Viel nackte Haut: Gericht kassiert Facebook-Sperre der Filmwerkstatt Düsseldorf

Das Landgericht Düsseldorf hat die Blockade des Filmvereins auf Facebook für rechtswidrig erklärt. Der Konzern habe eine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt.

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Im Vordergrund ein Paragraphen-Symbol, im Hintergrund der Facebook-Schriftzug

(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Die Filmwerkstatt Düsseldorf feiert einen juristischen Erfolg. Der gemeinnützige Verein für kinematografische Liebhaber hat zusammen mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) einen Beschluss des Landgerichts Düsseldorf erstritten, wonach die im Dezember 2021 ohne vorherige Ankündigung oder Begründung erfolgte Sperre der Facebook-Seite der Werkstatt durch den Facebook-Mutterkonzern Meta rechtswidrig war. Auslöser war vermutlich das seit Jahren umkämpfte Nippel-Verbot auf Meta-Netzwerken: Die Werkstatt hatte einen Programmhinweis für den Oscar-nominierten Film "Der Schamane und die Schlange" mit einem Standbild gepostet, auf dem eine Gruppe Indigener zu sehen war, die nur mit Lendenschurz bekleidet sind.

Nach eigenen Angaben konnte Meta nicht mehr nachvollziehen, wie es zu der Blockade kam. Die Kläger vermuten, dass von dem US-Konzern zur Inhaltsmoderation genutzte Algorithmen Teile des Fotos als unzulässige Nacktheit gewertet haben. Trotz Unklarheit über den Grund der Sperre gab Facebook die Page des Vereins mit rund 4.000 Followern auf Anfrage der Filmwerkstatt und der GFF zunächst nicht frei. Erst eineinhalb Jahre nach der Sperre und wenige Monate nach der Klageerhebung im April 2023 war sie im Juni 2023 wieder zugänglich.

Das Verfahren zeigt für die Kläger exemplarisch, "was im Kunstbereich oft passiert", wogegen sich aber nur wenige tatsächlich wehren könnten: Ein Beitrag werde automatisiert gelöscht, da Algorithmen Bilder falsch einschätzten. Die vorhandenen Überprüfungsmechanismen seien ebenfalls nicht verlässlich. So werde die Kunst-, Wissenschafts- und Meinungsfreiheit fatal eingeschränkt. Große Plattform-Betreiber aus den USA zögen sich ferner oft auf die Position zurück, dass sie in Deutschland gar nicht verklagt werden könnten, da ihr europäischer Hauptsitz in Irland liege. Gesetzlich sei zwar vorgesehen, dass Verbraucher vor deutsche Gerichte ziehen könnten. Dabei gebe es aber viele Unklarheiten. Gemeinnützige Vereine seien meist von vornherein vom Beschreiten des Rechtswegs ausgeschlossen.

"In diesem Fall konnte ein deutsches Gericht entscheiden, weil es sich um eine kartellrechtliche Streitigkeit handelte", erläutert die GFF. Meta habe durch die willkürliche Blockade die eigene marktbeherrschende Stellung ausgenutzt und die Kulturschaffenden unbillig behindert. Der Verein habe eineinhalb Jahre lang nicht auf Facebook für sein Angebot werben und so Interessierte nicht erreichen können, die ihn finanziell unterstützten. Das Urteil sei nicht nur ein Erfolg für die Kunstfreiheit, sondern auch wegweisend. Es biete künftig auch anderen Vereinen, Künstlern und Forschern eine leichtere Möglichkeit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Auch vom Digital Services Act (DSA) erhoffen sich die Bürgerrechtler Rückenwind: Die Verordnung solle verhindern, dass Social-Media-Angebote unbegründet gesperrt werden.

(akn)