Klarnamenpflicht: Jugendliche fliegen aus Foren und Spieleplattformen

Der Entwurf zur Klarnamenpflicht wirft durch die darin enthaltene Forderung nach Identifikation Jugendliche unter 16 aus Netzwerken und Gaming-Plattformen.

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Jugendlicher mit iPhone

Die meisten Kinder und Jugendlichen interessieren sich einer Umfrage zufolge kaum fĂĽr Nachrichten.

(Bild: dpa, picture alliance / dpa)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Michael Link

Der am heutigen Freitag im Bundesrat nach einer Länderinitiative aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern diskutierte Entwurf zu einer Verschärfung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sperrt Jugendliche unter 16 Jahren praktisch aus allen mitgliederstarken Foren und Spieleplattformen aus.

Die Vorlage (Drucksache 70/20) enthält in Paragraph 3 Klarstellungen zu den vorab in Medien-Interviews verharmlosend nur "Klarnamenpflicht" genannten Begrifflichkeiten. Demnach sollen soziale Netzwerke und - neu - auch Spieleplattformen mit mehr als zwei Millionen inländischen Nutzern die Namen und die Anschrift ihrer Nutzer nicht nur erfassen, sondern sie auch verifizieren.

Die Identifikation soll demnach per amtlichen Ausweis, elektronischem Identitätsnachweis beziehungsweise mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder einem anerkannten elektronischen Identifizierungssystem erfolgen. Letzteres kennt man als Postident.

Der Haken daran: Kinder und Jugendliche haben in Deutschland in der Regel erst ab 16 Jahren einen Personalausweis, davor kann er lediglich auf Wunsch der Eltern ausgestellt werden. Ob ein Kinderreisepass als Ausweis anerkannt wird, ist nicht bekannt. Kommt der Entwurf so durch, wäre die Folge, dass sich Kinder und Jugendliche in sozialen Netzwerken und Gaming-Plattformen nicht mehr anmelden können, da ihre Betreiber sie nicht vorlagenkonform identifizieren können.

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Kommentar: Eine Klarnamenpflicht wĂĽrde viele Stimmen verstummen lassen

Gleichzeitig löst die Vorlage auch das Grundproblem nicht: Wer der Registrierung entgehen will, könnte sich beispielsweise als Nutzer aus einem anderen Land anmelden und das nötigenfalls leicht über einen VPN-Zugang plausibel erscheinen lassen. Das wiederum macht die bereits jetzt für einen Zeitraum von sieben Tagen mögliche Abfragen der IP-Adresse für eine Chance zur Täterermittlung sinnlos - ein Bärendienst für die Verhinderung von Hasskriminalität im Netz.

Der Entwurf enthält einige weitere Passagen, die ihn unausgegoren erscheinen lassen. So besagt er, dass die Plattformbetreiber die Kosten für die Infrastruktur zum Prüfen der Identität selbst tragen müssen. Sie müssten dann auch dafür Sorge tragen, dass die zwangsweise erhobenen Daten datenschutzkonform gesichert werden, denn sonst droht nach den Vorschriften für den Datenschutz Ungemach.

Die Vorlage der Landespolitiker, die am heutigen Freitag im Bundesrat vorgestellt und anschließend an Rechts-, Innen- und Wirtschaftsausschuss überwiesen wurde, entstand aus der Motivation, leichter gegen anonyme Urheber von Hasskriminalität im Netz vorgehen zu können.

Offenbar fühlen sich besonders davon Politiker betroffen, wenn auch die Zahl der Ermittlungsverfahren verhältnismäßig niedrig sind - in Niedersachsen waren es in den vergangen drei Jahren maximal etwa 200 Fälle jährlich, wie eine Kleine Anfrage der FDP im Landtag ergab. Änderungen übernehmenAbbrechen

Update: (14 Uhr):

Der Bundesrat hat den Vorschlag an den Rechtsausschuss, den Innenausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss ĂĽberwiesen. Sie werden eine Empfehlung erarbeiten und anschlieĂźend wird das Plenum beraten, ob der Bundesrat den Entwurf beim Deutschen Bundestag einbringen will. (mil)