Mehr ältere und ausländische Führungskräfte müssen ran

Deutschen Unternehmen steht nicht nur ein Mangel an Fach-, sondern auch an Führungskräften bevor. Bis spätestens 2020 soll der demografische Wandel auch in den Chefetagen angekommen sein.

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Von
  • Marzena Sicking

Die internationale Personalberatung Odgers Berndtson hat eine Studie vorgelegt, die den Unternehmen in Deutschland schon bald einen massiven Führungskräftemangel prognostiziert. Basis für die Prognose sind die Zahlen des IZA (Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH). Spätestens ab dem Jahr 2020 soll es den Firmen demnach auch an Nachwuchskräften im Management mangeln.

Der demografische Wandel sei längst Realität, so eins der zentralen Ergebnisse von "Demografie 2020". Offene Positionen könnten häufig nicht mehr adäquat besetzt werden, die Nachfrage lasse sich längst nicht mehr durch die nachkommenden Hochschulabsolventen decken. Zusätzliche Maßnahmen seien unverzichtbar. Denn während heute ein Viertel aller Führungskräfte älter als 50 Jahre sei, würden in acht bis zehn Jahren schon ein Drittel der Manager dieser Altersklasse angehören. Gleichzeitig werde sich aufgrund des geringen Angebots der Kampf um Nachwuchskräfte deutlich verschärfen.

Schon 2006 hatte man die Personalverantwortlichen der 500 größten deutschen Unternehmen (5% aus der ITK-Branche) zu diesem Thema befragt. Die aktuelle Befragung sollte zeigen, wie sich die Firmen zwischenzeitlich auf das bevorstehende Problem vorbereitet haben. Ergebnis: kaum bis gar nicht. Zwar ist man sich des Problems durchaus bewusst, doch die bisher ergriffenen Maßnahmen seien weder konsequent noch umfassend genug, um ihm wirkungsvoll zu begegnen, so das Fazit der Umfrage-Auftraggeber.

So geht die überwiegende Mehrheit der Befragten für die nächsten zehn Jahre von einem gleichbleibenden oder steigendem Bedarf an Führungskräften in der eigenen Firma aus. Bei der letzten Befragung rechnete ein Drittel noch mit einem sinkenden Bedarf. Heute sehen 77 Prozent der befragten Firmen aufgrund des demografischen Wandels Probleme bei der Akquise von Führungskräften auf sich zukommen – sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Viele Unternehmen rechnen in den nächsten Jahren auch mit einer höheren Fluktuation.

61 Prozent sagen, dass sie bei der Anwerbung und Förderung von Nachwuchskräften stärkere Aktivitäten aufgesetzt haben. Allerdings sind damit vor allem klassische Methoden, wie die Präsenz von Messen, Praktika und Unterstützung bei akademischen Arbeiten gemeint. Talent Management oder Nachwuchssuche via Social Media sind selten oder "in der Planungsphase“.

34 Prozent bauen aufgrund der Problematik den Anteil weiblicher Führungskräfte bewusst aus. Flexible Arbeitszeitmodelle und Hilfe bei der Haushalts- und Kinderbetreuung sowie Home-Office-Regelungen sollen die weiblichen Manager locken.

Fünf Prozent der Befragten haben außerdem Maßnahmen etabliert, die ihnen ermöglichen, ausländische Führungskräfte anzuheuern. Dies bleibt aber die Ausnahme, denn die meisten Firmen fürchten nicht nur sprachliche Probleme, sondern auch steuer- und sozialrechtliche Barrieren.

Bei der Option, ältere Führungskräfte über das Renteneintrittsalter hinaus im Unternehmen zu beschäftigen, zeigen sich die Befragten ebenfalls sehr zurückhaltend: nur für rund zehn Prozent der Firmen ist das eine Option. Die meisten glauben, ältere Arbeitnehmer seien nicht so belastbar und auch nicht flexibel genug.

Rein rechnerisch, so die weitere Analyse, habe der Ausbau des weiblichen Führungspersonals das größte Potential, um der Verknappung entgegenzuwirken. Um die Zahl der Führungskräfte bis 2045 auch nur auf dem heutigen Niveau zu halten, dürfe auch die Option "längere Beschäftigung älterer Arbeitnehmer“ kein Tabu mehr sein. Tatsächlich sind die befragten Unternehmen aber vor allem beim Kampf um die jungen (und männlichen) Nachwuchskräfte aktiv. Eine einseitige Strategie, die laut den Umfrage-Auftraggebern zum Scheitern verurteilt ist: Schon heute gäbe es nicht genügend geeignete Bewerber und die Zahl der qualifizierten Nachwuchskräfte werde in den nächsten Jahren um weitere 20 Prozent sinken. (gs)
(masi)