Unterschätzte Dreier: Der 325 tds im E36 – der einst schnellste Diesel

Aus der dritten Generation kommt einer der wohl entspanntesten und gleichzeitig damals schnellsten Langstrecken-Dreier: Der 325 tds mit Sechszylinderdiesel

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BMW 325tds E36

Der dritte Dreier kam 1990 auf den Markt. Ab 1993 gab es ihn auch als 325tds.

(Bild: BMW)

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BMWs Dreier wird in diesem Jahr 50 und ist damit fast die älteste Baureihe der Marke. Sie drückt den Kern der Marke wohl noch immer am besten aus. Für eine Artikelreihe haben wir uns aus verschiedenen Generationen jene Modelle herausgesucht, die heute etwas unter dem Radar laufen, wenn man vor dem Kauf eines gebrauchten Dreiers steht.

Haben Sie sich heute schon alt gefühlt? Falls nein: Die meisten Dreier der dritten Generation (intern E36, gebaut zwischen 1990 und 2000) können inzwischen als Oldtimer zugelassen werden. Das Design, bei der Premiere im Herbst 1990 heftig umstritten, erscheint zeitlos und ist in Würde gealtert, ohne heute skurril zu erscheinen. Die Diesel spielten in den Verkaufszahlen noch lange nicht die später so überwältigende Rolle. Erst sehr zart deutet sich Anfang der 1990er-Jahre der Diesel-Boom an. Fiat und Audi hatten schon Direkteinspritzer anzubieten, der wahre Durchbruch bei den Verkaufszahlen nahm erst ab 1993 mit dem ersten VW Golf TDI seinen Anfang.

Im selben Jahr nahm BMW den 2,5-Liter-Reihensechszylinder-Diesel mit Ladeluftkühler und ein paar dezenten Veränderungen an der Maschine ins Dreier-Programm, die aus dem 325 td den 325 tds machten. Ein Auszug aus dem E36-Prospekt zeigt, wie lang das her sein muss: "Zudem entstehen durch die hohe Luftausnutzung außergewöhnlich raucharme Abgase." Werbung, wie sie heute, zehn Jahre nach der Aufdeckung des Abgasbetrugs von Volkswagen, unvorstellbar wäre.

Der 325 tds brachte, noch mehr als der 325 td mit 85 kW, dem dritten Dreier ein paar ungewöhnliche Eigenschaften ein. Mit 105 kW war er seiner Zeit einer der schnellsten Diesel auf dem Markt. Im internen Vergleich warf er 260 Nm Drehmoment bei nur 2200/min in den Ring, was mehr war, als ein 325i zu bieten hatte, der damals diesseits des M3 die Spitze darstellte. Während die Sechszylinder-Benziner stets ein gehobenes Drehzahlniveau benötigten, um ihr typisches Flair zu entfalten, zog der 325 tds locker schon bei niedrigen Touren satt durch. Ein 320i will mit hohen Drehzahlen bei Laune gehalten werden, wenn es BMW-typisch vorangehen soll. Ein 325 tds scheint dagegen gelassen seine Leistung aus dem Ärmel zu schütteln, sofern man sich zwischen etwa 1700 und 3500/min aufhält. Darunter und darüber geht nicht viel. Die Schmauchzone war also nicht riesig. Doch der stärkste Diesel ist mit seiner bulligen Charakteristik zusammen mit dem 325 td der einzige Dreier aus dieser Zeit, bei dem ich ein Automatikgetriebe auch nur entfernt in Betracht ziehen würde.

Den 2,5-Liter-Sechszylinder mit Ladeluftkühler gab es zuvor schon im 5er. Schon dort war er für hervorragende Fahrleistungen gut. Im leichteren Dreier kann er sich natürlich nochmals besser in Szene setzen.

(Bild: BMW)

Seine Laufkultur war um Welten geschmeidiger als die der ersten TDI. Ein Wirbelkammerdiesel baut seinen Verbrennungsdruck im Vergleich mit einem Direkteinspritzer weniger abrupt auf. Es brauchte viele Jahre Entwicklungsarbeit, bis die ohne Umwege in den Brennraum einspritzenden Selbstzünder auch nur in die Nähe dieser Laufkultur kamen. Der Sound des 325 tds hat etwas Beruhigendes an sich. In zeitgenössischen Tests ist immer wieder zu lesen, der Sechszylinder sei nach kurzer Warmlaufphase kaum von einem Benziner zu unterscheiden. Die Kehrseite eines Wirbelkammer-Diesels ist: Ein 325 tds unterbietet einen nominell ähnlich kräftigen 320i im Verbrauch selbstverständlich, aber eben nicht dramatisch. Mit sieben bis acht Litern Diesel ist in der Regel wenigstens zu rechnen. Dafür sprintet der 325 tds in nur etwas mehr als zehn Sekunden auf Tempo 100 und erreicht deutlich mehr als 200 km/h in der Spitze.

