Darlehen für die Firma als Werbungskosten abziehbar

Verluste aus einem Darlehen, das ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber aus Angst vor Jobverlust gewährt hat, können als Werbungskosten abgesetzt werden.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Geklagt hatte der Gesellschafter einer Firma, der auch als einer von mehreren Geschäftsführern der GmbH eingestellt war. Das Unternehmen hatte 1998 von allen Gesellschaftern sogenannte Liquiditätshilfedarlehn erhalten und diese 1999 zurückgezahlt. Anfang 2000 sollten sie für einen geplanten Börsengang erneut in Tasche greifen. Damit die Kleingesellschafter, darunter auch der Geschäftsführer, das geforderte Geld überhaupt aufbringen konnten, verkauften sie einige ihrer Anteile an eine andere GmbH und einen der Großgesellschafter.

Der Börsengang platzte, die Firma hatte erneuten Kapitalbedarf. Das Geld wollten die Hauptanteilseigner aber nur unter der Bedingung bereitstellen, dass die Kleingesellschafter auch noch ihre (Rest-)Anteile an sie abtreten und auf das bereits ergangene Gesellschafterdarlehn nebst Zinsen verzichten würden. Der Kläger ließ sich darauf ein, geholfen hat es nichts, die Firma musste Insolvenz anmelden.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der ehemalige Geschäftsführer den seinerzeit erklärten Darlehnsverzicht über insgesamt 159.468 DM als Werbungskosten geltend. Wie er erklärte, habe er dem Verzicht nur aufgrund von massivem Druck der Großgesellschafter zugestimmt, um seinen Arbeitsplatz zu sichern. Das zuständige Finanzamt lehnte die Anerkennung der Verluste als Werbungskosten aber ab. Es sei nicht bewiesen, dass der Mann bei einer Weigerung seinen Arbeitsplatz verloren hätte und unter objektiven Gesichtspunkten hätte er das Darlehen erst gar nicht gewähren dürfen.

Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg, doch in der dagegen gerichteten Revision hob der Bundesfinanzhof das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht Düsseldorf.

Im erneuten Verfahren bekräftigte der Kläger, der wesentliche Grund für den Darlehnsverzicht sei der Erhalt seines Arbeitsplatzes gewesen. Er sei zu diesem Zeitpunkt bereits von dem operativen Geschäft der GmbH entbunden und nur noch für die Durchführung von Sonderaufgaben zuständig gewesen. Damit sei er praktisch schon zum normalen Angestellten der GmbH degradiert geworden und habe aufgrund seines fortgeschrittenen Alters einfach alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um seinen Arbeitsplatz zu erhalten. Die Großaktionäre hätten zudem erheblichen Druck auf ihn ausgeübt und klargemacht, dass sie ansonsten die erneute Geldspritze für die Firma verweigert hätten. Wäre die nicht erfolgt, hätte das Unternehmen seinerzeit sofort Insolvenz anmelden müssen. Eine gesellschaftsrechtliche Ursache (wie vom Finanzamt vermutet) für den Darlehnsverzicht habe es also nicht gegeben.

Im zweiten Verfahren wurde der Klage zumindest zum Teil stattgegeben. Wie die Richter befanden, ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 tatsächlich rechtswidrig, weil der Verzicht auf die Darlehnsforderung überhaupt nicht als Werbungskosten berücksichtigt wurde. Allerdings könne nicht die komplette Summe, sondern nur noch ein wirtschaftlichen Wert von zehn Prozent des Forderungsbetrages als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 EStG seien Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten abzuziehen. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kommt es auf eine berufliche Veranlassung an, die ist hier anzunehmen. Hätte sich der Kläger geweigert, auf die Darlehnsforderung zu verzichten, wäre dies mit negativen Folgen für seinen Arbeitsplatz verbunden gewesen. Allerdings werde die Höhe der als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen durch den Zeitwert der Forderung bestimmt. Maßgeblich sei der Betrag, den er zu diesem Zeitpunkt bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehnsforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte. Und ein fremder Dritter hätte zu diesem Zeitpunkt für die Abtretung der Darlehensforderung unter Berücksichtigung der Gesamtsituation bestenfalls zehn Prozent bezahlt (Urteil vom 7.12.2012, Az.: 1 K 522/11 E). (gs)
(masi)