Kommentar: Die Senkung der Elektroauto-Förderung ist überfällig

Die Kaufprämie für Elektroautos sinkt, die von Plug-in-Hybriden entfällt. Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, meint Martin Franz.

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(Bild: Florian Pillau)

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Es ist eine eigentlich banale Erkenntnis: Jeder Euro lässt sich nur einmal ausgeben. Tut der Staat das aus Steuermitteln, um eine Lenkungswirkung zu erreichen, sollte er dafür exzellente Gründe haben. Eigentlich, denn in der Realität schaut das dann bekanntermaßen doch allzu häufig ein wenig anders aus. Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors ist aus meiner Sicht ein sehr ehrenwertes Vorhaben, doch dass die Kaufunterstützung für Elektroautos und Plug-in-Hybride gestutzt wird, ist richtig.

In Zeiten, in denen auf den Bundeshaushalt absehbar enorme Belastungen zukommen, muss jede Subvention ganz besonders kritisch hinterfragt werden. Als die Kaufprämie und später die Verdopplung des staatlichen Anteils beschlossen wurde, waren die Kassen des Bundes durch eine jahrelange, gute Konjunkturlage vergleichsweise ordentlich gefüllt. Das ließ es zu, Geld in einem beträchtlichen Umfang zu verteilen. Doch die Pandemie und ihre Folgen halten an, hinzu kommt eine seit dem 24. Februar veränderte Situation mitten in Europa. Spätestens damit war absehbar: Die staatliche Prämie für den Kauf von Autos mit elektrifizierten Antrieben lässt sich in diesem Umfang nicht mehr aufrechterhalten.

Dass sich insbesondere bei den Plug-in-Hybriden etwas verändern musste, war schon im Koalitionsvertrag beschrieben. Allein die Möglichkeit, elektrisch fahren zu können, mit Steuergeld zu bewerfen, ohne das an die Bedingung zu knüpfen, dies auch zu tun, mutete schon immer etwas schräg an. Eine verlässlich reduzierte Umweltbelastung lässt sich daraus auch mit viel gutem Willen nicht konstruieren. Hinzu kommt, dass die meisten Plug-in-Hybride weder auf eine Maximierung ihres elektrischen Streckenanteils noch auf einen sparsamen Verbrauch hin entwickelt wurden. Der Stromverbrauch liegt in der Regel erheblich oberhalb eines vergleichbaren Elektroautos, unsere Tests zeigen das immer wieder überdeutlich. Dass mit der Kaufunterstützung ab 2023 Schluss ist, wird manche in der Industrie ärgern, ist aber richtig.

Doch auch bei Elektroautos konnte unmöglich alles so bleiben wie bisher. Inklusive des Wegfalls der Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil steckte der Steuerzahler jedem E-Auto-Käufer bis zu 6570 Euro in die Tasche. Das ist eine beträchtliche Summe, die für einen Boom der E-Autos gut war. Doch eigentlich muss jeder Euro daraufhin geplant werden, wo er den maximalen Hebel in gewünschter Richtung entfaltet. Jede Subvention hat also gewissermaßen Konkurrenz, der sie sich stellen muss.

Ein kleiner Ausschnitt: Vielleicht ist das Geld in Ladeinfrastruktur besser investiert? Oder in die beschleunigte Ertüchtigung des ÖPNV? Ist es möglicherweise sinnvoller, Radschnellwege auszubauen, um zumindest in Ballungsräumen mehr Menschen zum Radeln zu bringen? Ihnen fallen sicherlich noch viel mehr Beispiele ein, wie der Verkehrssektor weniger umweltschädlich gemacht werden kann. Denn das war ja der ursprüngliche Gedanke hinter der Kaufunterstützung.

Kein Auto ist umweltfreundlich, doch mit einem Elektroauto sinkt der Energiebedarf insgesamt erheblich. Im Bild: Dacia Spring (Test)

(Bild: Florian Pillau)

Derart viel Geld in ein Projekt zu stopfen, muss also hinterfragt werden, in Zeiten potenziell knapper Kassen erst recht. Elektroautos sind in den vergangenen Jahren attraktiver geworden und passen in immer mehr Alltagsprofile. Bei den Gesamtkosten, das zeigen unsere Kostenvergleiche in der Reihe "Strom vs. Sprit" fast überall, sind sie günstiger als Autos mit Verbrennungsmotor. Und weil das so ist, erscheint es auch nicht mehr nötig, sie im bisherigen Umfang zu pampern. Zumal die verbleibende Gesamtsumme, die vom Listenpreis abgezogen werden kann, ja nun wirklich noch immer üppig ist, denn der Herstelleranteil kommt ja weiterhin dazu.

Strom vs. Sprit: Wer fährt günstiger?

Allerdings sinkt er etwas, denn das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hält fest: "Der Anteil der Hersteller soll, wie seit Einführung der Innovationsprämie, auch zukünftig 50 Prozent der Gesamt-Bundesförderung betragen und bei der Bestimmung der Gesamtförderung noch hinzukommen." Hierzu sei das BMWK mit den Herstellern im Austausch. Übersetzt würde das auch eine Reduktion des Anteils der Autokonzerne bedeuten: 2250 Euro für E-Autos mit einem Nettolistenpreis bis 40.000 Euro, 1500 für E-Autos bis 65.000 Euro.

Im kommenden Jahr beträgt die gesamte Fördersumme für E-Autos mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro insgesamt noch 7177,50 Euro, bestehend aus 4500 Euro Staatszuschuss, 2250 Euro Herstelleranteil und 427,50 Euro Mehrwertsteuer-Wegfall auf den Beitrag der Autokonzerne. Anders ausgedrückt: Auch 2023 bezuschusst der Steuerzahler den Kauf bestimmter E-Autos mit insgesamt 4927,50 Euro.

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Ab Januar 2024 beträgt der Bundesanteil der Förderung für batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge mit Nettolistenpreis von bis zu 45.000 Euro 3000 Euro. Insgesamt können dann noch 4785 Euro abgezogen werden, von denen 3285 aus dem Steuersäckel kommen. Das wird also deutlich weniger als bisher, eine beträchtliche Summe bleibt es trotzdem. Denn es profitieren unter anderem die, die sich als Privatpersonen – ab September 2023 ist die Förderung auf sie beschränkt – einen Neuwagen für rund 50.000 Euro leisten können.

An den marktrelevanten Schlüssel traut sich die Politik vorerst ohnehin nicht heran. Denn die Mehrzahl der Neuwagen geht auf gewerbliche Bestellungen zurück. Dort bleibt es beim reduzierten Steuersatz für die private Nutzung von Dienstwagen, und das ist der entscheidende Hebel in diesem Markt. Wer kann, wird dort weiterhin zu einem Elektroauto greifen und im besten Fall nur 0,25 Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil versteuern müssen. Bei 40.000 Euro sind es eben nur 100 Euro, und keine 400 wie für einen Verbrenner. Für Plug-in-Hybride sind es 0,5 Prozent, womit der tiefe Fall des Dieselanteils bei den Neuzulassungen erklärt wäre. Änderungen sind hier nicht in Sicht, und die wirkmächtige Lobby der Autoindustrie wird sorgsam darauf achten, dass an diesem Hebel möglichst wenig verstellt wird.

(mfz)