Das Heck zeigte auch der Sechszylinder-Diesel vielen Konkurrenten der Mittelklasse. Nur etwas mehr als 10 Sekunden für die Beschleunigung auf Tempo 100 km/h und deutlich mehr als 200 km/h in der Spitze, das waren 1993 respektable Werte - zumal für einen Diesel.

(Bild: BMW)

Nach anfänglichen Qualitätsproblemen reifte der dritte Dreier zu einem sehr soliden Auto. Frei von Schwächen ist er natürlich keineswegs. Rost macht sich hauptsächlich im Verborgenen breit, darunter hinter den mit Kunststoffkäppchen verkleideten Wagenheber-Aufnahmen. BMW hat gerade in den späten Baujahren ordentlich vorgesorgt, doch Türkanten, Radläufe und das Blech um die Griffleiste am Kofferraum sind typische Stellen, an denen viele E36 rosten.

Der Sechszylinderdiesel des 325tds war ein so großer Wurf, dass er über die gesamten BMW-Reihen ausgerollt wurde. Das Foto zeigt einen 725tds, auch hier wirkte der Motor keineswegs überfordert.

(Bild: BMW)

Anfällig sind die Stellmotoren für die Zentralverriegelung – ein Tausch ist besonders hinten etwas fummelig. Das Bedienteil der Klimaautomatik geht häufiger kaputt. Kaufen Sie bloß kein neues, sondern lassen Sie das vorhandene bei Fachleuten reparieren. Erst im letzten Moment scheint jemand während der E36-Entwicklung auf die Idee gekommen zu sein, der Belüftungsanlage einen Microfilter zu spendieren. Der ist im Innenraum an der Spritzwand verbaut, für einen Tausch muss das Handschuhfach samt dem Gekröse dahinter raus. Zeitvorgabe für den kompletten Tausch waren damals vier Arbeitswerte, also 20 Minuten – das schafften nur die Spitzenleute.

Auf diesem Bild sind zahlreiche Extras versteckt: beheizbare Sportsitze, der große Bordcomputer, Fensterheber auch hinten, Tempomat, das einfache Kassettenradio "Reverse RDS" und das Hifi-Soundsystem. Es fehlen unter anderem die im E36 so wichtige Klimaanlage und Leder an Lenkrad und Schaltknauf.

(Bild: BMW)

Ein Klassiker sind die rasch ausgeschlagenen Radführungsgelenke in den Dreieckslenkern, die schlicht und ergreifend unterdimensioniert sind. Beim E36 meines Papas waren sie nach 23tkm noch in der Garantiezeit reif für einen Tausch. BMW wechselte sie seinerzeit einzeln mit einem kleinen Abzieher, viele freie Werkstätten dürften inzwischen dazu übergegangen sein, die Dreieckslenker einfach komplett zu tauschen.

Gerade die späten Baujahre des E36 sind im Grunde sehr ausgereifte und solide Autos, die mit etwas Pflege sehr hohe Laufleistungen erreichen. Ab 1997 stabilisierte BMW die langsam sinkenden Verkaufszahlen mit umfangreich ausgestatteten Sondermodellen, die den Dreier zum Teil sehr nobel auskleideten. Eine Klimaanlage war bis zum Schluss keine Serienausstattung, ist aber angesichts der großen Cockpit-Landschaft hinter der flachen Frontscheibe eines der wichtigen Extras. Sehr bequem sind die vielfältig einstellbaren Sportsitze, die allerdings nur selten geordert wurden.

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Das Angebot an 325 td und 325 tds heute mit "übersichtlich" zu beschreiben, wäre eine maßlose Übertreibung. Die E36-Diesel sind nicht rar, sondern praktisch komplett verschwunden. Das hat einige Ursachen: Verbrauch, Leistungsangebot und auch die Laufkultur der damaligen Diesel wurden bald in den Schatten gestellt. Die Selbstzünder wurden vorrangig von Leuten gekauft, die hohe Jahresfahrleistungen runterrissen. Es mag bei den E36-Benzinern noch immer verborgene Garagenschätzchen geben, die Chance, einen 325 tds mit geringer Laufleistung und in gepflegtem Zustand zu erwischen, liegt aber nahezu bei Null. Sie wurden für die harte Arbeit herangezogen und dort schlicht verschlissen. Hinzu kommt: Auf den Markt kam der 325 tds mit der Abgasnorm Euro 1, erst ab 1996 erfüllte er die Euro 2. Je nach Baujahr wären heute zwischen 400 und knapp 700 Euro allein für die Kfz-Steuer fällig.

(mfz)