Zeitung: Infineons Aufsichtsratschef treibt Fusion mit NXP voran

Im Machtkampf bei Infineon soll Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley eigenmächtig Gespräche mit den Eignern des niederländischen Chipherstellers führen. Unterdessen gibt es noch keinen Nachfolger für Vorstandschef Ziebart, der schon bald gehen soll.

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Während der Vorstandschef kurz vor der Ablösung steht und der deutsche Chiphersteller Infineon mitten in einer Führungskrise steckt, treibt der Aufsichtsrat eine Fusion mit der niederländischen NXP voran. Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley führe Gespräche mit NXP, berichtet die Financial Times Deutschland (FTD) unter Berufung auf Bankenkreise. Darüber hinaus gebe es Kontakte zum US-Hersteller Freescale.

Kley sei aber vorwiegend an NXP interessiert, der ehemaligen Chipsparte des Philips-Konzerns. Der Aufseher sei "extrem offensiv unterwegs", zitiert das Blatt einen Banker, obwohl der noch amtierende Vorstand dagegen sei. Zudem sei noch nicht einmal klar, wer im Falle einer Fusion für Infineon die Verhandlungen führen solle. Vorstandschef Wolfgang Ziebart wird es aller Voraussicht nach nicht sein. Der Infineon-Chef auf Abruf hatte sich mit Kley überworfen und steht kurz vor der Demission, er verhandele nur noch über die Konditionen seines Abgangs. Unbestätigten Medienberichten zufolge soll Ziebarts Ablösung bereits Ende Mai oder Anfang Juni erfolgen.

Doch offenbar gestaltet sich die Suche nach einem Nachfolger schwierig. Trotz Einsatz eines Headhunters habe das Unternehmen auch nach monatelanger Suche keinen Kandidaten für den sicher nicht ganz einfachen Chefposten an der Spitze der ehemaligen Siemens-Chipsparte finden können, berichtet die FTD. Abhilfe solle nun eine Zwischenlösung schaffen. Aufsichtsrat Klaus Wucherer, der seinen Vorstandsposten bei Siemens jüngst im Zuge des Korruptionsskandals ohne konkrete Vorwürfe verlassen musste, gelte dafür als Favorit des Gremiums.

Ein anderer möglicher Kandidat sei Peter Bauer, Vorstand der Automotive-Sparte. Er gelte allerdings als Gegner einer Fusion mit NXP. Infineons Kerngeschäft mit Chips für die Auto- und Mobilfunkbranche spiele bei NXP keine große Rolle; eine Fusion mache daher wenig Sinn. Zudem hatte NXP sein Mobilfunkgeschäft erst kürzlich in ein Joint Venture mit STMicro eingebracht. In Vorstandskreisen werde die Option Freescale bevorzugt, heißt es. Doch streut der Aufsichtsrat nun offenbar Zweifel an der Qualifikation Bauers.

Dessen Vorsitzender Kley verhandelt unterdessen angeblich direkt mit den NXP-Eignern unter Führung von Kohlberg Kravis Roberts (KKR). Für KKR arbeitet der ehemalige Siemens-Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger, der im Rahmen der Schmiergeld-Affäre bei seinem Ex-Arbeitgeber belastet wurde. Neben Wucherer sitzt mit Johannes Feldmayer ein weiterer Ex-Siemensianer im Aufsichtsrat. Diese Personalien nähren Spekulationen, bei Infineon zögen immer noch alte Siemens-Seilschaften die Strippen.

Doch hat in dem offensichtlichen Machtvakuum bei Infineon auch der Aufsichtsratschef nicht freie Hand. So seien vor allem die Arbeitnehmervertreter im Gremium gegen die Zwischenlösung Wucherer, heißt es. Auch die Gegner Kleys versuchen, den Ober-Aufseher mit gezielten Indiskretionen zu destabilisieren. So soll im Aufsichtsrat der Widerstand gegen Kley, jüngsten Berichten zufolge, wachsen, vor allem seine sprunghafte Personalpolitik sorge für Missfallen. Auf einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung am 31. Mai soll es nun zum Showdown in der Führungskrise kommen. (vbr)