Tipps für eine teuflisch gute Rhetorik

Wenn der Gesprächspartner einem das Gefühl gibt, keine Ahnung vom Thema zu haben oder nur Blödsinn zu reden, dann ist das in den meisten Fällen Absicht. Die Wirkung lässt sich mit bestimmten Verhaltensweisen erzielen. Wer sich wehren will, sollte sie kennen.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Marzena Sicking
Inhaltsverzeichnis

Wir kennen sie aus Talkshows und aus eigener Erfahrung: Typen, die anderen rhetorisch haushoch überlegen sind. Einem das Wort im Munde verdrehen, andere nicht zu Wort kommen lassen und/oder immer Recht behalten. Allerdings sind Menschen, die von Natur aus "begnadete Redner" sind, doch eher selten. Sie haben die Auftritte geübt und gelernt und sich die entsprechenden Techniken angeeignet.

Leider werden diese aber nicht nur dazu verwendet, den eigenen Auftritt – beispielsweise bei einer Präsentation – aufzupolieren. Immer öfter trifft man heute auf Menschen, die die Kunst der Rhetorik als Kampfinstrument nutzen: sie wollen um jeden Preis recht behalten oder den anderen zumindest dumm aussehen lassen. Inzwischen gibt es Seminare, in denen der Karrierist die Kunst der fiesen Wortverdreherei lernt. Dagegen wehren kann sich nur, wer weiß, wie diese Tricks funktionieren.

Der wohl bekannteste, beliebteste und schwierigste Trick, wenn es darum geht, den anderen nicht zu Wort kommen zu lassen. Wie er funktioniert, führen uns vor allem Politiker täglich im Fernsehen vor: Sie machen Pause und holen Luft an Stellen, an denen man das normalerweise nicht tut. Der "Redefluss" sieht dann beispielsweise so aus: Hier wäre eigentlich der Satz zu Ende. Doch eine Pause..kommt erst danach in Frage. So setzt man...auf die Höflichkeit des Gegenübers, der es ...nicht wagt, mitten im Satz zu unterbrechen.

Ähnliches kann man auch mit der Betonung, also dem Setzen von Schwerpunkten, betreiben. Diese Technik erfordert allerdings sehr viel Übung, denn die "falsche" Unterbrechnung müssen wir uns mühsam antrainieren. Nachteil: Wer so spricht, geht dem Zuhörer schnell auf die Nerven.

Abwehrmaßnahmen: Zum einen gilt es, selbst in kurzen und ruhigen Sätzen zu sprechen, dann wirkt man in den Augen (und Ohren) der anderen Anwesenden sehr viel kompetenter und sympathischer. Außerdem bleibt einem gar nichts anderes übrig, als der Person in den vorhandenen Pausen ins Wort zu fallen.

Wer seinen Vortrag oder seine Argumentation mit Fachausdrücken und Fremdwörtern vollspickt, ist gar nicht daran interessiert, dass man ihn versteht. Vielmehr setzt er darauf, dass sich die Gesprächspartner nicht die Blöße geben wollen, nachzufragen, was genau gemeint ist. Stattdessen nicken alle verständnisvoll und der Vortragende hat erreicht, was er wollte: Schweigende Zustimmung.

Nachteil: Diese Variante lässt den Sprecher schnell arrogant wirken. Trifft er auf einen Gegner, der den Trick schon kennt oder keine Scham hat, nachzufragen, besteht außerdem die Gefahr, sich lächerlich zu machen.

Abwehrmaßnahmen: Wer kein Wort versteht und sicher sein kann, dass er nicht der einzige ist, dem es so geht, sollte nachfragen. Lassen Sie sich die Fachbegriffe oder Fremdwörter erklären. Meistens stecken keine hochkomplexen Dinge, sondern einfache Vorgänge dahinter. Der Vortragende wird so nach und nach enttarnt und wirkt mit seinem Versuch, alles in Fremdwörter zu verpacken, nur noch peinlich. Und Sie sind der Held des Tages.

