Erneuerbare Energie: Entlegene Siedlungen werden noch Jahrzehnte Diesel verstromen
Viele Ureinwohner Kanadas wollen ihren Dieselverbrauch zur Stromproduktion senken. Doch bei nicht ans Stromnetz angeschlossenen Siedlungen ist das erstaunlich schwierig.
"Entlegene Siedlungen werden noch viele Jahrzehnte auf Diesel für die Stromerzeugung angewiesen sein, bevor sie auf ihren eigenen Füßen stehen können." Diese ernüchternde Feststellung machte Prof. Eric Bibeau von der Universität Manitoba auf der Konferenz Marine Renewables in Ottawa im November. Bibeau setzt sich für einen höheren Anteil erneuerbarer Energien in entlegenen Siedlungen ein, die keinen Anschluss an ein größeres Stromnetz haben. Für eine komplette Versorgung aus erneuerbaren Stromquellen seien die technischen und finanziellen Hürden aber noch viel zu hoch.
"Es macht einen großen Unterschied, ob sie am Stromnetz hängen oder nicht", betonte Bibeau im Gespräch mit heise online, "Viele Leute glauben, erneuerbare Energie kann Geld sparen. Das stimmt, wenn sie an einem großen Netz hängen." In einem großen Netz ändert sich die Gesamtlast nur langsam – wird hier ein Gerät eingeschaltet, wird wahrscheinlich gerade anderswo eines vom Netz getrennt.
Bei Dörfern ohne Netzanschluss führt die geringe Zahl an Abnehmern aber zu enormen relativen Verbrauchsschwankungen, die nicht vorhersehbar sind. Das stellt besondere Anforderungen an die Regeltechnik; zudem muss die Stromquelle besonders flexibel sein. Daher wird vor allem Diesel genutzt, manchmal auch Schweröl oder Erdgas.
Bedienung und Wartung ist zu kompliziert
Viele entlegene Dörfer der kanadischen Ureinwohner wollen solche Energieträger durch umweltfreundlichere ersetzen, stoßen dabei auf Schwierigkeiten: "Die Technik ist einfach noch nicht günstig und einfach genug. Solar ist gut, weil es einfach ist, aber es ist immer noch weit entfernt von der Bedienung eines Grills oder eines Gartenstuhls", verdeutlichte Bibeau.
Genau das sei in den entlegenen Siedlungen aber gefragt: "Das ganze System muss mit dem Schulbildungsniveau eines Zehnjährigen bedienbar sein. Es gibt dort keine Elektriker oder Dachdecker, und sie können auch keine ausbilden." Ausgebildete Handwerker würden sofort wegziehen, weil sie in einer Stadt ein Vielfaches verdienen können.
Gerade im Winter, wenn der Stromverbrauch am Höchsten ist, scheint in den nördlichen Breiten wenig Sonne, zudem vereisen die Kollektoren. Und Windenergie sei nur bedingt brauchbar. "In diesen Gebieten gibt es oft wenig Wind, zudem sind die Rotoren im Winter vereist, [was oft zur Abschaltung zwingt, um Schäden durch herumfliegende Eisbrocken zu vermeiden, Anmerkung]. Aber okay, die Windkraft muss ja nur mit den Dieselkosten mithalten können."