, den Grundstein dazu will er in diesem Sommer legen, mit Preissenkungen und einer Billigmarke. Wichtigste Maßnahme ist aber eine Verbesserung der Servicequalität – und dazu braucht er die Mitarbeiter auf seiner Seite. Aber nicht nur dafür: Eine Blockade der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat kann Obermann bei der Umsetzung seiner Strategie nicht brauchen, etwa bei der Partnersuche für die Geschäftskundensparte oder der Auslandsexpansion. Mit dem am Mittwoch angekündigten Kauf der Mobilfunkgesellschaft Orange Niederlande für 1,3 Milliarden Euro machte Obermann einen ersten Schritt, um die Auslandssparte zu stärken.

Die meiste Zeit verbringt der Vorstand um Obermann aber damit, eine Lösung im Streit um T-Service zu finden. "Das bindet viel Kraft", sagt ein Vorstandsmitglied. ver.di will nun Sattelbergers Maßnahmebündel prüfen und dann entscheiden, ob es eine Grundlage für neue Gespräche ist. Diese sollten dann in der kommenden Woche stattfinden, bevor die Telekom die von der Auslagerung betroffenen Mitarbeiter über die künftige Tarifstruktur informieren will. Sollte eine Einigung scheitern, dann droht der Telekom ein monatelanger Arbeitskampf.

Siehe zum Arbeitskonflikt bei der Telekom auch die Linkliste zu Artikeln und Nachrichten in c't-Hintergrund:

(Martin Murphy, dpa-AFX) / (jk)