Quer gedacht: Wie bei Audi der Fünfzylinder zurückkam

Lange pausierte der Reihenfünfzylinder im Audi-Programm. 2009 kehrte er im Audi TT RS fulminant zurück, aus Gründen des Bauraums im Querbaukasten.

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(Bild: Audi)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Als 2009 nach einer zwölfjährigen Pause die Fünfzylinder ins Audi-Programm zurückkehrten, dachte ich wie wahrscheinlich viele Fahrzeugfans, das habe mit entsprechenden Wünschen der Kundschaft zu tun, die lauthals in die Foren geklagt wurden. Doch die waren es gar nicht. Die Wiederkehr des Fünfzylinders geschah wie seine Ureinführung aufgrund technischer Umstände. Audi wollte in der Entwicklungsphase des TT RS in den frühen Nullerjahren einen Mehralsvierzylindermotor anbieten.

Leser des ersten Teils erkennen bereits die Parallele. Diesmal ging es nicht um das Frontlastproblem, sondern um den Bauraum. Audi baut den TT auf der Querplattform. Die Kurbelwelle liegt dabei orthogonal (90° quer) zur Rollachse (Fahrtrichtung). Diese Konfiguration eignet sich hervorragend für Frontantrieb und kompakte Bauweisen. Mit ihnen gehen jedoch üblicherweise auch beengte Platzverhältnisse einher.

Audis V-Motoren passten aufgrund ihrer Zylinderspreizung schlicht nicht richtig hinein in den TT. Ein Turbo-Vierzylinder war Audi jedoch zu schnöde. So etwas hatte schon jeder. Aber ein Fünfzylinder, das wäre doch geil, denn … der Fünfzylinder passte. So erschien 2009 der renovierte TT RS mit einem direkt einspritzenden 2,5-Liter-Turbo-Reihenfünfzylinder der quattro GmbH, der 340 PS (250 kW) Nennleistung lieferte. Dieser Motor siegte beim Motorjournalisten-Preis "Engine of the Year" ab 2010 siebenmal in Folge. Audi hatte voll ins Schwarze getroffen: Nicht nur gelang der Motor wunderbar, auch die Konkurrenz war gering, denn anderswo (Ford, Volvo) war der Fünfzylinder auf dem Rückzug.

Die Wiederkehr passierte unter den Hürden moderner Abgas-, Geräusch- und Sicherheitsvorschriften, die zusätzliche Ingenieursaufmerksamkeit forderten. Es ist zum Beispiel gar nicht so einfach, beim Fünfzylinder eine gute Stoßaufladung im Turbolader hinzubekommen. Bei der Stoßaufladung (anders als bei der Stauaufladung) führen möglichst kurze Rohre die Stoßwelle des Abgases aus dem Auslassventil an den Lader. Was beim Vierzylinder mit seinen gleichmäßigen Zündungen noch gut berechenbar ist, gestaltet sich mit einem Zylinder mehr schon deutlich kniffliger. Laut Audi ist der Unterschied im unteren Lastbereich deutlich bemerkbar, wenn auch wahrscheinlich eher auf einem Analysestand als im Endkundenfahrzeug, wo ein zusätzlicher Zylinder und der entsprechende Mehrhubraum den leichten Durchhänger überkompensieren.

Noch jung, aber schon ein Meilenstein der Audi-Geschichte: Der TT RS von 2009 brachte den Fünfzylinder zurück.

(Bild: Audi)

Ingolstadt garnierte den TT RS für Puristen mit einer Handschaltung. Die Presse lobte das, der Kunde kaufte es jedoch kaum – eine häufige Konstellation. Stattdessen erfreute sich das Doppelkupplungsgetriebe bald beinahe exklusiver Beliebtheit. Audi stellte einen 2009er-Handschalter bei der Veranstaltung zur Verfügung, den ich jedoch zugunsten anderer Fahrzeuge stehen ließ. Ich hatte das Gefühl, über dieses Auto a) schon einiges zu wissen, denn b) ist es ja noch nicht soo alt. Ein TT RS aus pflegender Hand könnte Sie jederzeit in Mobile.de als zuverlässiger, einigermaßen junger Gebrauchter anspringen. Deshalb muss ich Sie hier mit Fahreindrücken von Kollegen versorgen.

EA 855 Evo (3 Bilder)

Eine aufwendige doppelte Einspritzung zwischen Saugrohr und direkt sorgt für den marktspezifischen Spagat zwischen Leistung und Abgasverhalten.
(Bild: Clemens Gleich)

Der TT RS brachte seine hohe Motorleistung natürlich per Allradantrieb auf den Boden. Damit das Auto dynamischer fuhr, schloss die Lamellenkupplung zur Hinterachse früh. Damit fuhr der RS natürlich nicht wie ein Mittelmotor-Porsche, aber doch mehr als anständig und in Verbindung mit Elektronik und Allradantrieb vor allem: einfach. Der TT war seit seiner Einführung ein egalitäres Modell, das vielen Arten von Menschen gefiel. Manche wollten Vollgas. Andere wollten eher mit offenem Dach cruisen (Roadster).

Für beide und alles dazwischen musste das Auto passen, selbst als RS(+)-Version, die ja mindestens ebenso oft aus Liebe gekauft wird wie aus dem Need for Speed. Nur der Serienbereifung schenkte Audi wie so oft in dieser Zeit (je nach Charge) mehr Taschenrechnerkalkulation als Performance-Hingabe. Hier gab es ab Werk manch unpassende Bereifungen.