Test: Nissan Leaf e+ mit 62 kWh

Inhaltsverzeichnis

Das ist gar nicht übel. Fast alle DC-Schnelllader sind als Triple-Charger ausgelegt; sie bedienen den am weitesten verbreiteten CCS (für Combined Charging System), den japanischen Chademo und bei Bedarf auch den Wechselstromstecker Typ 2 (Leaf: 7,4 kW einphasig). Mittelfristig dürfte die Abdeckung in Europa gesichert sein. Und dass sich CCS durchsetzt, ist nicht in Stein gemeißelt. China und Japan entwickeln einen gemeinsamen Standard ChaoJi, der bis zu 900 kW Ladeleistung ermöglichen soll – und der dürfte zumindest auf diesen beiden Märkten dominant werden.

Ärgernis Ladeinfrastruktur

Wie so oft bei batterieelektrischen Autos gab es bei der Nutzung der öffentlichen Ladeinfrastruktur Hindernisse, die ärgerlich und bisweilen nervtötend sein konnten. An sein Ziel kommt man immer – manchmal mit Mühsal. So erwies sich einerseits der von Nissan an den Autoschlüssel angebrachte Identifikationschip von Plugsurfing als hervorragendes Identifikationsinstrument. Läuft. Andererseits gab es typische wiederkehrende Abstriche: So war an einem Morgen bereits online feststellbar, dass die räumlich nächste DC-Säule defekt war. Die nächste in knapp 30 km Entfernung schaltete scheinbar frei – nur floss leider kein Strom. Ein Versuch der telefonischen Nachfrage beim Betreiber Allego ergab lediglich eine Ansage, dass die Hotline derzeit nicht erreichbar wäre. Also Weitersuchen, bis es woanders klappt.

Das ist leider keine Ausnahme. Teslas Supercharger zeigen, wie es sein muss: Alle DC-Säulen werden im Navigationssystem angezeigt und in die Routenführung einbezogen. Identifikation, Kostenanzeige und Abrechnung erfolgen automatisch. Fertig. Dass es auch bei der Nicht-Tesla-Infrastruktur so gut funktioniert, wird noch lange dauern. Zwar ist der Standard Plug & Charge als Bedienvereinfachung über die ISO 15118 definiert. Bis zur flächendeckenden Umsetzung dürften noch mindestens fünf Jahre vergehen.

Konkurrenz des Nissan Leaf e+

In diesem Preissegment tummeln sich einige attraktive Elektroautos. Besonders nachgefragt ist der Kia e-Niro. Der Koreaner ist bei der Fahrautomatisierung besser als der Leaf, beim Raumangebot jedoch knapper und vor allem kaum lieferbar. Nach Aussage von Nissan Deutschland ist ein Leaf 40 in nur vier Wochen vor Ort, und beim e+ dauert es bis Dezember. In der gleichen Preisregion ist auch das Tesla Model 3 Standard Range Plus zu haben. Neben den objektiven Kriterien ist anzunehmen, dass sich die Kundschaft von Tesla und Nissan nicht gleicht. Hier das emotional aufgeladene Hypeprodukt, dort der bescheidene und konservative Nissan. Eine Geschmacksfrage. Und der VW ID.3? Der wird vermutlich noch ein Jahr auf sich warten lassen, bis tatsächlich signifikante Stückzahlen ausgeliefert werden.

Der Nissan Leaf e+ ist die beste Wahl für Kunden, die die Kombination aus der großen Erfahrung des Herstellers, der bekannten Solidität, der vibrationsfreien Laufkultur und dem guten Raumangebot suchen. Er ist zu Recht eines der weltweit meistverkauften E-Autos. Der Leaf ist das Gegenteil eines übertriebenen Werbeversprechens, er ist bodenständig und alltagstauglich. Mit der 62 kWh-Batterie hat er eine Reichweite, von der die Leaf-Käufer der ersten Generation nur träumen konnten – was zu einem klassenüblich zu hohen Preis führt. Wer auf die größere Reichweite verzichten kann, sollte sich den Leaf 40 anschauen.

Der Hersteller hat den Testwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt, die Überführung bezahlt und einen Ladechip bereitgestellt. In Einzelfällen (z.B. Heimladung) ist der Autor für den Fahrstrom aufgekommen. (chlo)