Microsofts Dokumentenformat OOXML wird wohl ISO-Norm

Die Wahlurnen bei der Standardisierungsorganisation sind geschlossen. Beobachter rechnen damit, dass das Microsoft-Dokumentenformat dieses Mal die Hürden für die ISO-Normierung überspringen konnte, in Redmond breitet sich bereits Jubelstimmung aus.

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Seit Samstagabend sind die Urnen bei der Internationalen Organisation für Normung (ISO) zur endgültigen Abstimmung über das "Fast Track"-Verfahren zur Standardisierung von Microsofts Office Open XML (OOXML) geschlossen. Glaubt man internationalen Beobachtern, konnte das umstrittene Dokumentenformat der Redmonder nach dem knappen Scheitern in der ersten Runde im September 2007 dieses Mal die Hürden für die ISO-Normierung überspringen. Demnach hat Office Open XML auf Basis der bislang bekannten Ergebnisse deutlich mehr Ja-Stimmen neu hinzubekommen. Nur wenige Länder sollen dagegen ihre bislang neutrale oder positive Sicht in ein "Nein" oder Enthaltungen umgewandelt haben.

Die Normierungsexperten gehen so davon aus, dass die über 6000 Seiten umfassende Spezifikation nun mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit der qualifizierten ISO-Hauptmitglieder hinter sich hat und zugleich weniger als ein Viertel aller an der Abstimmung beteiligten Länder dagegen gestimmt haben. Das ursprünglich aus Microsofts Office-Paket 2007 stammende OOXML dürfte so eventuell bald zum ISO-Standard DIS 29500 ausgerufen werden, auch wenn sich die ISO mit einer offiziellen Verkündigung des Wahlergebnisses noch Zeit lässt.

Im Rahmen der zweiten Runde hatten die nationalen Normierungsgremien aus den 87 Staaten, die sich bei der ersten Abstimmung bereits beteiligt hatten, nach einer einwöchigen Einspruchberatung im Februar die Gelegenheit, ihr Votum noch einmal zu ändern. Eine gute Übersicht über die bislang vermeldeten Verschiebungen liefert das Blog Open Malaysia, hinter dem OOXML-Kritiker stehen. Demnach haben von den vor allem entscheidenden qualifizieren ISO-Ländern Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, Norwegen und Südkorea von einer Enthaltung oder Ablehnung zu einer Befürwortung von OpenXML gewechselt.

Allein Venezuela hat auf Basis der vorläufigen Auswertung mit "Nein" statt einem vormaligen "Ja" gestimmt, während Kenia von einer Befürwortung auf eine Enthaltung umgesprungen ist. Zu den OOXML-Befürwortern zählen zudem weiterhin Länder wie Aserbaidschan, Deutschland, die Elfenbeinküste, Jamaika, Kasachstan, Libanon, Malta, Pakistan, Saudi Arabien, Singapur, die Schweiz, die Türkei oder die USA. Bei einer Ablehnung sind etwa China, Ecuador, Frankreich, Indien, Iran, Japan, Neuseeland oder Südafrika geblieben. Vergleichbare Listen hält der Standardexperte Andy Updegrove bereit. Sollte sich dieser Trend für Microsoft bei den anderen Wahlberechtigten fortsetzen, können in Redmond die Sektkorken erst einmal knallen. Erste Blogger aus dem Hause Microsoft sind jedenfalls bereits in Jubelstimmung.

Zugleich gibt es auch vermehrt Berichte über Unregelmäßigkeiten bei den Abstimmungsprozessen in ISO-Mitgliedsstaaten. Nach Polen und Deutschland sind laut einem Bericht von Groklaw derzeit vor allem Norwegen und Kroatien ins Zentrum der Kritik von Microsoft-Konkurrenten und Open-Source-Befürwortern gerückt. Beim norwegischen Standardisierungsgremium sollen demnach nur zwei Parteien für OOXML und 21 dagegen gestimmt haben. Trotzdem habe das Ergebnis letztlich "Ja" für Microsofts Format gelautet. Gegner der Entscheidung fordern nun eine formelle Untersuchung des Verfahrens.

Siehe zu den Dokumentenformaten und ihrer Standardisierung auch:

(Stefan Krempl) / (jk)