Reiseenduro Ducati Multistrada V2: Neue Leichtigkeit
Ducati überarbeitet sein Volumenmodell Multistrada V2. Die gehobene Mittelklasse-Reiseenduro verliert einiges an Gewicht und die markentypische Desmodromik.
(Bild: Ducati)
- Ingo Gach
Ducati legt seine beliebte Reiseenduro Multistrada V2 komplett neu auf. Traditionelle Ducati-Fans müssen jetzt sehr stark sein, sie hat keine Desmodromik und keinen Gitterrohrrahmen mehr. Zwei Features, die lange als Markenzeichen der Marke aus Bologna galten. Es kommt sogar noch schlimmer, die Neue hat weniger Hubraum als ihre Vorgängerin. Zur Beruhigung von eventuell nun blank liegenden Nerven: Die neue Multistrada V2 hat immerhin zwei PS mehr Leistung.
Vollkommen neu entwickelt
Auch wenn sie gänzlich neu gezeichnet ist, bleibt sich die Multistrada V2 optisch treu. Vorn ragt sie weiterhin hoch auf, zeigt ihren "Entenschnabel" mit den Lufteinlässen zur Airbox an der Front, wirkt hochbeinig und integriert den Fahrer auf dem tiefen Sitzkissen in das Motorrad. Die Körperhaltung ist aufgrund der breiten und hoch gekröpften Lenkstange aufrecht, Hüft- und Kniewinkel entspannt. Die Abdeckungen aus Kunststoff sind neu geformt und obwohl der Tank nun mit 19 Litern einen Liter weniger bunkert, wirkt er bulliger, hauptsächlich deshalb, weil die Sitzbank nicht mehr auf den Tank hochgezogen ist.
Das Heck ist weiterhin sehr knapp gestaltet, kann aber zwei Koffer aufnehmen, schließlich wendet sich die Multistrada V2 an die Reisefraktion. Ducati versuchte, ihre Ausmaße für eine Reiseenduro kompakt zu halten. Die Sitzhöhe variiert unbeladen zwischen 830 und 850 mm, je nach eingerasteter Stufe der zwar hinten breiten, aber vorn schmal zulaufenden Sitzbank.
Neuer Monocoque-Rahmen
Ganz neu an der Multistrada V2 ist der Monocoque-Rahmen aus Aluminium, er trägt maßgeblich zur Gewichtsreduzierung bei. Ducati redet von 18 kg weniger als bei der Vorgängerin und gibt ein Trockengewicht von 199 kg an. Mit vollem Tank und allen Flüssigkeiten dürfte Multistrada V2 bei knapp unter 220 kg liegen. Auch das Heck – hier besteht die Gitterrohrstruktur wie bisher aus Stahl – ist schlanker und leichter bei der 2025er-Ausgabe. Die Zweiarmschwinge aus Aluminium haben die Entwickler neu gezeichnet und – man ahnt es schon – Gewicht gespart.
Ducati Multistrada V2 I (8 Bilder)

Ducati
)Motor um 5,8 kg leichter
Das Gleiche gilt für den V2-Motor, den Ducati wegen seines 90-Grad-Zylinderwinkels als L2-Motor bezeichnet: Er ist um 5,8 kg leichter. Die Motorauslegung wurde noch kurzhubiger, statt 67,5 mm Hub bei 94 mm Bohrung hat die neue Multistrada V2 nun 61,5 mm Hub bei 96 mm Bohrung. Mit 890 cm3 Hubraum ist das Aggregat zwar um 47 cm3 kleiner, generiert aber 115 statt 113 PS. Dafür muss es aber auch höher drehen: Die Höchstleistung liegt erst bei 10.750 statt schon bei 9000/min an.
Ducati betont, dass jetzt ab 3500 Touren 70 Prozent des maximalen Drehmoments anliegen, das in 92 Nm bei 8250/min gipfelt. Auch da hatte die Vorgängerin mehr zu bieten: Sie kam auf 94 Nm schon bei 6750 Touren. Allerdings dürften die Unterschiede durch das niedrigere Gewicht wieder kaschiert werden. Erstmals eingesetzt wurde die derart überarbeitete Maschine mit einem Hauch höherer Leistung in der Ducati Panigale V2.
