Will ein Investor AllofMP3.com legalisieren? [Update]

Der umstrittene russische Musikanbieter steht nach Angaben von britischen Branchenexperten in Verhandlungen mit einem Investor, der das Unternehmen auf eine solide legale Basis stellen will.

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Der nicht nur auf höchster politischer Ebene heftigst umstrittene russische Online-Musikladen AllofMP3.com steht angeblich vor der Übernahme durch einen ungenannten Investor. Das auf den digitalen Musikmarkt spezialisierte britische Marktforschungsunternehmen MusicAlly berichtet in seinem Branchenreport vom 25. Januar unter Berufung auf mehrere hochrangige Manager der Musikindustrie, ein "wohlhabender russischer Geschäftsmann" wolle AllofMP3 übernehmen und auf ein solides, legales Fundament stellen.

Der mögliche Investor habe bereits eine Reihe von Gesprächen mit hochrangigen Vertretern der Musikindustrie geführt, um ein mögliches Abkommen zu erörtern, das nicht nur den Bedürfnissen des Betreibers Mediaservices und der Labels, sondern auch den Bedenken auf politischer Ebene Rechnung trage. Die Musikindustrie geht in verschiedenenen Ländern scharf gegen das Angebot vor; unter anderem haben die US-Labels, der britische Phonoverband und die Franzosen Klagen gegen AllofMP3 eingereicht. In Dänemark erreichte der internationale Industrieverband IFPI eine Sperre des Angebots bei den Internet-Anbietern. In Deutschland setzte es von Seiten der Musikindustrie Abmahnungen auf Websites, die auf das russische Angebot verlinkt hatten, nachdem der Branchenverband eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung von Musik durch AllofMP3 in Deutschland erwirkt hatte.

Zumindest die Independent Labels nehmen das Angebot des neuen Investors dem Bericht zufolge ernst. "Die scheinen zu wissen, was sie tun, und sie haben das nötige Geld", erklärte ein ungenannter Insider gegenüber den Marktforschern. Ob dagegen die vier Majors Universal, Warner, EMI und Sony BMG das Angebot ernsthaft in Betracht ziehen, ist unklar. Dem Bericht zufolge könnte das neue AllofMP3 auch ohne Inhalte der "Big Four" realisiert werden. Beim deutschen Arm der IFPI, dem Verband der Phonowirtschaft, hat man allerdings laut Auskunft gegenüber heise online keine Kenntnis von solchen Gesprächen. [Update: Die Londoner Zentrale der IFPI wollte den Bericht auf Anfrage nicht kommentieren.] Die Betreiber von AllofMP3 haben zu den angeblichen Übernahmegesprächen gegenüber heise online bisher genausowenig Stellung genommen wie zu jüngst in der Blogosphäre gehandelten Gerüchten über einen Umzug der AllofMP3-Server in die Ukraine.

Der Streit um den Musikladen, der nach eigenen Angaben legal operiert und Urheberrechtsabgaben an eine russische Verwertungsfirma abführt, war auch Gegenstand der Verhandlungen über den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation WTO. Russland hatte sich verpflichtet, die eigenen Gesetze bis Juni 2007 entsprechend der WIPO-Abkommens von 1996 anzupassen. Die Musikindustrie erkennt die Zahlungen an die russische Verwertungsgesellschaft ROMS nicht an, weil sie ihrerseits keine Verträge mit der Gesellschaft hat.

Siehe zu den Auseinandersetzungen um AllofMP3 auch: