Test: Ford Ranger Wildtrak

Seite 2: All-Terrain-Reifen an Starrachse

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Die Starrachse hinten trampelt über Fugen nach, Starrachsenfahrer kennen es. Es stört nicht, es stimmt allerdings in Sachen Fahrwerk auch nicht, was mir ein lieber Kollege sagte: "Der Wildtrak ist der bessere Raptor.". Der Raptor hat ein selbst auf Asphalt wirklich beeindruckendes semiaktives Fahrwerk. Der Wildtrak hat einfach nur ein komfortabel abgestimmtes NFZ-Fahrwerk. Mir taugt es. Wer PKW-Fahrverhalten erwartet, wird mit Pickups jedoch schlicht nicht glücklich werden. Etwas mehr PKW-artiger fährt der VW Amarok, vielleicht eine Alternative. VW bietet außerdem einen V6-Motor an.

Ford montierte den BF Goodrich All-Terrain KO2 als Bereifung des Testwagens. Dieser Reifen harmoniert sehr gut mit dem Ranger und erfreut sich wahrscheinlich auch deshalb hoher Beliebtheit unter Ranger-Fahrern. Auf Asphalt rollt er leise ab und macht selbst die 180 km/h Topspeed ohne Herumschwimmen mit. Er findet gut Traktion auf vielen losen Untergründen und überträgt auf Pisten aus Pressschnee (z. B. Nordskandinavien) noch erstaunlich viel Drehmoment. Eine schlechte Figur macht er dagegen bei Nässe auf Asphalt, Sommer wie Winter. Da man die meisten Kilometer auf Asphalt zurücklegt, würde ich mir gut überlegen, was mir ein All-Terrain-Reifen wirklich bringt im Vergleich zu einem Ganzjahres-Straßenreifen aus dem SUV-Regal mit guter Nasshaftung.

Ford Ranger Details (26 Bilder)

Schönes Kontrast-Anthrazit in der Wildtrak-Ausstattung am Pritschenbogen und den Außenspiegeln.
(Bild: Clemens Gleich)

In meiner Gegend lohnt sich so ein Reifen nicht. Die Böden hier in Tauberfranken sind lehmig, im Winter häufig über Tage und Wochen gesättigt mit Wasser, glitschig wie Eis. Ein AT-Reifen setzt sich mit diesem Baatz sofort zu. Der Goodrich wirft erst ab etwa 25 km/h relevant Lehm wieder aus. Unter dem Lehm liegen Muschelkalkbrocken, auf denen man mit Straßenreifen aufgrund der Mikrohaftung Traktion finden kann. Stellen, an die der routinierte Matschfahrer mit dem AT-Goodrich hinkommt und mit einem Straßenreifen nicht, gibt es bei mir wenige. Auf anderem Boden wird das anders aussehen.

Ich meine: Manche Wege hier kannst du hier selbst mit dem Traktor im typisch nassen Winter kaum noch befahren, sondern musst auf die seltenen Fröste warten. Schon auf Eifel-Böden sah es anders aus. Weiterer Entscheidungs-Punkt: Der Goodrich, sind wir einmal ehrlich, wird vielen Leuten einfach aufgrund der Optik gefallen. Dann eben bei Nässe sehr piano machen.

Ein Einsatzgebiet hat Kollege Florian Pillau noch in Erinnnerung gerufen: Wer den Ranger kauft, weil er damit häufiger zum Spaß Geländefahrten machen will, für den könnte ein Asphalt-unauffälliger AT-Reifen wie der Goodrich ein guter, günstiger Kompromiss sein. Ein zweiter Satz Geländeräder ist teuer, und auf jedes Mal umstecken für Kiesgrubensport hätte ich wenig Lust.

Trotz seines modernen Aussehens: Der Ranger ist eher grobes Gerät. Solange das Öl kalt ist, haut die Zehngang-Automatik (getestet im Raptor) ihre Gänge rein wie mein Opa auf dem Lanz: mit viel Spiel und so viel Wucht, dass man sie fast schon "Gewalt" nennen muss. Irgendwas Feinfühliges in Geländeuntersetzung damit tun: eher nicht. Gang halten, auf wärmeres Öl warten. Manche Tester beschwerten sich darüber, dass die Automatik ihnen zu viel schalte. Ich kann das nachvollziehen, diese Kritik teilt sich das Getriebe dann aber mit den meisten Automatiken ab sagen wir: acht Gänge aufwärts. Mir war das Geschalte egal. Der Wildtrak kam mit der Sechsgang-Seilzug-Handschaltung. Die funktionierte unauffällig gut.

Wovon man sich beim Ranger verabschieden muss, sind Ansprüche an automatische Allradantriebe, wie sie bei Straßenautos verbreitet sind. Der Ranger öffnet und schließt keine Differenziale automatisch. Du musst das selber tun. Vierrad-Antrieb ("4H" für "high" oder "4L" für "low") heißt: Mittendifferenzial geschlossen. Das Auto versteift sich auf Kurvenfahrt dabei auf Asphalt so deutlich, dass es den Fahrer schnell daran erinnert, wieder auf Hinterachsantrieb zu schalten ("2H"). Zusätzlich sperrt ein Tastendruck bei Bedarf das hintere Achsdifferenzial.

Mir taugte diese einfache Konfiguration sehr gut, weil sie so robust ist. Automatiken verfallen bei gröberer Behandlung gern in Verzweiflung, weil sie wahrscheinlich nicht für die ausgelegt sind. Beim Ranger dagegen bringt dich das brutalistisch reduzierte Rezept "4L, Hinterachse sperren, 2. Gang Vollgas" erstaunlich weit, ohne dass wie bei Allradautomatikautos irgendwann das Dashboard leuchtet wie ein Christbaum und einen Neustart verlangt. Gerade Spaßgeländefahrer suchen doch genau diese Art von Kontrolle darüber, was sie mit dem Antrieb tun wollen.

Der Wildtrak hat hinten Blattfedern. Er lädt damit offiziell eine Tonne. Eine Blattfederung lässt sich jedoch viel einfacher und sicherer überladen als Schraubenfedern, die dann ständig auf ihre Puffer durchschlagen. Der Raptor muss auf seinen (wie gesagt exzellent arbeitenden) Schraubenfedern hinten mit 550 kg Nutzlast auskommen und mit 2,5 Tonnen Anhängelast.