Keine Änderung des Steuerbescheids bei Schlampigkeit

Ist der Einkommenssteuerbescheid rechtskräftig, muss das Finanzamt Rechnungen, die der Steuerzahler vergessen hat, nicht mehr berücksichtigen.

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Von
  • Marzena Sicking

Geklagt hatte ein Ehepaar, dass seine Einkommenssteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2006 über das elektronischen Verfahren Elster abgegeben hatte. Auf dessen Basis setzte das Finanzamt einen Einkommenssteuerbescheid fest, der auch bestandskräftig wurde.

Monate später wollte das Ehepaar allerdings noch eine Rechnung für haushaltsnahe Dienstleistungen nachreichen. Sie hätten festgestellt, dass sie diese zwar in den Unterlagen für 2007 abgeheftet, aber schon 2006 bezahlt hätten. Sie beantragten eine entsprechende Änderung des Einkommenssteuer-Bescheides 2006.

Das Finanzamt lehnte dies jedoch mit der Begründung ab, dass eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht in Frage komme, da die Tatsachen bzw. die Rechnung ja schon 2006 vorgelegen hätten und somit keine neuen Tatsache vorliegen. Denn nur deren nachträgliche Bekanntwerdung kann eine solche Änderung begründen.

Das sahen die Steuerzahler anders: Es handle sich um neue Tatsachen, da die Finanzbeamten ja von der Rechnung keine Kenntnis gehabt hätten. Das Ehepaar habe die Rechnung irrtümlicherweise dem falschen Jahr zugeordnet und deshalb damals auch keine Veranlassung gesehen, gegen den Bescheid des Finanzamts Einspruch einzulegen.

Das Finanzamt prüfte und bestätigte, dass hier tatsächlich eine nachträglich bekannt gewordene neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung vorliege. Eine Änderung des Einkommenssteuerbescheids komme aber dennoch nicht in Frage. Die Tatsache, dass die Rechnung so spät bekannt geworden sei, sei schließlich auf ein grobes Verschulden des Ehepaars zurückzuführen. Dieses vertrat nun die Ansicht, ein Versehen könne kein grobes Verschulden sein und klagte.

Die Richter des Finanzgerichts Münster hat die Klage zurückgewiesen (Urteil vom 15.12.2011, Az.: 11 K 4034/09 E) und geurteilt, dass der Ablehnungsbescheid des Finanzamts rechtmäßig sei. Denn eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO kommt nur in Frage, wenn Tatsachen oder Beweismittel, die zu einer niedrigeren Steuer führen, nachträglich bekannt werden und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden an der verspäteten Information trifft. In diesem Fall müssten sich die Steuerzahler aber Verschulden vorwerfen lassen. Dieses kann nämlich auch ohne Absicht vorliegen. Nämlich dann, wenn der Steuerpflichtige „die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt“. Der Steuerpflichtige habe die Angaben in der Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen zu machen und das Erklärungsformular und die amtlichen Anleitungen gewissenhaft durchlesen. Wer im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantwortet, handle daher grob fahrlässig. Das Gericht sei unter Anwendung dieser Grundsätze und Betrachtung der Gesamtumstände im Streitfall zu der Überzeugung gekommen, dass sich das Ehepaar grobe Fahrlässigkeit vorwerfen lassen muss.

Mit anderen Worten: wer keine Ordnung in seinen Unterlagen hält, ist selber schuld und darf vom Finanzamt nicht erwarten, dass deshalb den abgeschlossenen Fall neu aufrollt. (masi)