Steuerzahler "darf" Fehler des Finanzamts ausnutzen

Wenn das Finanzamt Fehler macht und der Steuerzahler diese ausnutzt, handelt es sich dennoch nicht um einen Fall von Steuerhinterziehung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Das gibt es auch selten: Ein Selbstständiger wollte unbedingt, dass sein Fall als Steuerbetrug behandelt wird. Doch der Bundesfinanzhof hat anders entschieden (Urteil vom 04.12.12, Az:. VIII R 50/10). Wie die Richter erklärten, begeht der Bürger, der eine fehlerfreie Steuererklärung abgegeben hat und dann aber ein fehlerhaftes Ergebnis des Finanzamts für sich ausnutzt, keine Steuerhinterziehung.

Geklagt hatte ein Selbstständiger, der für die Jahre 1999 und 2000 zunächst keine Steuererklärung abgegeben hatte und deshalb vom Finanzamt geschätzt wurde. Dagegen legte er Einspruch ein und reichte eine fehlerfreie Steuererklärung nach. Dort gab er Einkünfte aus seiner freiberuflichen Tätigkeit in Höhe von umgerechnet 535.623 Euro (der Betrag wurde damals noch in DM angegeben) an.

Das Finanzamt änderte den Steuerbescheid entsprechend. Allerdings unterlief dem zuständigen Sachbearbeiter dabei ein Fehler: Er erfasste die Einkünfte als Verluste. Das hatte unter anderem zur Folge, dass die Einkommenssteuer für das Jahr 1999 auf Null festgesetzt wurde und der Steuerzahler den verbleibenden Verlustvortrag in der darauf folgenden Steuererklärung auch noch in Anspruch nahm.

Doch die Freude währte nicht lange, eine Außenprüfung wurde angekündigt. Der Selbständige erklärte daraufhin unter Abgabe einer strafbefreienden Erklärung im Sinne des StraBEG, er habe damit eine Steuerhinterziehung begangen und werde deshalb für die zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen (nur) eine Abgabe in Höhe von 25 Prozent bezahlen, also genauso, wie es der § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StraBEG für solche Fälle vorsieht. Offenbar hatte er gehofft, durch dieses Manöver die nun fällige Nachzahlung noch etwas drücken zu können. Das Finanzamt und das zuständige Finanzgericht lehnten die Erklärung jedoch mit der Begründung ab, mangels einer Straftat könne der Kläger auch keine strafbefreiende Erklärung abgeben.

Der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung bestätigt. Die Einkommensteuererklärungen, die der Mann zunächst abgegeben habe, hätten zutreffend positive Einkünfte ausgewiesen. Auch die Erklärungen für die Folgejahre waren weder unrichtig noch unvollständig. Vielmehr sei der Steuerzahler aufgrund der Bestandskraft des Steuerbescheids berechtigt gewesen, den – unzutreffend festgestellten – Verlustvortrag in Anspruch zu nehmen. Der Steuerzahler sei nicht dazu verpflichtet gewesen, das Finanzamt auf den Fehler hinzuweisen, da er seine Erklärungspflichten vollständig und richtig erfüllt hatte. Eine Berichtigungspflicht habe der Steuerzahler nur, wenn seine Erklärung zuvor "unrichtig oder unvollständig" war. Eine strafbefreiende Erklärung sei aber nur vorgesehen, wenn der Steuerzahler zuvor gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder sie pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat. (map)
(masi)