Zahlen, bitte! 3,4 % Coronavirus-Fallsterblichkeit, eine "false Number"? Etwas Pandemie-Statistik

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Es gibt auch gute Nachrichten: In China, insbesondere in der Provinz Hubei ist die Welle schon deutlich abgeflaut. Hier haben drastische Maßnahmen, die in einer Demokratie wohl kaum durchsetzbar sind, dazu beigetragen, die weitere Ausbreitung zu verhindern. In Europa und anderswo geht's demgegenüber teilweise gerade erst richtig los, andererseits gibts auch schon weltweit erste Anzeichen eines leichten Abflauens. Hochrechnungen sehen einen flacheren, aber längeren Verlauf als beim "Epizentrum" Hubei. Dort hat es vom ersten Fall bis zum aktuellen Stand mit weniger als 100 Neuerkrankungen pro Tag 3 Monate gedauert. Durch verstärkte "soziale Distanzierung" werde anderswo die Kurve flacher, aber länger verlaufen, so viele Prognosen. Anfängliche Wachstumsraten könnten bei einer Verdoppelung der Fälle alle 4 bis 7 Tage liegen hieß es, später dann abflachend.

Die COVID-19-Welle in China ist schon weitgehend abgeebbt.

(Bild: WHO China Joint Mission)

Im Moment sind wir aber hierzulande bei einer Verdopplung alle 3 Tage, da hätten wir bereits in weniger als drei Wochen die 100.000 Fälle überschritten. Es steht aber zu hoffen, dass durch weitere "soziale Distanzierungen" analog zu China das Maximum schon in etwa zwei bis drei Wochen bei niedrigeren Werten erreicht wird.

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Im Artikel der NZZ gibts auch hierzu eine Prognose für die Schweiz mit dem Höhepunkt der aktuellen Welle im Mai oder bei verstärktem "social distancing " verzögert und flacher im Juli. In der Schweiz trat der erste Fall einen Monat später als in Deutschland auf, die Termine sind also rund einen Monat verschoben.

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Professor Drosten empfiehlt daher auch, alle Großveranstaltungen abzusagen, dazu gehören (leider) auch Fußballspiele. Bayern hat derweil schon reagiert und zumindest bis Karfreitag Veranstaltungen mit mehr als 1000 Leuten verboten – da muss der FCB nun ohne Publikum spielen. Als nächsten Schritt kann man noch weiter nachlegen. 1918, so heißt es, wäre in einigen Städten in den USA das Husten und Niesen in der Öffentlichkeit bei Strafe verboten gewesen ...

Typischer Verlauf einer Epidemie. Beim ersten Auftreten verläuft die erste Welle heftiger, aber kürzer. Gegenmaßnahmen durch "soziale Distanzierung" führen zu flacheren, aber längeren Kurven. Und immer gibt es das Risiko einer zweiten Welle ein paar Monate später.

Aber selbst wenn die erste Welle verrauscht ist, auch das lehrt uns die Mutter der Pandemien, kommt möglicherweise die zweite und dritte Welle, vor allem, wenn man sich dann wieder in falscher Sicherheit wiegt. Bei der Spanischen Grippe war die zweite Welle etwa 5 Monate später viel verheerender als die erste.

Und noch ein weiteres Risiko kommt hinzu, denn es gibt neue, noch nicht wissenschaftlich erhärtete Indizien für zwei verschiedene SARS-CoV-2-Varianten: eine mildere (S) und eine aggressivere (L). In Europa, das möglicherweise komplett von dem einer jungen chinesischen Frau bei Webasto infiziert wurde (das bestreitet Prof. Drosten allerdings), war offenbar bislang nur der schwächere S-Typ aktiv, in der zweiten Welle könnte der L-Typ zuschlagen.

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Aber vielen Virologen ist die Studie zu L/S-Varianten zu unausgereift, Prof. Drosten unterstellt den Autoren sogar "gefährliches Halbwissen".

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Dass Wärme, wie erhofft, der Ausbreitung des Virus entgegenwirken könne, sieht Drosten nicht. Dennoch macht derweil ein optimistischer Wert vom Erreichen des Maximums der ersten Welle nach etwa 30.000 bestätigten Infektionen die Runde. Das ergäbe für die gesamte erste Welle insgesamt etwa 60.000 Fälle und damit "nur" ein Drittel der letzten Grippewelle.

Allerdings, auch darauf weist Professor Drosten mahnend hin: Wir haben nur 28.000 Betten für Intensiv-Medizin und davon sind 80 Prozent belegt. 80 Prozent der COVID-19-Fälle verlaufen zwar mild, aber wenn die optimistischen Schätzungen nicht aufgehen, reichen die freien Betten hinten und vorne nicht. Da müssen sich wohl Jens Spahn, sein Gesundheitsministerium und der Krisenstab noch schnell was einfallen lassen. Bei der Vorsorge für ausreichend Schutzausrüstungen und Mundmasken zumindest für Ärzte mit ihrem medizinischen Personal, für Rettungsmediziner, Feuerwehrleute usw. haben sich die Verantwortlichen allerdings nicht gerade mit Ruhm bekleckert. (as)