Immer mehr Selbständige von Armut bedroht

Immer mehr Selbstständige sind auf finanzielle Zuschüsse vom Staat angewiesen, um überleben zu können.

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Von
  • Marzena Sicking

Menschen, deren Einkünfte nicht dazu ausreichen, ihren Lebensunterhalt zu decken, haben Anspruch auf die so genannte Grundsicherung vom Staat. Eine Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn zeigt: zu den Bedürftigen gehören auch immer mehr Selbstständige.

So hatte rund eine Million von ihnen im letzten Jahr ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.100 Euro, weitere 270.000 verfügten nicht einmal über 500 Euro – und die verarmten Selbständigen werden jedes Jahr mehr. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch die Zahl der Selbständigen in der Grundsicherung seit 2005 stetig angestiegen ist. So waren es im ersten Jahr der Zählung gerade einmal 33.487 Personen, die diese Stütze beantragen mussten. Im März 2011 waren es 127.180 – also 93.693 Personen mehr. Damit sind 9,1 Prozent aller Menschen, die in Deutschland trotz Job diese finanziellen Zuschüsse brauchen, selbständig tätig. Ihr Anteil an denen aller Erwerbstätiger beträgt 10,9 Prozent.

Besonders oft trifft es junge Selbstständige und Frauen. Ebenso ist der Anteil bei denen besonders hoch, die sich als Solo-Selbstständige (das sind die meisten Selbstständigen) versuchen oder in der Kultur- und Kreativwirtschaft tätig sind.

Gründe für das finanzielle Drama haben die Analysten ebenfalls parat: Viele Gründungen würden in bereits überbesetzten Märkten erfolgen, die unter einem hohen Preisdruck stehen. Die Betroffenen seien oft aufgrund einer unzureichenden Kapitalausstattung nicht in der Lage, mögliche Einbrüche in den Anlaufjahren mit finanziellen Reserven auszugleichen. Auf dieser Basis hätten sie leider auch nur geringe Chancen auf eine rasche Umsatz- und Einkommensverbesserung. Ohne diese Zuschüsse könnten diese Personen sich also nicht über Wasser halten.

Dennoch sehen die Analysten die Gewährung der Grundsicherung für Selbstständige aus volkswirtschaftlicher Sicht ausgesprochen kritisch. Sie senke die Rentabilitätsschwelle der selbstständigen Tätigkeit, was einen noch stärkeren Preis- und Verdrängungswettbewerb nach sich ziehe. Unter dem würden dann vor allem die Selbstständigen leiden, die ebenfalls schon an ihren finanziellen Grenzen sind, aber noch keine Grundsicherung beanspruchen. Zugleich werde für die Selbstständigen, die ALG II bekommen, damit eine Marktaustrittsbarriere errichtet – sie machen in einem chancenlosen Wettbewerb weiter, um nicht den Anspruch auf die Grundsicherung zu verlieren. "Ein Verdrängungswettbewerb, der nicht auf auf Effizienzvorteilen beruht, ist als schädlich für den Strukturwandel und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung anzusehen", so das Fazit der Experten. (masi)