Führerschein: Fast die Hälfte der Fahrschüler fällt durch
Immer mehr Menschen wollen einen Führerschein, vermeldet der TÜV. Doch rund die Hälfte der Fahrschüler besteht die Prüfung im ersten Versuch nicht.
(Bild: Mercedes)
- Martin Franz
- mit Material der dpa
Die erste Fahrerlaubnis in Deutschland wurde vor 137 Jahren ausgestellt. Inhaber dieses Dokuments war Carl Benz. Seitdem hat sich eine Menge verändert. Das Auto ist ein wesentlicher Verkehrsbestandteil geworden. Der für das eigene Fahren nötige Führerschein wird seit Jahren allerdings immer teurer. Dazu trägt auch bei, dass immer mehr Fahrschüler im ersten Anlauf scheitern. Inzwischen muss fast jeder Zweite zu einer Nachprüfung, wie aus Daten des TÜV-Verbands hervorgeht, die der dpa vorliegen. Mit rund 45 Prozent der Fahrschüler, die im ersten Versuch durchfielen, lag der Wert im vergangenen Jahr auf demselben hohen Niveau wie 2023 (46 Prozent).
Den unrühmlichen Spitzenplatz der Bundesländer teilen sich Berlin und Sachsen-Anhalt. Hier war jede zweite Theorieprüfung fürs Auto nicht erfolgreich. Dabei verbesserte sich die Bundeshauptstadt bei der Quote immerhin von 52 auf 50 Prozent. Die bundesweit 1,59 Millionen Theorieprüfungen in den Klassen B und B17 (Führerschein mit 17) waren dem TÜV-Verband zufolge so viele wie nie. Die Quote derjenigen, die im ersten Versuch scheitern, ist in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. 2015 lag sie noch bei 35 Prozent.
2024 erstmals mehr als zwei Millionen Prüfungen
Die Auto-Führerscheine machen bundesweit mit 79 Prozent der theoretischen und 72 Prozent der praktischen Prüfungen den Großteil der Prüfungen aus. Auch über alle Führerschein-Klassen hinweg gab es 2024 einen Spitzenwert von erstmals mehr als zwei Millionen Theorieprüfungen – ein leichtes Plus von 1,7 Prozent. Hier rasselten 41 Prozent (2023: 42) durch den Test. "Die aktuelle Statistik zeigt, dass auch mehrfaches Scheitern keine Seltenheit ist", teilte der TÜV-Verband mit. Zwei von fünf Theorieprüfungen fürs Auto waren im vergangenen Jahr ein Wiederholungsversuch. "Jeder gescheiterte Versuch steigert die mentale Belastung der Betroffenen und führt zu weiteren Kosten", sagte Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband. Immerhin: Nach dem dritten Versuch haben demnach 91 Prozent der Bewerber die Theorieprüfung, nach dem vierten sind es 96 Prozent bestanden.
Dass ein Scheitern teuer ist, zeigt ein Blick auf die zuletzt deutlich gestiegenen Kosten für einen Führerschein. Pauschale Preise gibt es zwar wegen des unterschiedlichen Schulungsaufwands nicht und die Fahrschulen können die Preise für Fahrstunden oder Unterricht selbst festlegen. Dem ADAC zufolge kostete ein Auto-Führerschein zuletzt aber zwischen 2500 und 4400 Euro. Die Preise stiegen zuletzt deutlich schneller als die allgemeine Inflation. Die größte Differenz gab es im Corona-Jahr 2021, als der Führerschein um 9,6 Prozent kostspieliger wurde, bei einer allgemeinen Preissteigerung von 3,1 Prozent, wie aus Daten des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Der TÜV-Verband fordert unter anderem elektronische Lernstandskontrollen in den Fahrschulen, um die Quote der Fahrschüler zu reduzieren, die eine weitere Prüfung benötigen. So könne man sicherstellen, dass Fahrschüler erst dann eine Prüfung antreten, "wenn sie nachweislich ausreichend vorbereitet sind", sagte Goebel.
Praktische Prüfung klappt besser
An der praktischen Prüfung scheitern deutlich weniger Fahrschüler. In der Klasse B waren es wie in den Vorjahren 37 Prozent der Fahrschüler. Über alle Klassen hinweg lag die Quote bei knapp 1,8 Millionen Fahrprüfungen bei 41 Prozent (2023: 42 Prozent). Unter 18-Jährige schneiden sowohl bei der theoretischen als auch bei der praktischen Prüfung deutlich besser ab. In der Theorie für den Pkw rasselten 36 Prozent durch. Das sind 9 Punkte weniger als im Durchschnitt. An der praktischen Prüfung scheiterte nur knapp jeder Vierte (24 Prozent). Dem TÜV-Verband zufolge ist dies ein klares Argument für das begleitete Fahren ab 17 Jahren. Unter den 18-24-Jährigen ist die Quote dagegen so hoch wie in keiner anderen Altersgruppe. Hier fällt mehr als jeder zweite (52 Prozent) durch die Theorieprüfung fürs Auto.
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Betrugsversuche nehmen zu
Um nicht durch die theoretische Prüfung zu fallen, greifen immer mehr Fahrschüler auch auf unerlaubte Mittel zurück. So nehme die Zahl der Täuschungsversuche deutlich zu, teilte der TÜV-Verband mit. Im vergangenen Jahr seien fast 4200 unerlaubte Tricks registriert worden. Das waren zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Es wird tausendfach getrickst. "Ergaunern sich die Fahrschüler ihren Prüfungserfolg und verfügen nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Straßenverkehr, birgt das ein erhebliches Risiko für die Sicherheit anderer", sagt Goebelt. Häufig werden Hilfsmittel wie Spickzettel oder unerlaubte Technik, etwa Kopfhörer, eingesetzt. In jedem vierten Fall gibt sich jemand anderes als der eigentliche Prüfling aus, um für ihn die Prüfung abzulegen.
Dem Verband zufolge ist es besonders alarmierend, dass 58 Prozent der Täuschenden professionell agieren. Mit Ausnahme der strafrechtlich relevanten Stellvertreter-Täuschung werde Betrug jedoch weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit geahndet. Goebelt fordert, dass die Fahrerlaubnisbehörden den rechtlichen Rahmen konsequent ausschöpfen sollten.
(mfz)