Urteil im Eilverfahren: X muss Forschern Datenzugang zur Bundestagswahl gewähren
Das Landgericht Berlin hat die Plattform X dazu verdonnert, der Organisation DRI bis nach der Bundestagswahl Zugriff auf öffentliche Daten zu geben.
Bundestagswahl 2025: Ob es auf der Plattform X zu Beeinflussung kommt, wollen Forscher untersuchen. Vor Gericht haben sie erreicht, dass die für die Forschung nötigen Daten herausgegeben werden.
(Bild: roibu/Shutterstock.com)
Juristischer Erfolg für die zivilgesellschaftliche Organisation "Democracy Reporting International" (DRI): Im Eilverfahren hat das Landgericht Berlin die Plattform X dazu verurteilt, der Organisation bis kurz nach der Bundestagswahl einen unbeschränkten Zugang zu allen öffentlich verfügbaren Daten von X zu gewähren. Experten von DRI wollen damit erforschen, ob es im sozialen Netzwerk zu Wahlbeeinflussung im Vorfeld des Urnengangs am 23. Februar kommt. Die Klage stützt sich auf den Digital Services Act (DSA).
Das Landgericht hat die Entscheidung laut der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), welche die erst am Montag eingereichte Klage unterstützte, damit begründet, dass ein weiteres Abwarten das Forschungsprojekt vereiteln würde. Denn dafür sei die Zeit unmittelbar vor der Bundestagswahl entscheidend. X hatte sich geweigert, DRI öffentlich zugängliche Daten wie die Reichweite oder die Anzahl an Likes und Shares von Posts herauszugeben.
Im Verfahren ging es vor allem um den Anspruch auf Forschungsdatenzugang aus Artikel 40 DSA. Dieser verpflichtet sehr große Plattformen dazu, Forschern unverzüglich etwa über eine Online-Schnittstelle (API) Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten ihrer Plattform zu gewähren, um systemische Risiken untersuchen zu können. Die Betreiber sollen dazu einschlägige Informationen etwa zum Training von Algorithmen mit Behörden, Forschern und zivilgesellschaftlichen Organisationen teilen, damit diese ihre Arbeitsweise überprüfen und Angaben zu einem Lagebild beisteuern können.
"Starkes Zeichen fĂĽr den Grundrechtsschutz"
Die EU-Kommission forderte von 17 sehr großen Online-Plattformen und Suchmaschinen bereits voriges Jahr eine Erklärung, wie sie berechtigten Forschern den entsprechenden Zugriff ermöglichen. Das förmliche Auskunftsersuchen richtete die Brüsseler Regierungsinstitution etwa an AliExpress, Amazon, Apples AppStore, Bing, Booking.com, Facebook, Google, Instagram, LinkedIn, Pinterest, Snapchat, TikTok, YouTube und Zalando. Keine Mahnschreiben gingen an die prinzipiell auch erfassten Plattformen Wikipedia und X. Gegen das vormalige Twitter leitete die Kommission Ende 2023 bereits ein Verletzungsverfahren ein – unter anderem wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Vorgaben für den Datenzugang für Forscher.
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Mit der Klage sieht die GFF nun offene Rechtsfragen rund um die gerichtlichen Durchsetzbarkeit dieser Klausel in Deutschland geklärt. Simone Ruf, stellvertretende Leiterin des Center for User Rights der GFF, bezeichnete die Entscheidung als riesigen Fortschritt für die Forschungsfreiheit "und unsere Demokratie". Das Gericht setze ein "starkes Zeichen für den Schutz unserer Grundrechte im digitalen Zeitalter". Michael Meyer-Resende, Geschäftsführer von DRI, ergänzte: "Der digitale Raum ist keine rechtsfreie Zone und ich vertraue darauf, dass X uns schnell Zugang zu seinen Daten gewähren wird. Wir untersuchen solche Debatten unvoreingenommen, um Transparenz in das zu bringen, was auf solchen Plattformen geschieht."
(jam)