Erfolgsfaktor emotionale Mitarbeiterbindung

Neun von zehn Angestellten sind mit ihrer Arbeit zufrieden. Glücklich im Job sind aber nur die wenigsten. Und wer ist schuld? Angeblich mal wieder die Führungskräfte.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Zufriedenheit im Job ist nicht gleich zu setzen mit einer emotionalen Bindung an das Unternehmen. Das ist das Fazit des vom Beratungsunternehmen Gallup aktuell veröffentlichten "Engagement Index 2011“.

Dessen Ergebnisse sehen auf den ersten Blick sehr gut aus und passen auch zu den Ergebnissen anderer Mitarbeiterumfragen, die in den letzten Wochen durchgeführt wurden. Laut dem "Engagement Index 2011“ sind neun von zehn Angestellten in Deutschland mit der Arbeit, die sie machen, zufrieden. 58 Prozent finden außerdem, dass sie leistungsgerecht bezahlt werden.

Doch dann ist es auch schon wieder vorbei mit den guten Nachrichten: Nur 14 Prozent der Angestellten sagen, dass sie über eine hohe emotionale Bindung an ihr Unternehmen/ihren Arbeitgeber haben und sich freiwillig für dessen Ziele einsetzen würden. 63 Prozent der Befragten machen nach eigenen Angaben hingegen nur noch "Dienst nach Vorschrift", 23 Prozent sagen, sie hätten "innerlich gekündigt".

Die Rahmenbedingungen der Arbeitsverhältnisse scheinen also in Ordnung zu sein, dennoch ist von Loyalität oder emotionaler Bindung der Mitarbeiter an ihren Arbeitgeber wenig zu spüren. Das ist schlecht für die Unternehmen, denn Leistungsbereitschaft, Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein dieser Mitarbeiter sind in der Regel unterdurchschnittlich. Wie die Studie weiter zeigt, melden sich Mitarbeiter ohne emotionale Bindung an ihre Firma pro Jahr im Schnitt 3,5 Tage mehr krank als die Angestellten, die mit "Herzblut" bei der Arbeit sind. Den wirtschaftlichen Schaden, der den Unternehmen durch diese nachlässige Einstellung entsteht, schätzen die Experten auf 122 bis 124 Milliarden Euro pro Jahr. Was läuft also schief in Deutschlands Büros?

Schuld sind die Führungskräfte, sagen jedenfalls die Auftraggeber der Studie. Diese seien diejenigen, die hier in der Verantwortung stehen und das Arbeitsumfeld durch ihr Führungsverhalten prägen und gestalten würden. Defizite in der Personalführung würden sich viel stärker auf die Arbeitsmoral auswirken als beispielsweise eine Verschlechterung oder eine Verbesserung der Konjunktur. Und die sind offenbar erheblich: Nur vier Prozent der Befragten gaben an, in den letzten sieben Tagen vor der Befragung Lob und Anerkennung für gute Arbeit bekommen zu haben. Bei den hoch emotional gebundenen Mitarbeitern waren es hingegen 79 Prozent. Konstruktives Feedback hatten insgesamt nur zwei Prozent der Umfrageteilnehmer erhalten. In der Gruppe, die sich als emotional gebunden beschrieb, waren es 75 Prozent.

Nur ein Prozent der Mitarbeiter, die nach eigener Aussage bereits innerlich gekündigt haben, hat den Eindruck, dass es jemanden im Unternehmen gibt, der sich für ihre persönliche Entwicklung interessiert, nur fünf Prozent finden sich im Job auch als Mensch wahrgenommen. Bei den emotional hoch Gebundenen lagen diese Werte bei 93 bzw. 87 Prozent. Nur drei Prozent der emotional nicht gebundenen Mitarbeiter stimmen der Aussage zu, dass man sich in der Firma für ihre Ansichten interessiert. Bei den uneingeschränkt loyalen Mitarbeitern tun das 93 Prozent.

Man kann sich also darüber streiten, ob es wirklich der Job des Vorgesetzen ist, für das emotionale Gleichgewicht seiner Angestellten zu sorgen. Denn viele Chefs sehen die Sache doch eher pragmatisch: Das Arbeitsverhältnis ist ein gegenseitiger Vertrag, der Mitarbeiter bringt die Leistung, als "Anerkennung“ bekommt er sein Gehalt. Das sollte reichen. Allerdings ist es zweifelsohne lohnenswert, von dieser Einstellung abzurücken und sich auch auf die emotionale Seite einzulassen. Denn diese Investition kostet das Unternehmen keinen Cent, scheint sich aber – wie diese Studie zeigt – auf jeden Fall zu rechnen. (masi)