Angesehen: Gnome 3.6

Seite 2: Facebook, Gnome-Shell

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Über die Systemeinstellungen kann man nun auch Online-Konten für Facebook konfigurieren; startet man anschließend den IM-Client, bezieht der automatisch die Chat-Kontakte von der Social-Media-Site, sodass man ohne weitere Konfiguration mit seinen Freunden chatten kann. Die Unterstützung für Windows-Live-Konten haben die Entwickler ausgebaut, wodurch Gnome-Documents nun auf Dokumente bei SkyDrive zugreifen kann. Gnome-Online-Accounts unterstützt nun auch Exchange Web Services (EWS); das ermöglicht die Einrichtung einer Exchange-Anbindung über die Kontenverwaltung, auf die Evolution anschließend zurückgreift.

Über die Benutzerverwaltung von Gnome lässt sich nun auch die Anbindung an ein Active Directory konfigurieren; Details dazu liefert ein Blog Eintrag von Stefan Walter.

In der Aktivitäten-Ansicht der Gnome-Shell fehlen nun die Einträge, um von der Fenster-Ansicht auf die Anwendungsansicht umzuschalten. Letztere erreicht man nun, indem man das Gitter-Icon ganz unten im Dash aufruft.

Die Statusleiste am unteren Rand wurde stark umgebaut ist deutlich größer als zuvor. Sie zeigt sich im Normalbetrieb nicht mehr, wenn man den Mauszeiger kurz in die recht untere Ecke fährt; vielmehr muss man ihn nun einen Moment am unteren Bildschirmrand postieren oder die Tasten Super (bei PCs typischerweise die linke Windows-Taste) und M gleichzeitig drücken. Der Fensterbereich fährt dann hoch, sodass die Leiste keine Anwendungsfenster mehr überdeckt.

Beim Vollschirmbetrieb einer Anwendung zeigt die Gnome-Shell nur noch wichtige Meldungen am unteren Bildschirmrand. Die Shell blendet Mitteilungen jetzt erst aus, nachdem der Anwender mit dem System interagiert hat, damit er keine Information verpasst.

Nach viel Kritik in der Gnome-3-Anfangsphase haben die Entwickler nun einen Eintrag zum Ausschalten des Systems eingebaut. Er ersetzt den Eintrag, über den der Anwender das System bisher in den Bereitschaftsmodus schicken konnte. Den zaubert man durch Festhalten der Alt-Taste wieder hervor; man kann das System aber auch durch Schließen des Notebook-Deckels oder Betätigen des Einschaltknopfs schlafen legen.

Die geplante Funktion zum automatischen Update von Gnome-Shell-Erweiterungen wurde nicht rechtzeitig fertig; sie soll jetzt mit Version 3.8 kommen. Bis auf weiteres muss man Erweiterungen daher weiter manuell oder über eine Seite auf extensions.gnome.org aktualisieren, wenn man sie nicht über Paketdepots der Distribution bezieht.

Ähnlich wie schon bei der Einführung von Gnome 3.4 haben viele Programmierer ihre Erweiterungen noch nicht an die neue Gnome-Version angepasst. Daher bot die Erweiterungs-Webseite für Gnome 3.6 nur etwas mehr als zwanzig Extensions an; einem System mit Gnome 3.4.2 offerierte die Website über zweihundert Erweiterungen.

Beim Sperren des Systems zeigt Gnome 3.6 einen Lock-Screen mit Datum und Uhrzeit, über den man auch die Audio-Lautstärke regeln kann. Gnome kann dort auch eingehende Nachrichten ausgeben oder ein Interface anzeigen, um Multimedia-Player wie Rhythmbox im gesperrten Zustand zu steuern; diese Funktionen kann man über die Systemeinstellungen ein- und ausschalten.

Um die Systemsperre aufzuheben, muss der Anwender die Übersichtsseite per Mausgeste, Escape oder Return vertreiben, bevor sich das Passwort eingeben lässt. Die Entwickler haben zudem das Design von Entsperr-Dialog und Login-Screen des Gnome Display Managers (GDM) abgeglichen, wodurch sich diese jetzt ähneln.

Im Konfigurationsmodul für Maus und Touchpads kann man für Letztere nun "Natürliches Scrollen" aktivieren, damit der Bildschirminhalt in die Richtung fährt, in die man den Finger bewegt. Auch die Unterstützung für Wacom-Zeichentablets haben die Entwickler ausgebaut.

Gnome 3.6 integriert Unterstützung für Intelligent Input Bus (IBus), ein Framework zum Nutzung von Eingabemethoden unter anderem für chinesische, japanische und koreanische Schriftzeichen.

Das Programm zur Druckereinrichtung erhielt eine Reihe von Verbesserungen; dadurch kann man nun die Adresse von Netzwerkdruckern spezifizieren oder einen bestimmten Treiber vorgeben.

