Vorstellung Audi A6 e-tron: Innere Revolution​

Dem SUV Q6 e-tron folgen ein Fließheck und ein Kombi. Der A6 e-tron hat das Zeug, Skeptiker der E-Mobilität zu überzeugen – sofern sie ihn sich leisten können.​

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Audi A6 e-tron

(Bild: Audi)

Lesezeit: 6 Min.
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Es war eine bewusste Entscheidung, den A6 e-tron nicht zu überzeichnen. Die Gestaltung ist zurückhaltend, innen wie außen. Audi will eine Klientel ansprechen, die ein konservatives Design bevorzugt. Allerdings sollte man daraus nicht auf die technischen Daten schließen, denn darin lässt er beispielsweise einen BMW i5 in doppelter Hinsicht hinter sich.

Sie haben sich Zeit gelassen bei Audi, oder vielmehr die Premiere immer wieder nach hinten geschoben. Nun aber kommt die Premium Platform Electric (PPE) endlich auf den Markt. Porsche Macan und die Audi-Modelle Q6 und A6 basieren auf ihr, und es werden ziemlich sicher nicht die letzten sein, denn der Volkswagen-Konzern muss die hohen Entwicklungskosten breit verteilen. Für den Kunden muss das nicht nachteilig sein. Er bekommt auf dieser Basis ein Auto, das es Skeptikern der E-Mobilität immer schwerer macht. Denn das Argument, dass Elektroautos auf der Langstrecke schwächeln, räumt Audi mit dem A6 e-tron kraftvoll aus dem Weg.

Antrieb und Energieversorgung sind identisch mit dem Audi Q6 e-tron. Auch im A6 e-tron hat der Kunde die Wahl zwischen zwei Batterien und zwei Antrieben. Der große Speicher hat brutto 100 kWh, von denen sich knapp 95 nutzen lassen. Im WLTP sollen damit zwischen 720 km (Kombi) und 750 km (Sportback) möglich sein. Ein Q6 schafft maximal 641 km im Zyklus. Dabei kommt dem A6 vor allem seine geringere Stirnfläche zugute. Die kleine Batterie bietet mit 83 kWh brutto ungefähr den Energiegehalt des BMW i5. Sie wird ab dem kommenden Jahr in Verbindung mit dem Heckantrieb ins Programm genommen.

Nun sind solche Angaben in der Praxis gerade auf der Autobahn mit einer gewissen Skepsis zu sehen. Doch 400 bis 500 km dürften am Stück locker möglich sein, und ja, die lassen sich selbstverständlich auch unterbieten. Audi legt allerdings einen zweiten Baustein für die Langstrecke bei, denn die versprochene Ladeleistung hat derzeit nicht viel Konkurrenz. Damit ist weniger die Spitze von 270 kW gemeint als vielmehr die Ladekurve. Bei der Vorstellung des Q6 e-tron zeigten die Ingenieure, dass es bis ca. 45 Prozent Ladestand ein Plateau mit etwa 250 kW Ladeleistung gibt, und auch danach bricht sie nicht ab ins Bodenlose. Für die Aufladung von 10 auf 80 Prozent nennt Audi 21 Minuten.

Um das einmal zu übersetzen: Wenn der A6-Fahrer mit voller Batterie startet und nach 450 km 90 Prozent des Ladestandes verfahren hat, reichen 21 Minuten, um Strom für weitere 350 km nachzufassen. Das entspricht 800 km mit einer wahrlich kurzen Pause. Selbst wenn man es ziemlich eilig hat, dürften 600 km mit einem kurzen Zwischenstopp immer möglich sein. Audi hat mit einer aufwendigen Vorkonditionierung der Batteriezellen viel dafür getan, dass sich eine sehr hohe Ladeleistung auch bei extremen Temperaturen nutzen lässt.

Audi A6 e-tron (8 Bilder)

Der A6 e-tron hat bei der Ladeleistung derzeit nicht viel Konkurrenz.
(Bild: Audi )

Möglich wird die hohe Ladeleistung auch durch eine Spannungsebene von 800 Volt. Bei BMW und Mercedes ist das erst in Vorbereitung. Für den Fall, dass eine Ladesäule nur 400 Volt bereitstellt, kann der A6 wie das SUV seine Batterie gewissermaßen teilen. Dann sind theoretisch zweimal 135 kW möglich, für die die Ladestation allerdings 625 A liefern können muss. Meist ist bei 500 A Schluss. Serienmäßig kann an Wechselstrom mit 11 kW geladen werden. Wie im Q6 wird es auch im A6 einen 22-kW-AC-Lader geben.

Zwei Antriebe will Audi im A6 zunächst anbieten. Im Hecktriebler kann der Fahrer schon auf 270 kW zurückgreifen, was für 5,4 Sekunden im Standardsprint reichen soll. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 210 km/h begrenzt. Auch wenn das praktisch nur in Deutschland eine Rolle spielen mag: Der Seitenhieb auf BMW, die im i5 eDrive40 bei 193 km/h dem Treiben ein Ende setzen, ist erkennbar. Das gilt auch für das Topmodell S6 e-tron, das zusätzlich zum Synchronmotor an der Hinterachse noch einen Asynchronmotor vorn bekommt. Mit diesem Modell ist erst bei 240 km/h Schluss. Auch das ist elektronisch begrenzt, denn mit 370 kW wäre sicher noch mehr drin gewesen.

Der Innenraum gleicht im Prinzip dem des Q6. Audi öffnet App-Anbietern ein Stück weit die Tür, denn die Einbindung in das Infotainmentsystem soll vergleichsweise einfach sein. Optional gibt es einen Bildschirm auch auf der Beifahrerseite und eine Kombination aus Kamera und Bildschirm in der Tür als Ersatz für konventionelle Rückspiegel. Die Integration in die Türverkleidung macht das Armaturenbrett allerdings nicht unbedingt eleganter. In anderer Hinsicht unterscheidet sich der A6 vom Q6: Wie im BMW 5er gibt es kein Schiebedach mehr. Audi preist eine technisch aufwendige Verdunklungsoption für das optionale Glasdach an, was einige kaum darüber hinwegtrösten dürfte, dass es sich nicht mehr öffnen lässt.

Der Audi A6 e-tron kommt noch in diesem Jahr in den Handel. Als Verbrenner wird er vermutlich unter der Bezeichnung A7 vermarktet.

(Bild: Audi)

In den Handel kommt der A6 e-tron noch in diesem Jahr. Zunächst wird er nur mit der 100-kWh-Batterie angeboten. Der Kunde kann zwischen dem Fließheck (Sportback) und dem Kombi (Avant) wählen. Auch wenn Audi noch keine exakten Preise nennt, gibt es eine grobe Tendenz. Das vorläufige Basismodell wird etwas mehr als 70.000 Euro kosten, der Kombi etwa 1500 Euro mehr. Erst in Verbindung mit der kleineren Batterie soll der Preis auf deutlich unter 70.000 Euro sinken. Die Limousine unterbietet das SUV voraussichtlich also kaum in einem Maße, das für Interessenten in dieser Region eine Rolle spielen wird. Deshalb sollte man den Preisvorteil gegenüber dem BMW i5 (ab 70.200 Euro) auch nicht überbewerten. Anderseits bekommt der Kunde bei Audi mehr Reichweite und eine höhere Ladeleistung. Das könnte für eine relevante Zahl der Interessenten den Ausschlag geben.

(mfz)