Beruf: Komplize

Seite 5: Petz- oder Treuepflicht?

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Petz- oder Treuepflicht?

Als problematisch könnte sich das Schweigen über eine Straftat nur unter dem Gesichtspunkt erweisen, dass er dadurch eine Strafvereitelung begeht, weil er "absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat ... bestraft wird" (§ 258 StGB).

Eine Strafvereitelung durch Unterlassen – hier durch den Verzicht auf eine Strafanzeige – kann jedoch nur jemand begehen, der eine so genannte Garantenstellung innehat. Das bedeutet, er müsste per Gesetz oder von Amts wegen zur Mitwirkung an der staatlichen Strafverfolgung berufen sein. Eine Stellung in einem Privatbetrieb kann jedoch in den Zusammenhängen, von denen hier auszugehen ist, keine Anzeigepflicht begründen [3].

Vor diesem Hintergrund ist ein IT-Verantwortlicher eines Unternehmens in der Regel also nicht verpflichtet, ein strafbares Verhalten von Vorgesetzten oder anderen Mitarbeitern zur Anzeige zu bringen. Ganz im Gegenteil: Sofern es um eine Straftat geht, die ihn nicht selbst betrifft, ist er aufgrund der arbeitsvertraglichen Treue- und Verschwiegenheitspflicht sogar gehalten, von einer Strafanzeige abzusehen.

Anderenfalls riskiert er im Extremfall eine fristlose Kündigung. Nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung darf er sich nämlich nicht ohne weiteres zum Sachwalter des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung aufschwingen, sondern hat den Betriebsfrieden zu wahren [4]. Für die Einleitung anderer behördlicher Verfahren, zum Beispiel bei Finanzämtern oder Gewerbeaufsichtsbehörden, gilt dasselbe.