Finanzierung im Mittelstand: Experten warnen vor zuviel Optimismus

Wie eine aktuelle Umfrage zeigt, plant der Mittelstand umfangreiche Investitionen. Doch viele Firmen haben dabei die möglichen Folgen von "Basel III" nicht auf dem Radar.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wie eine aktuelle Umfrage von Creditreform zeigt, schwimmt der Mittelstand derzeit auf einer Konjunkturboomwelle: Die Umsätze steigen, die Auftragsbücher sind voll und die Stimmung ist so gut, wie schon seit Jahren nicht mehr. Ein Großteil der befragten 4300 kleinen und mittleren Unternehmen plant bei so rosigen Aussichten nicht nur weitere Personaleinstellungen, sondern auch Investitionen in den Ausbau des Unternehmens bzw. neuer Geschäftsfelder.

53,4 Prozent der KMUs haben demnach Investitionen auf ihrer Agenda. Das ist nicht nur ein deutlich höherer Anteil als im vergangenen Frühjahr, als 44,3 Prozent der Mittelständler Investitionen planten, sondern er liegt auch signifikant über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre (44,4 Prozent).

Die kleinen und mittleren Unternehmen erhöhen auch den Umfang ihrer Investitionsausgaben: Wenn investiert wird, stellen immerhin 53,8 Prozent der Unternehmen ein höheres und 35,9 Prozent ein unverändertes Budget bereit. Zudem planen mehr Betriebe Erweiterungsinvestitionen (52,5 Prozent; Vorjahr: 50,3 Prozent). Am investitionsfreudigsten zeigen sich Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe (58,1 Prozent der Befragten), gefolgt von Dienstleistungsfirmen (56,2 Prozent). Den größten Sprung in der Investitionsbereitschaft zeigt der Handel: Nach 33,7 Prozent im vergangenen Frühjahr, wollen nun 47,4 Prozent der Händler ein Investitionsvorhaben durchführen.

Zu dieser Entwicklung trägt nicht nur die verbesserte Ertragslage bei, sondern auch die Entspannung auf den Finanz- und Kreditmärkten. Aktuell sind nur bei jedem siebten Mittelständler (14,1 Prozent) Finanzierungsschwierigkeiten der Hinderungsgrund für Investitionen. Die befürchtete Kreditklemme ist also ausgeblieben.

Doch Experten warnen davor, dass Thema Finanzierung auf die leichte Schulter zu nehmen. Schließlich seien die Auswirkungen von "Basel III“ noch nicht zu spüren, doch das werde sicher noch kommen. So werde die Verschärfung der Bankenaufsicht gerade für mittelständische Unternehmen massive Folgen haben. Darüber herrschte Einigkeit bei den Experten, die in Bochum beim "Hochschulforum“ (Veranstalter: IHK Mittleres Ruhrgebiet) über Basel III und die Folgen für die Kreditvergabe diskutierten. So sei es sicher, dass Banken künftig bei der Auswahl der Kreditnehmer wählerischer sein müssten bzw. die Kredite teurer werden, erklärte Prof. Dr. Matthias Fahrenwaldt, Dozent an der EBZ Business School. Dabei "erwische" es auch jene Kreditnehmer, die in den Augen der Bank als sicher gelten. Nach seiner Einschätzung werden Kreditzinsen in Zukunft allein aufgrund der Basel-III-Regelungen um bis zu 70 Basispunkte steigen.

Zudem werden Banken aufgrund der verschärften Anforderungen in Zukunft stärker darum kämpfen, die Kundeneinlagen für ihr Haus zu gewinnen. Das bringe für Sparer zwar den Vorteil, dass in Zukunft durch den stärkeren Wettbewerb bessere Konditionen zu erwarten sind. Auf der anderen Seite müssen diese Zinsen ja irgendwie finanziert werden und die Bank gibt ihr eigenes Geld nur ungern aus. Also wird der Wettbewerb um die Kundengelder über die Kredite refinanziert – auch durch diese Entwicklung ist eine Verteuerung der Kredite zu erwarten. Wer Geld will, muss in Zukunft also damit rechnen, dass die dazugehörigen Zinsen grundsätzlich höher liegen werden, als bisher. Wie teuer es für die KMUs wird, hängt allerdings auch davon ab, wie die Bank die Seriosität des Kreditnehmers einstuft.

Entscheidend für die Beurteilung ("Rating") ist unter anderem die Eigenkapitalquote des Unternehmens. Und hier sieht es laut der Creditreform-Umfrage deutlich besser aus, als noch im letzten Jahr. Durch die positive Ertragsentwicklung in den vergangenen Monaten und die Aussicht, dass es auch noch eine Zeitlang so weitergeht, können immer mehr Firmen ihre Reserven wieder auffüllen und sich auch ein kleines Polster zulegen. Dadurch verfügen immer mehr Mittelständler über eine solide Eigenkapitalquote von über 30 Prozent im Verhältnis zur Bilanzsumme. Mit 27,1 Prozent ist ihr Anteil auf den höchsten Wert seit 20 Jahren gestiegen. Diese Firmen werden sicher keine Probleme bei der Kreditvergabe bekommen. Doch leider geht es nicht allen Firmen so gut: Noch leiden drei von zehn Unternehmen (29,9 Prozent; Vorjahr: 28,7 Prozent) unter Eigenkapitalmangel, da ihre Eigenkapitalquote weniger als zehn Prozent ausmacht. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)