Besonders beliebt, wenn sich Verkäufer und Einkäufer gegenübersitzen. Der Verkäufer gibt alles, um die Vorteile seines Produktes und der dazugehörigen Kalkulation durchzugeben und der Einkäufer verzieht keine Miene. Da der Mensch aber unbewusst sehr viele Botschaften aus der nonverbalen Kommunikation zieht, verunsichert ihn ein "Pokerface" bis ins Mark. Er kann nicht einschätzen, ob sein Vorschlag auf Ablehnung oder Zustimmung stößt. Fehlt das Lächeln oder das Nicken, wird er eher davon ausgehen, dass sein Angebot nicht gefällt – und vielleicht schon im Preis runtergehen, bevor er überhaupt dazu aufgefordert wurde. Er hat Angst, dass er den Kunden "verliert" und versucht alles, um ihn wieder in den Griff zu kriegen.

Nachteile: Wer mit dem Pokerface arbeiten will, muss sich extrem unter Kontrolle haben. Denn die meisten von uns schaffen es nicht, völlig neutral zu bleiben. Der Körper trickst uns in der Regel aus und wenn wir eine Sekunde nicht aufpassen, hat er unterbewusst schon ein Signal gesendet.

Abwehrmaßnahmen: Hier heisst es für den Gegenüber mindestens genauso cool bleiben. Aber bitte nur innerlich. Machen Sie nicht den Fehler, auch ein Pokerface aufzusetzen! Ziehen Sie Ihren Vortrag durch. Um Sie weiter zu verunsichern, wird der Gesprächspartner auch direkt danach nichts sagen, sondern die Stille etwas wirken lassen. Wirken Sie zurück. Schauen Sie dem Gegenüber fragend an und lassen Sie die Stille durchaus zu. Dann fragen Sie, als ob nichts weiter vorgefallen wäre, was Ihr Gegenüber von Ihrem Angebot hält.

Eine beliebte Taktik, um Menschen zu verunsichern, ist die Verallgemeinerung. Dabei geht man nicht auf die individuelle Situation des Unternehmens oder des Betroffenen auf, sondern verweist auf allgemeine Annahmen. "Man weiß doch das...", "Üblicherweise" etc. Diese Art ist äußerst kontraproduktiv und wird vor allem von sogenannten "Bestandsbewahrern" angewendet, die kein Interesse an Veränderungen haben. Auch ist es natürlich schwierig, gegen allgemein gültige Regeln anzukommen.

Hier hilft nur eins: Fragen Sie detailliert nach! Bitten Sie um wenigstens ein konkretes Beispiel und hacken Sie nach, inwieweit dieses mit der von Ihnen bearbeiteten Situation vergleichbar ist. Fragen Sie nach, um welchen konkreten Punkt es dem Kritiker geht.

Eine Methode, der sich Verkäufer gerne bedienen, wenn sie schnell zum Abschluss kommen wollen. Es werden zwei Varianten ausführlich erklärt und angeboten. Oft begleitet von einem Schulterzucken, dass besagt, dass man leider, leider keine weiteren Optionen hat. Leider ist die menschliche Psyche manchmal etwas doof und zwar ganz besonders in solchen Momenten. Unser Gehirn konzentriert sich auf die angebotenen Möglichkeiten, weil es sich entscheiden soll/muss und blendet dabei vollkommen aus, dass es weitere Optionen gibt.

Gegensteuern können Sie nur, in dem Sie sich das immer vor Augen halten – und dem Gegenüber auch klar sagen: "Das sind also die zwei von Ihnen favorisierten Optionen. Aber für mich gibt es natürlich noch eine Reihe weiterer Möglichkeiten, die ich zunächst prüfen werde, bevor ich mich entscheide."

Natürlich gibt es noch viel mehr Tricks und Strategien. Wer im Vertrieb tätig ist oder sich dem täglichen Kampf um die Karriere widmet, sollte also entsprechende Kurse besuchen oder sich Fachliteratur besorgen. Denn der beste Schutz gegen die teuflische Rhetorik ist die Kenntnis der Methoden. (masi)