Rechtsverletzungen durch Suchmaschinenoptimierung

Das Google-Ranking ist entscheidend für den Erfolg eines Online-Shops. Bei der Suchmaschinenoptimierung sollte man das Markenrecht aber nicht verletzen.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wer einen Online-Shop betreibt, möchte natürlich auch, dass möglichst viele Interessenten sein Angebot finden. Um eine gute Google-Platzierung zu erreichen, werden für die sogenannten Title Tags möglichst attraktive Schlüsselwörter eingesetzt. Händler, die populäre Marken oder Unternehmen als Keywords nutzen, laufen aber Gefahr, damit eine Markenrechtsverletzung zu begehen – auch wenn sie die entsprechenden Produkte in ihrem Angebot haben, wie Thomas Seifried, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz, im folgenden Interview erklärt.

Der Browsertitel einer Internetseite ist ausgesprochen wichtig, um eine gute Google-Platzierung zu erreichen und potentielle Kunden auf sich aufmerksam zu machen. Ist es nicht verständlich, wenn ein Händler versucht, hier auch die Marken zu platzieren, die er in seinem Online-Shop anbietet?

Seifried: Das ist nicht nur verständlich, er darf es auch. Für Marken, die ein Händler selbst anbietet, darf er auch werben. Er darf das aber nicht unbeschränkt tun. Die Ware muss zuvor mit Zustimmung des Markeninhabers in der EU verkauft worden sein. Hat aber der Markeninhaber das Produkte zunächst in den USA verkauft und gelangt es ohne dessen Zustimmung von dort über Graumarkthändler in die EU, darf er das Produkt nicht vertreiben und auch für das Produkt nicht werben.

Der Händler darf die Marke aber auch nur auf denjenigen Internetseiten platzieren, auf denen tatsächlich das Markenprodukt angeboten wird. Nimmt er aber die Marke z. B. in den Title Tag der Homepage auf, auf der das Markenprodukt gar nicht erscheint, ist das eine Markenrechtsverletzung. Schließlich darf er durch die Markenbenutzung auch nicht den fälschlichen Eindruck erwecken, er stünde in einer besonderen Geschäftsbeziehung zum Markeninhaber, etwa als Vertragshändler. Unzulässig wäre es also beispielsweise auch, die Marke im Title Tag mit den Keywords "Online Shop" zu kombinieren, wenn dadurch der fälschliche Eindruck erweckt würde, es handele sich um den Onlineshop des Markeninhabers.

(Bild: Thomas Seifried)

Thomas Seifried ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Die Seifried IP Rechtsanwälte mit Sitz in Frankfurt a. M. vertreten und beraten bundesweit mittelständische Unternehmen im Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Werberecht, Geschmacksmusterrecht und Internetrecht in den Branchen Werbung, Internet (Plattformen, Portale), Groß- und Einzelhandel, Mode und Textil.

Wann genau spricht man von rechtsverletzenden Metatags?

Seifried: Rechtsverletzende Meta Tags sind solche, die fremde Marken oder Unternehmenskennzeichen/Firmennamen verletzen. Dass der durchschnittliche Internetnutzer die Meta Tags im HTML-Text gar nicht wahrnimmt, ist für die Rechtssprechung irrelevant. Es reicht, wenn eine geschützte Bezeichnung als Meta Tag in einer Internetseite für ein Unternehmen in einer identische oder ähnlichen Branche oder für ein ähnliches Produkt wie dasjenige, für das die Marke geschützt ist, verwendet wird und dadurch der Internetnutzer auf die betreffende Internetseite gelotst wird.

Marken oder Unternehmen als Stichworte einzugeben, um dann ähnliche Produkte anderer Hersteller anzubieten, ist also nicht erlaubt?

Seifried: Grundsätzlich nein. Fremde Marken, die ein Händler nicht selbst vertreibt, dürfen nur genannt werden, wenn es zur Produktbeschreibung unbedingt erforderlich ist. Das ist vor allem bei Ersatzteilen der Fall. Sie dürfen außerdem in der zulässigen vergleichenden Werbung genannt werden. Die Voraussetzungen hierfür sind allerdings eng und dürften in Title Tags oder Metatags kaum unterzubringen sein. Auch fremde Unternehmenskennzeichen im Title Tag bergen Grundsätzlich die Gefahr einer Rechtsverletzung, wenn beide Unternehmen in zumindest ähnlichen Branchen tätig sind.

