US-Schrottautos auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt

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Das Problem: In Deutschland verhindert der strenge Datenschutz die verlässliche Dokumentation von Fahrzeughistorien. Die Manipulation von Laufleistungen ist deshalb eine weit verbreitete Praxis, weil selbst TÜV und Co. bei der Hauptuntersuchung den Kilometerstand bloß ablesen. Polizei und Versicherungswirtschaft schätzen, dass die Anzeige der gefahrenen Kilometer bei jedem dritten Gebrauchtwagen in Deutschland nicht stimmt, um beim Verkauf einen höheren Preis erzielen zu können. Zudem bestehe ohne Zugang zur Historie die Gefahr, dass sich Käufer unwissentlich für Fahrzeuge mit kostspieligen und versteckten Unfallschäden entscheiden, sagt Frank Brüggink von Carfax.

Zugriff auf Historie

Mehr als 100.000 Fahrzeuge mit vorherigem Totalschaden aus den USA seien auf Deutschlands Straßen unterwegs, schätzt der Dienstleister. Verbraucher müssten deshalb endlich Zugriff auf die Historie eines Fahrzeugs bekommen, bevor sie einen Gebrauchtwagen erwerben. „Nur so können sie eine fundierte Entscheidung treffen, bevor sie einen Kaufvertrag eingehen.“

Die kriminelle Energie der Täter bei den Schrottfrisierungen ist groß. So wurden laut Carfax Europe bei Untersuchungen Airbag-Einrichtungen geöffnet, die mit alten T-Shirts, Turnschuhen oder Plastiktüten gefüllt waren. „Uns sind Fälle bekannt, in denen Fahrzeuge aufgrund von Elektronikproblemen durch Flut- und Wasserschäden plötzlich in Flammen aufgingen“, sagt Brüggink. Fahrzeuge mit Totalschäden seien zunächst in Teile zerlegt und aus zwei oder drei Karosserien dann zu einem „neuen“ Fahrzeug zusammengeschweißt worden. In Skandinavien soll es Fälle gegeben haben, wo diese Autos während der Fahrt auseinanderbrachen.

Verdeckt

Nun sollte man meinen, dass schwere Unfallschäden zumindest den Kfz-Sachverständigen bei der Hauptuntersuchung auffallen. Doch oft treten Folgeschäden aus einem verzogenen Fahrwerk und der Karosserie erst später zu Tage, erklärt Thomas Schuster von der Prüforganisation KÜS. „Mir wurde allerdings auch schon mal eine katastrophal zusammengeschweißte Achskonstruktion gemeldet, die einer unserer Prüfingenieure bei der HU bemängelte.“ Prüfer sind in dieser Hinsicht durchaus auch Heftiges gewohnt.

Eine gesetzliche Meldepflichten über festgestellte Salvage Title gibt es in Deutschland nicht. „Alle aus unserer Sicht zielführenden Verpflichtungsmaßnahmen zur Verbesserung der Lage sind leider momentan nicht mit den aktuellen Datenschutzrichtlinien zu vereinbaren“, erklärt Schuster. Den Verbrauchern sei deshalb anzuraten, nur Fahrzeuge von Händlern zu kaufen, die eine plausible Historie des Importfahrzeugs mitliefern könnten.

Transparenz gefordert

Gebrauchtwagenhändler sind gesetzlich verpflichtet, vorhandene Unfallschäden im Verkaufsinserat anzugeben. Doch in der Praxis werden diese Schäden mitunter verschwiegen. „Täuschung ist Betrug und muss gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden“, erklärt dazu Ansgar Klein vom Bundesverband freier Kfz-Händler BvfK. Zudem müsse der Gesetzgeber die Datenschutzbestimmungen ändern, die der Transparenz beim Gebrauchtwagenkauf entgegenstünden. „Die Fahrzeughistorie wird zunehmend sicherheitsrelevant“, betont Klein. „Das machen diese dilettantisch zusammengeschusterten Unfallwagen deutlich.“ Notwendig seien Fahrzeugpapiere mit Informationen über möglichst viele Vorbesitzer, um die Vorgeschichte nachvollziehbarer zu machen.

Eine einfache und schnell umsetzbare Lösung könnte aus Sicht von Carfax Europe sein, die Daten des Zentralen Fahrzeugregisters (ZFZR) als Open-Data zugänglich zu machen – so wie es in vielen europäischen Ländern bereits der Fall sei. Im deutschen ZFZR werden die von den örtlichen Zulassungsbehörden und den Versicherungsunternehmen übermittelten Fahrzeug- und Halterdaten versehenen Fahrzeuge sowie die von den technischen Überwachungsinstitutionen übermittelten Daten der Haupt- und Sicherheitsuntersuchungen gespeichert.