Provider bei der Vorratsdatenspeicherung zwischen allen StĂĽhlen

Einige kleinere Internetdienstleister haben angekündigt, auch 2009 trotz drohender Bußgelder Nutzerspuren nicht protokollieren zu wollen, während die Branchengrößen keine Handhabe gegen die Verpflichtung sehen.

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Einige kleinere Internetprovider haben angekündigt, auch 2009 trotz drohender Bußgelder der gesetzlichen Pflicht zur Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten nicht nachkommen zu wollen. Man werde der eigenen "klaren Linie der Nicht-Speicherung" auch im kommenden Jahr folgen, erklärte etwa der Internetdienstleister manitu aus St. Wendeln Anfang der Woche. Die Firma, die unter anderem DSL-Zugänge anbietet, sieht sich in ihrer Haltung durch einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlins gestärkt. Dieses hatte BT Deutschland im Oktober aufgrund der fehlenden staatlichen Kostenerstattung vom Speicherzwang vorerst befreit.

Manitu hat die Bundesnetzagentur als zuständige Aufsichtsbehörde aufgefordert, das Unternehmen ebenfalls von der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen zur verdachtsunabhängigen sechsmonatigen Protokollierung der Nutzerspuren zu befreien. Im Zweifelsfall will der Zugangsanbieter eine eigene einstweilige Verfügung gegen die gesetzlichen Bestimmungen beim Berliner Verwaltungsgericht erwirken. Er geht davon aus, dass dieser ohne Weiteres stattgegeben werde. Prinzipiell hofft der Provider als Teilnehmer an der Sammelklage gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht darauf, dass Karlsruhe die Pflicht für verfassungswidrig erklärt. Sollten die Richter anders entscheiden, hat manitu laut Geschäftsführer Manuel Schmitt einen "Plan B" in der Schublade, "der die Freiheit unserer Kunden für die Zukunft und dauerhaft sicherstellen wird".

Zuvor hatten bereits im Rahmen des internationalen Aktionstag "Freedom not Fear" 36 kleine Provider aus ganz Europa erklärt, die EU-weiten Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung boykottieren zu wollen. Zu den Unterzeichnern eines entsprechenden Manifests gehören unter anderem die Anbieter Espace4you, Nadir.org, Samizdat.net oder Systemausfall.org. Sie wollen damit verhindern, in "inoffizielle Polizeimitarbeiter" verwandelt zu werden.

Die Branchengrößen sehen dagegen derzeit trotz dem Berliner Gerichtsbeschluss keine echte Handhabe gegen die Speicherverpflichtung. "Die Situation von BT ist leider nur sehr bedingt mit der unsrigen zu vergleichen, da wir viele Millionen Endkunden haben", erklärte Andreas Maurer, Sprecher der 1&1 Internet AG, gegenüber heise online. Damit sei eine Unverhältnismäßigkeit der Speicherverpflichtung wesentlich schwieriger geltend zu machen als für Provider, die sich im Wesentlichen im Geschäftskundenbereich bewegen.

"Unsere Chancen vor dem Verwaltungsgericht Berlin wären daher auch als geringer einzustufen", fürchtet Maurer. Zu hoffen sei aber, dass der Gesetzgeber endlich die seit Langem angekündigte Neuordnung der Entschädigungsregelungen für die Übernahme staatlicher Aufgaben bei der Telekommunikationsüberwachung auf den Weg bringe. Derzeit bereite sich 1&1 aber weiterhin auf den Beginn der Vorratsdatenspeicherung zum 1. Januar vor und müsse dafür über eine Million Euro in die Hand nehmen. Prinzipiell ähnlich sieht Arcor die Angelegenheit. Der Anbieter will ebenfalls keine Klage vor dem Berliner Gericht anstrengen. Zu den Kosten für die Datenlagerung kann Arcor bislang keine Angaben machen. Die Deutsche Telekom hatte die 12 Millionen Euro teure Umsetzung der Gesetzespflichten bereits Ende August so gut wie abgeschlossen und hält ein verwaltungsrechtliches Verfahren auch nicht für aussichtsreich.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco bezeichnet die Situation für die Branche derzeit als "unhaltbar". Das Auslaufen der sanktionsfreien Zwischenphase am 1. Januar rücke immer näher. Gleichzeitig würden die technischen Spezifikationen der Bundesnetzagentur und des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (ETSI) für die Vorratsdatenspeicherung nach wie vor fehlen. Ein Provider, der sich jetzt für eine technische Lösung entscheide, riskiere, dass diese den noch ausstehenden Normen nicht entspreche und später teuer angepasst werden müsse. Wer weiter warte, könne die pünktliche Einhaltung der Gesetzesvorgaben nicht mehr garantieren. Angesichts der Unsicherheiten fordert der Verband unisono mit der FDP, die Speicherpflicht bei E-Mail, Netzzugang und VoIP beziehungsweise den Sanktionsstart aufzuschieben.

Siehe dazu auch:

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)