Diesel: Bundesrat befürwortet Einschränkung und Überwachung von Fahrverboten
Die Länder haben im Eiltempo zwei Gesetzesinitiativen zu "Verkehrsbeschränkungen" für Dieselfahrzeuge mit erhöhten Emissionen passieren lassen.
Nach monatelangen Debatten über den Umgang mit Diesel-Fahrverboten haben Bund und Länder nun im Hauruckverfahren Fakten geschaffen. Mit einer Reform des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sollen "Verkehrsbeschränkungen" für Dieselfahrzeuge mit erhöhtem Schadstoffausstoß einerseits weitgehend vermieden werden. Ordnen Gerichte trotzdem Einfahrsperren für besonders belastete städtische Regionen an, können die Vorschriften aber künftig automatisiert überwacht werden.
Für zwei Gesetzentwürfe hat wenige Stunden nach dem Beschluss im Bundestag nun auch der Bundesrat am Freitag grünes Licht gegeben. Die Länder verzichteten darauf, den Vermittlungsausschuss einzuberufen. Fahrverbote kommen demnach nur noch in betroffenen Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft "im Jahresmittel" beziehungsweise in der Regel überschritten worden ist. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.
Elektronisch kontrollierbar
Dieselautos mit der Schadstoffklasse Euro 6 werden ganz ausgenommen, Fahrzeuge der Klassen Euro 4 und 5, wenn sie weniger als 270 mg Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen. Unter bestimmten Bedingungen gelten Verkehrseinschränkungen auch nicht für nachgerüstete Busse, schwere Fahrzeuge der Kommunen und der Entsorgungswirtschaft sowie Handwerker- und Lieferfahrzeuge mit einem Gewicht von 2,8 bis 7,8 Tonnen.
Kommt es doch noch zu Verbotszonen, sollen Kommunen diese auch mit einem elektronischen Verfahren kontrollieren dürfen. Vorgesehen ist laut einer Novelle des Straßenverkehrsgesetzes ein stichprobenartiger Ansatz mithilfe mobiler Kfz-Kennzeichenscanner und einer Online-Abfrage von Fahrzeugdaten beim Kraftfahrt-Bundesamt. Dafür sollen auch Fotos von Autos und Fahrern erstellt werden, um Verstöße ahnden zu können. Die erforderliche Technik ist aber noch nicht einsatzbereit.
Erhobene Daten sind "unverzüglich" nach einem Abgleich, spätestens nach zwei Wochen zu löschen. Obwohl die große Koalition am ursprünglichen Regierungsvorhaben deutlich nachgebessert hat, ist davon auszugehen, dass Kritiker Verfassungsbeschwerde gegen die "Diesel-Rasterfahndung" einlegen werden.
Ministeriale Kritik
Dass hierzulande das vermeintliche Recht, mit alten Dieselfahrzeugen zu fahren, oft höher gehalten werde als das Menschenrecht auf saubere Luft, beklagte der grüne baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann bei der Aussprache im Bundesrat. Trotz aller kommunaler Anstrengungen sei es noch nicht gelungen, die Grenzwerte zu erreichen. Dies liege vor allem daran, dass sich die Autoindustrie jahrelang geweigert, Problemdiesel nachzurüsten.
Der Hamburger Senator für Umwelt und Energie, Jens Kerstan (Grüne), betonte, er würde von einem Bundes-Immissionsgesetz einen besseren Schutz vor schädlichen Emissionen, der Umwelt und der Gesundheit erwarten. Der Entwurf zeige aber nur einen "demonstrativen Unwillen im Bundesverkehrsministerium", irgendeinen Beitrag dazu zu leisten, dass Dieselfahrzeuge sauberer werden oder Autos andere Antriebe bekommen. (anw)