Griff in die Kasse rechtfertigt fristlose Kündigung

Ist das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört, bedarf es vor dem Rauswurf keiner Abmahnung mehr.

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Von
  • Marzena Sicking

Der Sinn einer arbeitsrechtlichen Abmahnung ist, dem Mitarbeiter sein Fehlverhalten vor Augen zu führen und ihm die Chance zu geben, den Fehler einzusehen und nicht mehr zu wiederholen. Diese milde Form einer "Bestrafung" wird in den meisten Fällen einer Kündigung wegen Fehlverhaltens vorausgesetzt.Die erfolgt in der Regel nur, wenn der Mitarbeiter sein angemahntes Verhalten weiterhin nicht abstellt.

Ist der Fehler, den der Mitarbeiter begangen hat, allerdings so gravierend, dass eine Zusammenarbeit dem Arbeitgeber nicht länger zuzumuten ist, kann er sich den Umweg über die Abmahnung sparen. Das hat das LAG Rheinland-Pfalz in einem aktuellen Urteil und damit auch die gängige Rechtsprechung bestätigt (Urt. v. 16.02.2012, Az. 11 611/11).

Die Richter hatten die Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin abgewiesen. Diese war unter anderem in der Buchhaltung der Firma beschäftigt und für die Bareinnahmen des Unternehmens zuständig. Die Verlockung war offenbar zu groß: Die Mitarbeiterin griff in die Kasse und steckte einen Teil des Geldes selbst ein. Sie wurde vom Arbeitgeber erwischt und daraufhin fristlos gefeuert.

Mit ihrer Kündigungsschutzklage hatte die Frau keinen Erfolg. Das Gericht sah die Kündigung als rechtmäßig an, ebenso wie die Forderung des Arbeitgebers nach Schadensersatz. Das Arbeitsverhältnis könne aus wichtigem Grund auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein Arbeitnehmer, der Eigentums- oder Vermögensdelikte begehe, verletzte in schwerwiegender Weise seine Pflichten und missbrauche das in ihn gesetzte Vertrauen. Dies wiege umso schwerer, wenn die Straftat mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers zusammenhängt und dieser somit seine Obhutspflicht verletzt habe. Genau wie die erste Instanz waren die Richter der Meinung, dass eine Abmahnung in diesem Fall "entbehrlich" war, denn das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen sei auf Dauer zerstört worden.

Vermutlich hatte die Klägerin auf ein ähnlich mildes Urteil gehofft, wie es im Fall "Emmely" erging. Damals wurde die Kündigung mangels Abmahnung für unwirksam erklärt. Die Kassiererin hatte zwei herrenlose Bons im Wert von 1,30 Euro an sich genommen, der Arbeitgeber wollte sie für diesen Vertrauensbruch feuern. Eine Kündigung wegen einer solchen Summe nach einer langen und fehlerfreien Zusammenarbeit lehnten die Richter jedoch ab. Im aktuellen Fall konnte allerdings nicht von einer Bagatellkündigung gesprochen werden: Der Klägerin wurde vorgeworfen, sie habe mehr als 7000 Euro gestohlen. (gs)
(masi)