Rechtliche Fragen zum Handel mit Grauimporten

Grauimporte werden nicht nur im Auto-, sondern auch im ITK-Handel immer beliebter. Bei Händlern und Verbrauchern herrscht allerdings auch Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Fragen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Viele Verbraucher wissen über Grauimporte eigentlich nur eins: sie sind meist preiswerter, als die "normale" Ware aus Deutschland. Tatsächlich handelt es sich in der Regel ja auch um baugleiche Produkte. Der Unterschied besteht in erster Linie darin, dass die Ware im Ausland produziert und vom Händler auf einem Vertriebsweg importiert wurde, der vom Hersteller so nicht vorgesehen ist. Der Hintergrund ist ganz einfach: Hersteller bieten ihre Waren in den einzelnen Ländern zu unterschiedlichen Preisen an, sie werden der jeweiligen Kaufkraft angepasst. Ein Händler kann die Ware im Ausland gegebenenfalls also deutlich billiger einkaufen und so seine Marge in Deutschland steigern. Oder er gibt einen Teil des Preisvorteils an den Kunden weiter und verschafft sich so einen Wettbewerbsvorsprung. Dass der Kunde ein schlechteres Produkt bekommt, muss er ja schließlich nicht befürchten. Oder? Rechtsanwalt Thomas Feil beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Graumimport.

Muss ein Händler Grauimport-Artikel als solche kennzeichnen?

Feil: Nein, das ist nicht der Fall. Jedenfalls nicht, wenn das Produkt aus dem Grauimport in jeglicher Hinsicht den in Deutschland vertriebenen Produkten gleicht. Der Händler darf diese Vertriebswege und die möglicherweise günstigeren Einkaufskonditionen durchaus nutzen, ohne den Kunden darauf aufmerksam machen zu müssen. Allerdings sollte er auf möglicherweise abweichende Eigenschaften des Produkts oder Einschränkungen der Herstellergarantie hinweisen, sonst ist es durchaus möglich, dass der Käufer ihn mit entsprechenden Forderungen konfrontiert, weil er sich getäuscht fühlt.

Thomas Feil ist seit 1994 als Rechtsanwalt in Hannover tätig. Er ist Fachanwalt für IT-Recht und Arbeitsrecht. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehört auch das Vergaberecht.

Was passiert, wenn der Händler den Grauimport verschweigt und der Kunde erfährt es später doch? Kann er die Ware mit der Begründung zurückgeben, dass er keinen Grauimport möchte?

Feil: Der Grauimport an sich ist erst mal kein Sachmangel, der zum Rücktritt berechtigt. Anders sieht es allerdings aus, wenn das Produkt tatsächlich nicht ohne Probleme in Deutschland benutzt werden kann, weil beispielsweise nur ein ausländischer Stromstecker beigefügt ist. Oder es keine deutsche Bedienungsanleitung gibt. Oder die Ausstattung des Produkts eben nicht baugleich oder gar wesentlich schlechter ist, als die der "deutschen" Produkte. Dann liegt tatsächlich ein Sachmangel vor und der Kunde kann sich auf seine Gewährleistungsrechte berufen. Davor kann sich der Händler nur schützen, indem er über die Besonderheiten vorab informiert. Wie sich ein Vertrauensverlust beim Kunden auswirkt, steht natürlich auch noch auf einem anderen Blatt.

Ob Grauimport oder nicht: Produkte können defekt sein. Wie sieht es dann mit Gewährleistungsansprüchen des Kunden aus? Hat er die auch bei Ware, die aus einem Grauimport stammt?

Feil: Selbstverständlich. Der Gesetzgeber verpflichtet Händler und Verkäufer im §§ 434 ff. BGB dazu. Dem Verbraucher stehen bei einem Kauf auf jeden Fall die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zu und zwar für die Dauer von zwei Jahren nach dem Kauf. Der Verbraucher kann von dem Händler im Falle eines Defekts demnach eine Nachbesserung der Ware verlangen, vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder auch Schadensersatzanspruch verlangen. Auf welchem Wege der Händler die Ware importiert hat, spielt für den Gesetzgeber dabei keine Rolle.

Grauimporte sind Produkte, die auf Vertriebswegen importiert werden, die der Hersteller nicht autorisiert hat. Kann er mit dieser Begründung die Herstellergarantie auf das Produkt verweigern?

Feil: Der Hersteller ist grundsätzlich nicht zu einer Garantie gegenüber dem Endkunden verpflichtet, das ist ein häufiger Irrtum bei Verbrauchern. Vielmehr handelt es sich um eine rein freiwillige Leistung, dessen sollte man sich immer bewusst sein. Hat sich der Hersteller aber zu so einer Leistung freiwillig verpflichtet, sollte man einen Blick in das Kleingedruckte der Garantiekarte werfen: Manche Hersteller haben hier tatsächlich entsprechende Klauseln über regionale Restriktionen eingebaut, um keine Garantie auf Grauimporte geben zu müssen. Steht in den Garantiebedingungen nichts über entsprechende regionale Einschränkungen, kann der Kunde davon ausgehen, dass er den Garantieanspruch auch bei einem Grauimport hat.

Übrigens ist es rechtlich umstritten, ob Hersteller bei Waren, die für den Verkauf in Europa vorgesehen sind, einzelne EG-Staaten in solchen Klauseln von den Garantiebedingungen ausnehmen dürfen, denn dies kollidiert eigentlich mit dem Grundsatz der europäischen Warenverkehrsfreiheit. Wer eine solche Klausel vorfindet, sollte aber auf jeden Fall vorsichtig sein.

Kann ein Hersteller dem Händler Grauimporte verbieten?

Feil: Grundsätzlich erst mal nicht. Importe von Original-Produkten, die in EG- oder EWR-Staaten legal in Verkehr gebracht worden sind, sind ja erlaubt. Aber natürlich können Hersteller im Einzelfall entsprechende Verträge mit ihren Distributoren oder Händlern abschließen, die das untersagen. Diese Vereinbarungen können wegen kartellrechtlicher Fragen aber durchaus auch ungültig sein. Grundsätzlich kann ein Markeninhaber außerdem anderen die Nutzung seiner Marke verbieten. Dieses Recht hat er aber verwirkt, wenn das Produkt mit seiner Zustimmung schon im EU-Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden ist. Aber Achtung; Wir reden hier immer vom EU-Wirtschaftsraum! Grauimporte aus anderen Regionen, z.B. China, können sehr wohl und wirksam untersagt werden. Wer gegen dieses Verbot verstößt, riskiert nicht nur Schadensersatzforderungen, sondern gegebenenfalls auch eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. (Marzena Sicking) / (map)
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