Pflichten, Fristen und Formen

Seite 2: Die Sache mit den AGB

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Die Sache mit den AGB

Problematisch ist auch die Einbettung einer Widerrufsbelehrung in allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) – speziell dann, wenn sie sich dort vielleicht noch in einer unübersichtlichen Klauselwüste versteckt. Ob und unter welchen Voraussetzungen man dabei von einer hinreichend transparenten Gestaltung sprechen kann, differenziert die Rechtsprechung wiederum nach der Zwei-Stufen-Formel gemäß § 312c BGB: Sofern die Online-Widerrufsbelehrung lediglich der Kundeninformation im vorvertraglichen Stadium dient, hat das Kammergericht (KG) Berlin keine Bedenken dagegen, dass sie in AGB eingebunden wird [4].

Denn, so die Argumentation des Gerichts, nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 4 Satz 1 und 3 BGBInfoV beziehungsweise dessen Verweis auf § 312c Abs. 2 BGB bezieht sich die Verpflichtung, eine Widerrufsbelehrung in einer "hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form" mitzuteilen, nur auf die Belehrung, die nach Vertragsschluss erfolgt.

Genau an eine solche Widerrufsbelehrung nach Vertragsschluss (§ 312c Abs. 2 BGB) werden vergleichsweise strenge Anforderungen gestellt. Zwar bestehen auch hier keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Einbettung in die AGB, aber dabei muss man strikt darauf achten, dass die Widerrufsbelehrung sich nicht unauffällig in den Textfluss der anderen AGB-Klauseln einfügen darf, sondern sich in augenfälliger Weise – am besten durch auffällige Farbgestaltung, eine größere, fette oder kursive Schrift – davon abheben muss [5].

Amtlich und undeutlich

Die gesetzliche Vorgabe, wonach eine Widerrufsbelehrung ein Höchstmaß an Klarheit und Verständlichkeit aufweisen muss, betrifft nicht nur die Form ihrer Darbietung, sondern auch den Belehrungstext selbst. Das ergibt sich aus § 355 Abs. 2 BGB, in dem geregelt ist, dass die Widerrufsfrist nur zu laufen beginnt, wenn der Verbraucher eine Widerrufsbelehrung erhält, die ihm "seine Rechte deutlich macht".

Da der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, als Anlage 2 zur BGB-InfoV selbst einen Mustertext geliefert hat, den man nur an seine Bedürfnisse anzupassen und abzuschreiben braucht, könnte man meinen, eine ausreichend deutliche Formulierung des Belehrungstextes sei kein Problem – doch weit gefehlt.

Als Stein des Anstoßes hat sich nämlich eine in dem Mustertext enthaltene Passage erwiesen, die da lautet: "Die [Widerrufs-]Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung." Diese Aussage ist zwar nicht unzutreffend, allerdings auch nicht gerade ein Ausbund an Präzision, da sie letztlich überhaupt keinen Aufschluss darüber gibt, wann genau die Widerrufsfrist im Einzelfall zu laufen beginnt – wenn jemand die Belehrung im Internet zur Kenntnis nimmt oder erst, wenn er sie in Textform erhält?

Tatsächlich wird die Frist beim Warenkauf gemäß § 187 Abs. 1 BGB und § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB einen Tag nachdem der Kunde sowohl die Ware als auch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung sowie die weiteren nach § 355 Abs. 2 BGB erforderlichen Informationen in Textform erhalten hat, in Gang gesetzt.

Wegen der ungenauen Information über den Fristbeginn hat das Landgericht (LG) Halle das amtliche Muster der Widerrufsbelehrung im Jahr 2005 sogar für unwirksam erklärt [6]: "Weil § 14 Abs. 1 BGB-InfoV und dessen Anlage 2 – zum Nachteil des Verbrauchers – nicht mit den gesetzlichen Regelungen in §§ 355 Abs. 2, 187 Abs. 1 BGB übereinstimmen und damit den Rahmen der Verordnungsermächtigung in Artikel 245 EGBGB überschreiten, ist § 14 Abs. 1 BGB-InfoV einschließlich seiner Anlage 2 rechtswidrig und mangels hinreichender Verordnungsermächtigung nichtig."

Deswegen könne der Unternehmer, so das Hallenser Gericht weiter, "sich nicht darauf berufen, [die am amtlichen Muster orientierte] … Widerrufsbelehrung genüge nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV den gesetzlichen Anforderungen an den Inhalt der Widerrufsbelehrung. Vielmehr ist die Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit der Belehrung an den gesetzlichen Vorgaben selbst zu messen."