Variable Einlassventilsteuerung
Der aufwendigen und entsprechend teuren Desmodromik haben die Entwickler "ciao" gesagt und setzen auf konventionelle, dafür aber günstigere und wartungsärmere Ventilsteuerung mit Federn, aber immerhin variabler Einlassventilsteuerung. Über ein Zwischenrad wird die Nockenwelle von der Kurbelwelle per Kette angetrieben, das spart Baubreite. Die Marke verkündet ein sanfteres Ansprechverhalten bei niedrigen Drehzahlen, tatsächlich läuft der noch aktuelle Motor hier recht ruppig. Erfreulicherweise hat Ducati von seinen früheren Gepflogenheiten Abstand genommen und das Standgeräusch wenigstens auf 95 dB(A) begrenzt.
Alternativ mit semi-aktivem Fahrwerk
Die Multistrada V2 zeichnete sich schon immer als leichtfüßige Tänzerin in Kurven aller Art aus. Der Radstand ist zwar mit 1575 mm klassentypisch lang, aber der Lenkkopfwinkel mit 65,7 Grad steil und der Nachlauf liegt mit 105 mm im Durchschnitt. Das Fahrwerk weist vorn wie hinten 170 mm Federweg auf und ist voll einstellbar. Ducati bietet mit der Multistrada V2 S auch eine Variante mit semi-aktivem Fahrwerk an, bei der die Druck- und Zugstufendämpfung der Gabel und das Federbein voll elektronisch arbeiten. Dafür muss sie aber auch drei Kilogramm mehr Gewicht in Kauf nehmen.
Ducati Multistrada V2 II (5 Bilder)

Ducati
)Waagerecht liegendes Federbein
Auffallend ist das fast waagerecht liegende Federbein, das sich direkt an der neuen Zweiarmschwinge abstützt. Ducati setzt auf Gussfelgen und somit bewusst auf mehr Straßen-, denn Offroad-Einsatz. Im Gelände hat die Multistrada V2 aber auch nichts verloren, wie auch ihre Pirelli-Scorpion-Trail-II-Reifen klarstellen. Dennoch wählt Ducati vorn die Dimension 120/70-19 statt eines handlicheren 17-Zöllers. Hinten ist ein 170/60-17-Pneu aufgezogen, erfreulicherweise verzichten die Entwickler hier auf einen 180er-Reifen, der die Handlichkeit verschlechtern würde. Am Vorderrad beißen zwei radial montierte Vierkolben-Bremszangen von Brembo auf 320 mm große, halbschwimmend gelagerte Bremsscheiben, hinten verzögert eine Zweikolben-Bremse mittels einer 265-mm-Bremsscheibe.
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Reichhaltige Serienausstattung
Die Serienausstattung kann sich sehen lassen: Der Windschild ist manuell höhenverstellbar, ein Quickshifter ermöglicht das Schalten, ohne die Kupplung ziehen zu müssen, LEDs erhellen den Doppelscheinwerfer, das Rücklicht und die Blinker, letztere verfügen zudem über eine automatische Rückstellung. Eine Coming-Home-Funktion ist ebenso vorhanden wie ein Tempomat und eine USB-Steckdose. Fünf Fahrmodi – Wet, Urban, Touring, Sport und Enduro – halten die passenden Kennfelder für jeden Einsatzzweck parat und können über ein fünf Zoll messendes TFT-Display eingestellt werden. Die Motorleistung lässt sich auch individuell wählen, ebenso wie das Kurven-ABS und die Schlupfregelung, die Wheelie- und die Motorbremsmoment-Kontrolle.
Nicht günstig
Ducati weist ausdrücklich darauf hin, dass das Ventilspiel nur alle 30.000 km kontrolliert werden muss. Ducatisti können ein Lied davon singen, wie hoch die Kosten beim regelmäßigen Überprüfen der Desmodromik waren. Wo wir gerade beim Geld sind: Ducati hält an seiner Hochpreis-Strategie fest und fordert 15.990 Euro Listenpreis für die neue Multistrada V2, bisher waren es 15.290 Euro. Das ist insofern erstaunlich, als der Motor ohne die aufwendige Desmodromik in der Herstellung merklich billiger sein dürfte.
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Damit liegt die neue Multistrada V2 deutlich über den Preisen der Konkurrenz. Die neue Triumph Tiger Sport 800 gibt es bei identischer Höchstleistung von 115 PS schon für 11.795 Euro, die BMW F 900 XR mit 105 PS für 12.300 Euro. Die Multistrada V2 S mit semi-aktivem Fahrwerk startet erst bei 18.490 Euro und kommt damit dem Mega-Bestseller BMW R 1300 GS (145 PS) für 19.990 Euro schon bedenklich nah. Das interessiert den Ducati-Fan allerdings nicht, er will ein Motorrad aus Bologna haben und ist gerne bereit, dafür mehr Geld auszugeben.