Renault Mégane E-Tech 160 Plug-in-Hybrid im Test: Komplex, aber auch sparsam?

Der PHEV im Mégane ist anders aufgebaut als das, was die Konkurrenz bietet. Ein Benziner, zwei E-Motoren und ein Multi-Mode-Getriebe – was hat der Kunde davon?

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Renault Mégane PHEV

Plug-in-Hybride in Kombis gibt es inzwischen einige. Doch Renault geht technisch einen anderen Weg als die Konkurrenz.

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 12 Min.
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Plug-in-Hybride stehen immer wieder heftig in der Kritik, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ein Vorwurf lautet, mit dem Anflanschen eines E-Motors machen sich die Hersteller konstruktiv einen schlanken Fuß, um vergleichsweise einfach von der absurden Verbrauchsermittlung für Plug-in-Hybride im WLTP zu profitieren.

Was auch immer man dem neuen Hybridantrieb mit Multi-Mode-Getriebe von Renault nachsagen mag, einfach gemacht haben sie es sich nun wirklich gar nicht. Verbaut wird es in Clio, Captur und Mégane. In letzteren ist der Hybridantrieb mit einer externen Lademöglichkeit versehen. Eine technisch spannende Kombination also, die wir im Mégane ausprobieren konnten.

Vom Aufbau her macht Renault so gut wie alles anders als die Konkurrenz. Verbaut sind im Mégane PHEV zwei E-Motoren. Der kleinere leistet 25 kW und ist vor allem für die Synchronisierung der Gänge verantwortlich, denn das Multi-Mode-Getriebe kommt ohne Kupplungen aus. Es bietet für den größeren E-Motor, der 49 kW leistet, zwei Übersetzungen, für den Verbrenner vier. Anders als Toyota kann Renault den Hybridantrieb seriell und parallel fahren, im Idealfall nutzt dieser Zusammenschluss aus einem Getriebe, einem Verbrenner, einer Batterie und zwei Elektromotoren also die eingesetzte Energie geschickter als andere Hybride. Mein Kollege Gernot hat den Antrieb in diesem Artikel ausführlich vorgestellt:

Es ist fraglos technisch spannend und auch mutig, was sich Renault mit diesem Plug-in-Hybrid getraut hat. In der Theorie ergänzen sich Verbrenner und E-Motor. Gerade der Benziner kann so öfter als gewöhnlich im Bereich seines besten Wirkungsgrades laufen. Leider setzt Renault, wie auch Kia im Xceed PHEV, keinen modernen, kleinen Ottomotor ein, der für sich betrachtet sparsam wäre, sondern einen eher simplen Vertreter. Der 1,6-Liter-Saugmotor mit vier Zylindern verzichtet auf Möglichkeiten wie den Atkinson-Zyklus, warum, bleibt einigermaßen unverständlich. Denn so vergeben die Franzosen eine preiswerte Chance, ihn effizienter zu betreiben.

In der Praxis stellt sich schnell das Gefühl ein, dass dem komplexen Zusammenschluss noch etwas Feinschliff guttäte. Der nette Überführer drückte es so aus: "Typisch Hybrid, der dreht ständig so hoch". Sein Gefühl war richtiger als die Beschreibung. Mit nur vier Gängen sind die Drehzahlunterschiede des Verbrennungsmotors zwangsläufig groß, und das ist sowohl akustisch wie auch im Vortrieb deutlich zu spüren. Die Idee, die Synchronisierung dem kleineren E-Motor zu überlassen, während der große die Beschleunigung glättet, ist fraglos eine raffinierte, hier aber nicht überzeugend umgesetzt. Schon bei gemächlicher Fahrt irritieren die fühlbaren Löcher beim Tempozuwachs, dazu kommt es vor, dass die Steuerung den Verbrenner gern plötzlich in einem anderen Drehzahlbereich hätte. Es fällt schwer, einen harmonischen Fluss hinzubekommen.

Das Bild wandelt sich auf der Autobahn nochmals, leider nicht zum Guten. Es soll Menschen geben, die sich einen Hybrid kaufen und dabei vor allem die Systemleistung im Blick haben. 116 kW (158 PS) nennt Renault, für ein Auto dieser Größe also überdurchschnittlich viel. In der Stadt im seriellen Modus geht es erstaunlich flott voran, außerhalb der Stadtgrenzen verliert die Angelegenheit schon etwas Schwung. Spätestens auf der Autobahn ist der Fahreindruck mit knapp 160 PS nicht mehr zu vereinen. Renault verspricht schon nur 183 km/h. Mit etwas Anlauf erreichte der Testwagen laut Tacho 175 km/h, die GPS-Messung ergab 171 km/h. Schon nach wenigen Momenten ging es aber wieder rückwärts, im Display erschien die Meldung "reduzierte Leistung" – zusammen mit einer Schnecke.

Renault Mégane E-Tech Plug-in 160 (8 Bilder)

Formal gelungen? Ich finde schon, was auch daran liegt, dass der aktuelle Mégane ...

Das verwundert nicht, denn für solche Tempobolzereien muss der elektrische Anteil des Antriebsstrangs voll mit ran. Das kann er natürlich nur, solange die Batterie ausreichend geladen ist. Wer auf der Autobahn ständig dieses Tempo anschlagen möchte, hat den Speicher ratzfatz leergesaugt. Der Plug-in-Hybrid ist also, trotz seiner hohen Systemleistung, nicht dafür gemacht, besonders dynamisch durch die Gegend zu rollen. Mit 1678 kg wiegt der Plug-in-Hybrid leer 253 kg mehr als der Mégane Benziner mit 117 kW. Allein die Batterie bringt 103 kg auf die Waage. Nur zur groben Einordnung: Der Mégane PHEV ist schwerer als ein Audi A8-Basismodell vor 20 Jahren.

Nun gut, wird mancher argumentieren, die 116 kW sind eben gewissermaßen ein Abfallprodukt des trickreichen Zusammenschlusses. Die eigentlichen Vorzüge sollte ein Plug-in-Hybrid ja nicht bei rasanter Fahrweise offenbaren, sondern in einem möglichst mäßigen Kraftstoffkonsum. Doch so richtig glänzend schlug sich der Antrieb auch in diesem Bereich nicht. Minimal zeigte der Bordcomputer 5,2 Liter an, was der Wahrheit beim Tanken recht nahe kam – dort waren es 5,4 Liter bei gemächlichem Tempo über Landstraßen. Doch schon, wer nicht bewusst darauf achtet, landet meist oberhalb von 6, auf der Autobahn sind 7 Liter schnell erfahren, ohne zu rasen. Während des Tests herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt, was dazu beigetragen haben mag.

Insgesamt hat mich der konstruktiv spannende Antrieb etwas ratlos zurückgelassen. Wer möglichst wenig Benzin verbrauchen will, macht eher einen Termin beim Toyota-Händler, wer flott durch die Gegend wetzen muss oder will, findet zahlreiche Alternativen, die das besser können als der nominell kräftige Mégane PHEV.