Das Programm zur Netzwerkkonfiguration listet nun alle ihm bekannten WLAN-Verbindungen auf. Die Gnome-Shell-Funktion zum Verbinden mit WLANs zeigt jene mit der besten Signalqualität oben in der Liste an.

Die Komponenten von Gnome 3.6 sind auf den Einsatz mit den aktuellen Versionen von Clutter, GLib und GTK gedacht; viele Gnome-Programme nutzen zudem nicht mehr Gstreamer 0.10, sondern das Anfang der Woche veröffentlichte Gstreamer 1.0.

Ähnlich wie bei den Gnome-Anwendungen gibt es auch bei den Kernbestandteilen von Gnome bereits Pläne für die Version 3.8, die Ende März 2013 erscheinen soll. Gnome-Keyring soll dort als "deprecated" (veraltet) eingestuft und durch Libsecret abgelöst werden, das auf das Secret Service API und darüber erreichbare DBus-Dienste zurückgreift. Libsecret wurde maßgeblich von zwei Programmierern entwickelt, die am Gnome Keyring und der KDE-Software KWallet arbeiten.

Zudem gibt es Überlegungen, den 2D-Fallback-Modus bei Version 3.8 fallen zu lassen, weil die Gnome-Shell mittlerweile dank Llvmpipe auf vielen Systemen läuft, für die es keine 3D-Grafiktreiber gibt; zudem werde der Fallback-Modus kaum mehr getestet, wie eine Wiki-Seite erläutert. Dort wird allerdings auch erwähnt, dass Llvmpipe auf manchen Prozessor-Architekturen und vermutlich auch bei BSD-Derivaten wie OpenBSD nicht arbeite.

Gnome 3.6 bringt eine ganze Reihe von Verbesserungen, die den Alltag erleichtern und den ohnehin schon schicken Desktop noch etwas runder machen. An einige Neuerungen muss man sich aber erst gewöhnen, bis das deutlich wird, und manche Änderungen hätten noch etwas Feinschliff gebrauchen können. So wird es einige Anwender stören, dass man die Statusleiste nicht mehr so schnell per Maus öffnen kann; auch das Entsperren verlangt dem Anwender jetzt einen Mausklick oder Tastendruck mehr ab.

An den Nautilus-Umbauten werden sich die Geister scheiden. Einige der dadurch eingeführten Neuerungen sind nett und pfiffig. Die kompakte Ansicht wird aber manchem Anwender fehlen; und wer durch Programme wie Norton- oder Midnight-Commander jahrelang eine Zweibereichsansicht verwendet hat, wird sich wohl nur schwerlich damit abfinden können, etwas vergleichbares jetzt mit Tabs oder zwei Nautilus-Fenstern realisieren zu müssen.

Weitere Einblicke in die Neuerungen von Gnome 3.6 liefern die Release Notes, ein Blog-Eintrag von Gnome-Entwickler Allan Day und eine Serie von Einträgen im Blog von Matthias Clasen; die hat er zumeist anlässlich einer neuen Gnome-Vorabversion verfasst, um die dort eingezogenen Neuerungen zu beschreiben und mit Screenshots zu zeigen. (thl)

Mehr Infos

Linux-Distributionen und Gnome 3.6

Fedora 18, geplant für Ende November, wird Gnome 3.6 in seiner Hauptvariante als Standard-Desktop einsetzen. Wer die Alpha von Fedora 18 installiert und aktualisiert, erhält recht aktuelle Vorabversionen der Gnome-3.6-Komponenten; im Fedora-Buildsystem finden sich bereits die finalen Versionen, die die Entwickler in Kürze über die Update-Depots nachreichen wollen.

Ähnlich ist es beim für Oktober geplanten Ubuntu 12.10, das viele, aber offenbar nicht alle Gnome-3.6-Komponenten enthalten wird. Nautilus etwa soll von Gnome 3.4.2 stammen. Auch das Brennprogramm Brasero und der Multimedia-Player Totem stammen in den aktuellen Vorabversionen der Distribution aus Gnome 3.4.2; die zu Gnome 3.6 gehörenden Versionen gibt es in einem PPA. Einige Mitglieder der Ubuntu-Community arbeiten an einem "Ubuntu Gnome Remix", der die Gnome-Shell von Gnome 3.6 als Standard-Desktop nutzen soll.

Im OpenSuse-Entwicklerzweig Factory finden sich schon viele Komponenten von Gnome 3.6. Wie ein Mitglied des OpenSuse Gnome Team kürzlich ankündigte, bereiten die Entwickler ein Paket-Depot vor, über das Anwender das neue Gnome bei OpenSuse 12.2 nachrüsten können.

(thl)