BenQ verteidigt Insolvenz der deutschen Handytochter

BenQ behauptet, alles versucht zu haben, um mit der deutschen Handytochter die Gewinnschwelle zu erreichen. Nun streiten Siemens und Benq um Patente.

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  • dpa

Der taiwanische Elektronikhersteller BenQ hat die umstrittene Insolvenz seiner deutschen Handysparte verteidigt. "Seit wir das Mobiltelefongeschäft im vorigen Oktober von Siemens übernommen haben, hat BenQ rund 840 Millionen Euro verloren", sagte BenQ-Vorstandsmitglied Rick Lei am Dienstag in Taipeh. "Wir haben alles versucht, um die Gewinnschwelle zu erreichen, sind aber damit gescheitert. Um BenQ Mobile zu retten, hätten wir nochmals 800 Millionen Euro investieren müssen", sagte Lei.

Er bekräftigte, BenQ sei gewillt gewesen, sein Mobiltelefongeschäft mit der Übernahme voranzubringen. Die Dinge hätten sich aber anders entwickelt als erwartet. Lei reagierte damit auf massive Proteste und Kritik von BenQ-Beschäftigten und aus der deutschen Politik.

Medienberichten aus Taiwan zufolge könnte es einen Rechtsstreit um die Nutzung des Markennamens Siemens geben. Lei wollte das nicht kommentieren: "Wir haben nichts Schriftliches dazu vorliegen." Lei wies darauf hin, dass die bei der Übernahme des Mobiltelefongeschäfts geschlossenen Verträge es BenQ erlauben, den Markennamen Siemens fünf Jahre lang zu nutzen.

Siemens hatte seiner ehemaligen Handysparte beim Verkauf an den taiwanischen BenQ-Konzern neben dem Markennamen und einer Finanzspritze auch 1750 Patente mit auf den Weg gegeben. Rechtzeitig vor dem Insolvenzantrag hat BenQ einige davon von Deutschland nach Taiwan transferiert. "Sollten die Patente und Lizenzen unwiderruflich bei BenQ sein, sehe ich keine Chancen, weiterproduzieren zu können", sagt Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer. Denn dann wäre BenQ Mobile in Deutschland nur noch eine Hülle mit einer im internationalen Vergleich nicht gerade günstigen Fertigung.

Benq will den wertvollen Markennamen sowie die Patente und Lizenzen weiter nutzen – von Asien aus. Es dränge sich der Verdacht auf, dass BenQ das Unternehmen systematisch ausgeplündert habe, sagt die Betriebsratsvorsitzende Susanne Kahlweg. "Die nehmen die Marken und Lizenzen mit und lassen uns hier mit dem Insolvenzverwalter zurück."

Auch eine andere Episode der Pleite spricht für ein gezieltes Vorgehen der Taiwaner. Eine Woche vor dem Insolvenzantrag wandte sich der BenQ-Konzern an Siemens: Derzeit sei das Geld knapp, ob Siemens nicht die ausstehenden Zahlungen von 150 Millionen Euro vorzeitig überweisen könne? Das Geld sollte komplett nach Taiwan überwiesen werden und nicht wie vereinbart teilweise an die deutsche Tochter. "Das hat uns schon etwas verwundert", sagt Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser. Siemens will nun prüfen, inwieweit das Geld an die deutsche OHG fließen kann, damit der vorläufige Insolvenzverwalter mehr Masse für die Aufrechterhaltung der Produktion hat.

Die Filetstücke der Sparte, darunter die starke Position in Südamerika und die Patente, will BenQ behalten. Für Insolvenzverwalter Prager wären gerade die Patente ein wichtiges Asset, um neue Investoren zu locken. Immerhin gehören dazu fünf globale "Schlüsselpatente" sowie 1500 Patente, die nicht nur bei Handys, sondern auch bei anderen Kommunikationsanwendungen genutzt werden können. In den nächsten Wochen und Monaten muss nun geklärt werden, wer Zugriff hat: München oder Taiwan.

Die Zukunft der Handyfirma mit 3000 Beschäftigten in Deutschland bleibt ungewiss. Der vorläufige Insolvenzverwalter will die Produktion zumindest bis Ende des Jahres fortsetzen. Wenn bis dahin kein Investor gefunden ist, droht das Aus.

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(dpa) / (akr)