Regierungen sollen IPv6 fördern

Seit Jahren sorgt die Frage "Wann werden die IP-Adressen knapp?" immer wieder zu kurzfristigen Panikattacken. Der Chef der Dachorganisation der regionalen IP-Registries brachte das Thema beim ICANN-Treffen erneut aufs Tapet.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 190 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Noch gibt es freie IPv4-Adressen. Wächst die Nachfrage aber entsprechend den aktuellen Zahlen weiter an, ist der Adresspool für IPv4-Adressen im Jahr 2011 erschöpft. Den regionalen Internetregistries (RIRs), die für die Zuteilung der IP-Adressen verantwortlich sind, gehen dann ein bis zwei Jahre später die IPv4-Reserven aus. Regierungen sollten daher die Einführung von IPv6 durch Anreize fördern. Das sagte Ray Plzak, Chef das American Registry for Internet Numbers (ARIN) und derzeit auch Chef der Dachorganisation Numbers Resource Organisation (NRO) der fünf RIRs beim Treffen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers ([htttp://www.icann.org ICANN]) in Lissabon.

Seit Jahren sorgt die Frage "Wann werden die IP-Adressen knapp?" immer wieder zu kurzfristigen Panikattacken in der Öffentlichkeit, bei Providern und Regierungen sowie den IP-Registries. Nachhaltigen Eindruck oder einen konsequenten Einstieg in die neuen, im Überfluss vorhandenen IPv6-Adressen hat das bislang noch nicht mit sich gebracht. Während im vergangenen Quartal aber nur ein großer Block IPv6-Adressen von der IANA vergeben wurde, und der für technische Zwecke an die Internet Engineering Task Force, wurden seit dem Dezember sieben /8-Blöcke (nach CIDR-Terminologie) zugeteilt. Derzeit sind noch 48 /8-Blöcke zu haben.

Zwar gibt es nach Ansicht der RIRs eine ganze Reihe nicht genutzter Adressen. Die Rückgabe dieser häufig in Internet-Urzeiten großzügig vergebenen Adressresourcen ist aber bislang eher selten. Die Stanford University hat sich dem damit verbundenen Aufwand unterzogen und seinen Class-A-Block zurückgegeben. Damit verbunden ist eine neue IP-Adresszuteilung für das gesamte Netzwerk. Stanford bekam dafür zwei /16-Netze. Aktuell schickt man noch keine Trupps los, die solche ungenutzten Netze aufspürt, erklärte Plzak. Noch hält man die Reserven offenbar für komfortabel genug. Dass es nicht genutzten Adressraum gibt, zeigen laut Plzak allerdings erste Verkäufe von IP-Adressen auf eBay. Eine effektive Deadline für den Umstieg – beziehungsweise ein Ende der IPv4-Adressvergabe – ganz im Stil der von den Regierungen festgelegten Endes der analogen Rundfunkübertragung halte er selbst für nicht sinnvoll.

Dennoch richtete Plzak sich mit der Empfehlung an die Regierungen, Anreize für den Umstieg auf IPv6 zu schaffen, etwa durch Steuervorteile. Genau das hat die japanische Regierung gemacht. Die koreanische Regierung hat dies laut Aussagen von Beobachtern ebenfalls angekündigt. Die RIRs könnten vorerst IPv6 vor allem durch eine besonders liberale Adresspolitik unterstützen. Nach wie vor scheuen Anbieter den Umstieg wegen der Kosten für Umstellung und Dual-Stack-Lösungen, die noch für lange Zeit notwendig sein werden.

Zur Diskussion um die IPv4-Adressknappheit, den Umstieg auf IPv6 und Grundlagen, Spezifikationen sowie weitere Berichte zu IPv6 siehe:

(Monika Ermert) / (jk)