IPv4-Adressen werden ab 2011 knapp

Die Geschichte vom Ende der IPv4-Adressvorräte geistert seit Langem durch Medien und Internetforen. Doch nun erklären diejenigen, die IPv4-Adressen an Provider und Unternehmen ausgeben und bislang immer abgewinkt haben, das Ende für IPv4 sei in Sicht.

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Von
  • Monika Ermert

Irgendwann zwischen 2009 und 2013 wird es keine IPv4-Adressen mehr geben. Die Geschichte vom Ende der IPv4-Adressvorräte geistert seit eineinhalb Jahrzehnten durch Medien und Internetforen. Doch jetzt verkünden diejenigen das nahende Ende für das gegenwärtig im Internet benutzte Protokoll IPv4, die IPv4-Adressen an Internet-Provider und große Unternehmen ausgeben und bislang immer abgewinkt haben. Auf der Basis der gegenwärtigen Nachfrage und Vergabepolitik werden bei der Regional Internet Registry (RIR) APNIC in fünf bis sieben Jahren keine Adressen mehr zu verteilen sein, sagte beim APNIC-Treffen im taiwanischen Kaohsiung der APNIC-Experte Geoff Huston. Die APNIC ist als RIR für die Verwaltung, Verteilung und Registrierung der im öffentlichen Internet bekannten und gerouteten IP-Adressen im asiatisch-pazifischen Raum zuständig. Bei der Internet Assigned Numbers Authoritiy (IANA), die alle fünf RIRs mit Adressen versorgt, sei der Topf schon ein Jahr früher leer.

Huston war in früheren Hochrechnungen zum Verbrauch der Adressen noch davon ausgegangen, dass der Vorrat erst 2022 beziehungsweise 2021 für IANA erschöpft sei. Eine weitere Zunahme des Verbrauchs gerade im vergangenen Jahr ergab in den neuesten Berechnungen allerdings, dass der Zeitpunkt, zu dem IPv4-Adressen knapp werden, wesentlich schneller näher rückt. Sobald der Zeitpunkt erreicht ist und die RIRs nur noch IPv6-Adressen ausgeben können, haben es vor allem Newcomer schwer, die kein Polster von IPv4-Adressen haben. Tomoya Yoshida vom japanischen Telekom-Riesen NTT Communications sagte in Kaohsiung: "Neue Anwender können von nun an nur noch IPv6 verwenden, da es keinen IPv4-Adressraum mehr gibt. IPv4 Single Stack Server mit der ganzen Vielfalt an Informationen und Diensten werden für sie nicht mehr erreichbar sein. Betrachtet man die Serverseite, können neue Provider nur IPv6-Internetdienste anbieten und keine Dienste für IPv4-Nutzer."

Außer eingebauten Sicherheitsfeatures bietet IPv6 vor allem dank seiner 128-Bit-Adressen wesentlich mehr Spielraum. Die 3,4×1038-IPv6-Adressen sollten für ein Weilchen ausreichen, damit die Nummern zur Adressierung von Rechnern, netzfähigen Geräten aller Art und künftig selbst privaten PKW nicht knapp werden. Weitere Merkmale von IPv6 sind unter anderem ein besseres Routing sowie Verbesserungen bei der Netzwerkadministration und dem mobilen Wireless-Betrieb.

In Japan hat man sich bereits intensiv mit der bevorstehenden IPv4-Adressknappheit befasst, auch wenn dort davon ausgegangen wird, dass ein beträchtlicher Teil des an japanische Unternehmen vergebenen Adressraumes noch ungenutzt ist und als Reserve zur Verfügung steht. Ein ausführlicher Bericht (PDF-Datei, englische Übersetzung) einer Expertengruppe der japanischen DNS-Registry JPNic analysiert mögliche Effekte vor dem befürchteten Ende der IPv4-Adressen, beschreibt die Konsequenzen und gibt einige Empfehlungen. Internet-Provider sollten etwa nicht mehr Adressen beantragen, als benötigt, und sich auch mit der Migration auf IPv6 befassen. Unternehmen sollten ebenfalls so weit wie möglich beim Einkauf neuer Hard- oder Software auf IPv6-Unterstützung achten. Die Entwickler sind aufgefordert, in ihren Anwendungen ebenfalls verstärkt mit IPv6 rechnen.

"Wenn die RIRs nichts mehr zu vergeben haben, wird es immer noch eine Menge Leute geben, die IPv4-Adressen brauchen. Ihre Nachfrage wird vermutlich gegen Geld befriedigt werden", sagte Huston. Damit würden eigene Märkte für IPv4-Adressen entstehen und mit dem knappen Gut spekuliert werden. Huston sprach gar von möglicher staatlicher Regulierung, um Auswüchse zu vermeiden. Allerdings zeigte er sich skeptisch, ob eine Regulierung der Aufgabe gewachsen sein könne. Traditionell bestünden die RIRs zudem auf ihre Rolle als Selbstverwaltung, die gut ohne staatliche Eingriffe auskomme.

Ein weiteres Phänomen, mit dem sich die RIRs auseinander zu setzen haben, ist nach Ansicht der Experten eine Art Schuldfrage. Wenn nach den Schuldigen gesucht wird, müssen sich Inhaber großer, nicht genutzter IP-Adressblöcke wohl warm anziehen: Im JPNic-Papier wird nebenbei schon einmal die Frage gestellt, ob es stimme, dass IP-Adressen in den USA aufgrund der bei verschiedenen Institutionen vorhandenen großen Reserven gar nicht ausgehen werden. Man sollte vielleicht, sagte Akinori Maemura von France Telecom, darüber nachdenken, ob man die Rückgabe nicht genutzter Adressblöcke ins Auge fasst. Schließlich könnte man bei der Neuvergabe eine Art Veröffentlichungspflicht wie beim Patentanmeldungsverfahren einführen. Darin würde dann die Größe des jeweils vergebenen Blocks dokumentiert.

Zur Diskussion um die IPv4-Adressknappheit, den Umstieg auf IPv6 und Grundlagen, Spezifikationen sowie weitere Berichte zu IPv6 siehe:

(Monika Ermert) / (jk)