eBay und die Paragrafen

Seite 2: Nicht lustig

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Ein Anbieter droht in seinem Text damit, Spaßbieter würden von seinem Anwalt hören und eine Anzeige riskieren. Er schreibt auch, wer immer auf seinen Auktionen mitbietet, würde sich dadurch bereit erklären, bei einem Rückzieher einen Schadenersatz von 30 Prozent des Kaufpreises zu zahlen. Ist das rechtens?

Als Spaßbieter gelten diejenigen, die "aus Spaß", also ohne ernste Kaufabsichten, bei einer Auktion mitbieten. Wer zum Abschlusszeitpunkt als Höchstbieter dasteht, schließt einen wirksamen Kaufvertrag mit dem Anbieter. Ein solcher wirksamer Vertrag kommt auch dann zustande, wenn der Bieter eigentlich gar nichts kaufen will. Das BGB spricht bei solchen Fällen von einem "geheimen Vorbehalt", und der ist unwirksam. Wenn der Bieter den Kaufpreis nicht zahlt, verletzt er seine Vertragspflichten und macht sich damit schadenersatzpflichtig. Er muss also dem Verkäufer den Schaden ersetzen, der diesem durch die Vertragsverletzung entstanden ist. Wie hoch der allerdings ist, darüber kann man im Einzelfall trefflich streiten. Dass eBay-Bieter, die einen voreiligen Kauf sofort bedauern und einen stillen Rückzieher machen wollen, Post vom Anwalt des Verkäufers mit einer Schadenersatzforderung bekommen, kann also durchaus passieren. Vor Gericht wird eine solche Forderung allerdings nur dann Bestand haben, wenn sie in der Höhe angemessen ist. Zu erstattende Anwalts- und gegebenenfalls Gerichtskosten können die Schadenshöhe allerdings schnell wachsen lassen.

Auch die Ankündigung einer bestimmten Schadenssumme für Nichtzahler im Angebotstext ist nicht nur heiße Luft, sofern es Geschäfte zwischen zwei Verbrauchern oder zwischen zwei Unternehmern betrifft: In einer Entscheidung aus dem Jahr 2005 hat das Amtsgericht Bremen hierin die wirksame Vereinbarung einer Vertragsstrafe gesehen und einen eBay-Teilnehmer zur Zahlung von 30 Prozent des Kaufpreises verurteilt [8]. Auf dieses Urteil werden sich Verkäufer allerdings nur im Ausnahmefall berufen können: Üblicherweise verwenden Anbieter derartige Formulierungen in jeder ihrer Auktionen, sodass man von AGB sprechen muss, und die wären dann unwirksam. Es muss sich also schon um eine charakteristische Vereinbarung im Einzelfall handeln.

Wenn Unternehmer etwas an Verbraucher verkaufen, greift die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für einen Rückzieher des Käufers ins Leere: Diesem steht ja sein gesetzliches Widerrufsrecht zu; er kann es ohne weitere Begründung ausüben, auch wenn er ein "Spaßbieter" ist. Dafür muss er übrigens nicht einmal das Auktionsende und damit den Abschluss des Kaufvertrages abwarten. Das Widerrufsrecht lässt sich vielmehr schon unmittelbar nach Abgabe der Vertragserklärung ausüben, also nach dem Gebot.

Sofern von einer "Anzeige" die Rede ist, kann es realistisch gesehen nur um eine Meldung an eBay gehen. Das Nichtbezahlen stellt einen Verstoß gegen die eBay-AGB dar; der Marktplatzbetreiber kann den Account von unzuverlässigen Bietern sperren. Strafrechtlich ist das "Spaßbieten" hingegen meistens irrelevant, sofern nicht tatsächlich der Tatbestand des Betrugs gegeben ist. Wenn der Bieter etwa nicht nur zahlungsunwillig, sondern auch zahlungsunfähig ist und Anbieter damit täuscht, könnten sich auch die Ermittlungsbehörden dafür interessieren.

Bei einer Auktion soll ein elektronisches Gerät verkauft werden; die Gebote stehen zunächst bei unter 10 Euro. Im Text schreibt der Anbieter allerdings "Unter 200 Euro gebe ich das Gerät nicht her". Was ist, wenn ich mit 20 Euro zum Höchstbieter werde?

Wer sich dagegen schützen möchte, einen Artikel bei wenig Interessenten allzu billig abgeben zu müssen, kann die Auktion mit einem hinreichend hohen Startgebot beginnen lassen; bei etlichen Artikelrubriken ist auch das Setzen einer Sperre in Form eines geheimen Mindestpreises möglich. Beides macht die Auktionen jedoch für den Anbieter teurer als die standardmäßige Option "ab 1 Euro". Die eBay-AGB erlauben es nicht, die Hintertür zu nutzen, die darin besteht, dass man in der Artikelbeschreibung selbst einen bestimmten Mindestpreis festlegt.

Wenn ein Anbieter das trotzdem tut, verstößt er gegen die eBay-Bestimmungen und riskiert Sanktionen der Marktplatzbetreiber. Andererseits kann sich ein Bieter, der mit seinem Höchstgebot unterhalb des ausdrücklich verlangten Minimums zum Zuge kommt, rechtlich nicht darauf berufen, dass der Anbieter so etwas ja nicht durfte. Es kommt dann jedenfalls kein wirksamer Kaufvertrag zustande, da der Anbieter seine Willenserklärung ("Ich will verkaufen") ausdrücklich unter eine Bedingung gestellt hat.

Was ist davon zu halten, wenn ein "privater" Anbieter in seinen Angebotstexten kategorisch "Keine Rücknahme!" verkündet?

Viele Anbieter sehen vor ihrem inneren Auge ein Schreckgespenst in Form von mäkelnden Käufern, denen die ersteigerte Ware nicht gefällt, und möchten nach dem Auktionsabschluss nichts mehr damit zu tun haben. Tatsächlich ist ein privater Verkäufer grundsätzlich nicht zur Rücknahme verpflichtet, sofern er den verkauften Artikel nicht wissentlich falsch beschrieben hat. Wenn das jedoch der Fall sein sollte, kann der Käufer den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten und Rückabwicklung verlangen.

Unter Umständen kann er zudem Schadenersatz verlangen. Bei alledem muss man aber berücksichtigen, dass dem Verkäufer in einem Gerichtsverfahren nachgewiesen werden müsste, dass ihm die Unrichtigkeit der Beschreibung bewusst war. Ein solcher Beweis ist oft schwer zu führen. Ein arglistig täuschender Verkäufer wiederum riskiert nicht nur zivilrechtlichen Ärger – er kann sich außerdem noch als Betrüger strafbar machen.