Abgasnorm Euro 7: Entwurf der EU-Kommission mit Verschärfungen und neuen Grenzen

Der EU-Entwurf zur Abgasnorm Euro 7 kommt ohne Conformity Factor, dafür aber mit Regeln zu Bremsstaub-Limit und Mindesthaltbarkeit für E-Auto-Batterien.

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Sichtbaren Aufwand treibt man bei diesem Versuchsträger zur Einhaltung kommender Grenzwerte.

(Bild: DLR)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Die Europäische Kommission veröffentlicht am Donnerstag (10.11.22) den Vorschlag zur Abgasnorm Euro 7. Diesem Entwurf müssen das Parlament und der Rat im Anschluss zustimmen. heise Autos liegt ein Papier vor, aus dem die wesentlichen Änderungen hervorgehen: Die Verfahren, in denen die Stickoxid- und Partikelemissionen erhoben werden, werden nochmals leicht verschärft. Einige Grenzwerte sinken – aber nicht radikal. Neu ist dagegen, dass die Partikelmasse der Bremsen in zwei Stufen begrenzt wird. Außerdem müssen Elektroautos eine Mindesthaltbarkeit der Traktionsbatterie erreichen.

Prinzipiell gilt die Abgasnorm Euro 7 für sämtliche neu zugelassene Pkw ("M1") in der Europäischen Union, also auch für Elektroautos. Wann genau die neuen Vorgaben in Kraft treten sollen, war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Zuversichtliche Menschen glauben, dass das 2025 der Fall ist. Andere meinen in Kenntnis der Brüsseler Bürokratie, dass es bis 2027 dauern könnte.

Eingerahmt wird Euro 7 vom Beschluss des EU-Parlaments zu den CO₂-Flottenemissionen: Ab 1. Januar 2035 dürfen keine Neufahrzeuge mehr auf die Straße kommen, die im Verkehr Kohlendioxid ausstoßen. Bei den Abgasnormen geht es aber nicht um CO₂, sondern vorwiegend um Stickoxide (NOx), die Partikelzahl (PN) und die Partikelmasse (PM).

Konkret: Es wird kein Unterschied mehr zwischen Diesel- und Ottomotoren gemacht. Der Grenzwert für Stickoxide liegt bei 60 mg/km. Ein Minus von 25 Prozent für Dieselmotoren, die bisher 80 mg/km ausstoßen dürfen. Zusätzlich gibt es ein Emissionsbudget für eine zehn Kilometer lange Strecke als neue Messmethode: Es dürfen insgesamt nicht mehr als 600 mg emittiert werden.

Die Abgasnorm Euro 7 sieht erstmals gleiche Grenzwerte für Diesel- und Ottomotoren vor. Wie man Stickoxid- und Partikelemissionen zugleich senken kann, zeigt das Konzept des Raumzündmotors bei Mazda mit einem kombinierten Brennverfahren aus Otto- und Dieselmotor.

(Bild: Mazda)

Eine weitere Verschärfung liegt in der Abschaffung des sogenannten Conformity Factors ("CF"): Derzeit dürfen Pkw bei der Messung im echten Straßenverkehr (abgekürzt RDE für Real Driving Emissions) 43 Prozent mehr NOx ausstoßen als im Prüflabor (entsprechend CF 1,43). Dieser Nachlass wird gestrichen. Bei der Partikelzahl (PN) lag der CF bisher bei 1,5. Der numerische Grenzwert von 6 · 1011 Teilchen pro Kilometer bleibt bestehen, aber auch hier entfällt die Erlaubnis zur Abweichung komplett. Faktisch wird der Grenzwert also um ein Drittel gesenkt.

Das größte Problem bei modernen Dieselmotoren sind die Stickoxide. Bei den Ottomotoren mit Direkteinspritzung ist die Partikelzahl die Herausforderung. Ein ehrgeiziges Reduktionsziel würde auf technischer Seite wahrscheinlich dazu führen, dass Dieselmotoren für die Kaltstartphase eine elektrische Zuheizung brauchen, um die Reinigungssysteme schnell auf Funktionstemperatur zu bringen. Ottomotoren mit Direkteinspritzung würden noch bessere Filter benötigen.

Kritiker monieren in Hintergrundgesprächen vorab, dass heutige Pkw mit Verbrennungsmotor bereits sehr viel besser wären als die aktuellen Grenzwerte nach Euro 6d und dass der Entwurf für Euro 7 nicht streng genug wäre. Diese Vermutung dürfte, wie üblich, aber vor allem für hochpreisige Fahrzeuge zutreffen; im preissensiblen Segment wird im Regelfall nur so viel Reinigungstechnik eingebaut, wie die Kosten es zulassen und die Normen erfordern.

Was genau das auf technischer Seite bedeutet, ist noch nicht ausgemacht. Wahrscheinlich müssen bei konventionellen Brennverfahren die Partikelfilter für Ottomotoren mit Direkteinspritzung verbessert werden und es ist möglich, dass die Abgasreinigung von Dieselmotoren einen elektrischen Zuheizer benötigt. Wie immer wäre das vor allem für die Pkw in preissensiblen Segmenten ein größeres Problem als für Luxusautos, bei denen Geld keine Rolle spielt.

(Bild: VW)

Autos mit Verbrennungsmotor werden zunehmend Marktanteile zugunsten von batterieelektrischen Autos verlieren. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 25 Prozent der Neuzulassungen im Jahr 2025 Elektroautos sind. 2030 dürfte der Anteil wegen der CO₂-Flottengrenzwerte bereits deutlich über 50 Prozent liegen. Wenn es nur nach den Ankündigungen der Produzenten von Batteriezellen geht, könnte die EU 2030 sogar schon bei 100 Prozent liegen.