Autonome Autos könnten Kurzstreckenflüge ersetzen

Autonome Autos können zwar zu mehr Straßenverkehr führen, aber dabei mehr als 80 Prozent aller Kurzstreckenflüge ersetzen. Das zeigt eine Studie für Texas.

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Blauer LKW

Fahrerloser LKW für Straßenbauarbeiten

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Selbstfahrende Autos und Lastwagen haben das Potenzial, unser Verkehrswesen deutlich zu verändern. Ein texanisches Verkehrsmodell wagt eine Prognose für das Jahr 2040. Demnach wird etwas mehr Auto aber deutlich weniger Bus und Bahn gefahren werden. Größter Verlierer sind Kurzstreckenflüge, die um 82,5 Prozent zurückgehen sollen.

Vom vernetzten zum autonomen Auto

Die Detailergebnisse werden Öffi-Fans die Haare zu Berge stehen lassen: Die Zahl der per Bus unternommenen Wege unter 50 Meilen wird um zwei Drittel zurückgehen. Bei der Bahn sind es, samt Frachtverkehr, sogar 71 Prozent.

Gleichzeitig wird die Zahl der Autofahrten um 16 Prozent steigen. Letzteres geht vor allem auf Senioren und Menschen mit Behinderungen zurück, die derzeit nicht Autofahren können. Weil diese dank autonomer Autos auto-mobil werden, nehmen die Studienautoren der Universität Texas in Austin 15 Prozent mehr Verkehrserzeugung und -erregung an.

Bei den vergleichsweise seltenen Wegelängen von mehr als 50 Meilen sind die Verschiebungen noch dramatischer: Die schon jetzt extrem seltenen Busfahrten verschwinden fast völlig (-93 Prozent), die Bahn verliert "nur" fast 40 Prozent, während sich die Autofahrten verdoppeln. Und das geht zu Lasten des Kurzstreckenflugverkehrs, der um 82,5 Prozent abnimmt.

Für alle Wegelängen zusammen erwarten die Forscher ein Fünftel mehr Autofahrten, zwei Drittel weniger Busfahrten, 61 Prozent weniger Bahnfahrten, und 82,5 Prozent weniger Flüge innerhalb des untersuchten Ballungsraums. Flüge unter 50 Meilen haben die Autoren als statistisch bedeutungslos eingestuft und nicht ermittelt.

Die Daten sind Ausfluss einer vierstufigen Simulation der Forscher Yantao Huang, Kara M. Kockelman und Neil Quarles für den Ballungsraum Houston, San Antonio, Austin und Dallas - Fort Worth. Die Resultate wurden vergangene Woche auf dem Automated Vehicles Symposium in Orlando präsentiert. In der untersuchten Region leben 18,2 Millionen Menschen (Stand 2014) oder sechs Prozent aller Einwohner der Vereinigten Staaten.

Eine solche Simulation erfordert eine Reihe spezifischer Annahmen. So reduzieren die Autoren den durchschnittlich als verloren empfundenen Wert der Reisezeit in selbstfahrenden Autos um 30 Prozent gegenüber herkömmlichen Autos. Denn viele Fahrzeuginsassen werden die Zeit besser nutzen können, wenn sie nicht lenken müssen. Zudem gehen die Studienautoren davon aus, dass es illegal sein wird, selbstfahrende Autos in Privatbesitz ohne Passagiere auf die Reise zu schicken und dass taxiartigen Flotten nicht mehr als 15 Prozent leere Kilometer gestattet werden.

Zusammenfassendes Poster der Studie "How Will Self-Driving Vehicles Affect Megaregion Traffic? The Case of the Texas Triangle"

(Bild: University of Texas Austin)

Auch herkömmlich gelenkte Autos und Lkw sind in dem Szenario noch üblich. Und zur Vereinfachung der komplexen Rechenaufgabe werden grenzüberschreitende Fahrten nach und von Mexiko ebenso ignoriert wie kostensenkende Fahrgemeinschaften mit Fremden.

Die Kosten konventioneller wie autonomer Fahrzeuge in Eigenbesitz werden mit 60 US-Cent je Meile angesetzt, taxiartige Dienste mit 50 bis 150 Cent je Meile. Bei Lkw wird hingegen vermutet, dass selbstfahrende Lastwagen 50 Prozent höhere Kosten je Frachttonne und Meile verursachen als von Menschen gesteuerte. Dafür sollen selbstfahrende Lkw beim Be- und Entladen Zeit sparen.

Beim Güterverkehr erwarten die Forscher grundsätzlich eine Verschiebung von der Bahn sowie gemischten Transporten hin zu selbstfahrenden Lkw. Diese Entwicklung ist aber stark von der jeweiligen Güterkategorie abhängig. So gewinnen Lkw beispielsweise beim Kohletransport 50 Prozent Tonnenkilometer hinzu, stellen dann aber immer noch nur sechs Prozent der Kohlentonnenkilometer, während der Bahn 91 Prozent verbleiben.

Den zweitgrößten Zuwachs gibt es bei Chemikalien, wo die Lkw-Tonnenkilometer um ein Neuntel zunehmen, während Bahn und Intermodaltransport jeweils ein Viertel einbüßen. Beim Intermodaltransport ist das aber nicht spürbar, weil er auch ohne autonome Lastkraftwagen auf nicht einmal ein Promille der Chemikalientransporte kommt.

Details enthält das Paper How Will Self-Driving Vehicles Affect Megaregion Traffic? The Case of the Texas Triangle von Yantao Huang, Kara M. Kockelman und Neil Quarles, Universität Texas in Austin (ds)