Aber der Kunde kann doch anhand der Internetadresse und auch im Online-Shop selbst eindeutig erkennen, dass es sich nicht um die Seite des Markeninhabers handelt, sondern um einen Shop, der die entsprechenden Produkte führt. Reicht das nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen?

Seifried: Wenn es um Marken- oder Kennzeichenverletzungen auf Suchergebnisseiten geht, stellt die Rechtsprechung schon auf das Suchergebnis-Snippet ab, so wie es von der Suchmaschine dargestellt wird. Auf die Inhalte der aufgeführten Internetseite selbst soll es dann nicht mehr ankommen. Eine Marken- oder Kennzeichenverletzung kann also durch den Inhalt der betreffenden Internetseite nicht mehr beseitigt werden, etwa durch einen Disclaimer. Die Rechtsprechung betont hier, dass es ausreicht, wenn durch den Einsatz der fremden Marke das Suchmaschinenergebnis beeinflusst wird.

Wie ist die Lage, wenn es sich um einen autorisierten Händler der jeweiligen Marke handelt? Darf er dann auch entsprechend damit werben?

Seifried: Nicht nur ein autorisierter Händler, sondern jeder Händler, der ein Markenprodukt anbietet, dass mit Zustimmung des Markeninhabers erstmals in der EU verkauft wurde, darf im Grundsatz mit der Marke werben. Wie der autorisierte Händler darüber hinaus werben darf, wird sich im Wesentlichen aus seinem Vertrag mit dem Markeninhaber oder dessen Lizenznehmer ergeben.

Und wie sieht es aus, wenn der Händler die Ware im Angebot hat, aber selbst kein offizieller Vertragshändler des Markeninhabers ist? Darf er dann trotzdem mit der Marke werben?

Ein Markeninhaber kann sich gegen einen Vertrieb durch nicht autorisierte Händler nur wehren, wenn die Markenware dadurch verändert oder verschlechtert wird. Das kann nach der Rechtsprechung z.B. auch dadurch geschehen, dass die Originalverpackung entfernt wird oder Luxuswaren über Vertriebskanäle vertrieben werden, die dem Ansehen der Marke schaden. Dass ein solches Angebot nur gegen den Vertrag mit dem Markeninhaber verstößt, der im Fall von Luxusartikeln solche Vertriebskanäle regelmäßig verbietet, reicht alleine nicht. Die Marke muss vielmehr erheblich geschädigt werden. Ob das der Fall ist, entscheiden die Gerichte von Fall zu Fall verschieden.

Die sogenannten Snippets werden von Google aber auch selbstständig anhand der hinterlegten Keywords zusammengestellt. Ist der Händler dann trotzdem verantwortlich, wenn hier unerlaubterweise ein Markenname auftaucht?

Seifried: Google generiert das komplette Suchergebnis-Snippet einschließlich des Titels automatisch anhand verschiedener Quellen, unter anderem aus dem Title Tag, dem Meta Tag, den Ankertexten oder Einträgen aus dem Open Directory Project (DMOZ). Wenn ein Händler die Aufführung der Marke im Title Tag veranlasst hat, ist er nach der Rechtsprechnung (BGH, Urteil v. 10.01.2008 – I ZR 51/08 – Power Ball) auch dann für die Rechtsverletzung verantwortlich, wenn die Aufnahme in den Title Tag automatiert, z.B. durch ein Programm des Händlers selbst, geschieht.

Mit welchen Folgen muss ein Händler rechnen, der - ob bewusst oder versehentlich - fremde Marken oder Unternehmenskennzeichen in seiner Google-Darstellung hat?

Seifried: Wer fremde Kennzeichen verletzt, dem drohen die üblichen, dem Markeninhaber oder seinem Lizenznehmer zu Verfügung stehenden Maßnahmen: Zunächst eine außergerichtliche Abmahnung und bei deren Fruchtlosigkeit anschließend eine einstweilige Verfügung oder eine Klage. Für den in der Abmahnung und der anschließenden gerichtlichen Maßnahme in aller Regel geltend gemachten Unterlassungsanspruch und auch den Auskunftsanspruch kommt es übrigens auf ein Verschulden des Händlers nicht an. Abmahnungen im Kennzeichenrecht sind teuer. Allein die zu ersetzenden gegnerischen Anwaltsgebühren werden selten unter 1.500 Euro berechnet. (gs)
(masi)