Google lässt wegen Covid-19 und US-Wahlen gesperrte Kanäle zurück zu YouTube

Wegen Falschinformationen etwa zum Coronavirus gebannte Content-Creator dürfen wieder Videos bei YouTube posten. Zugleich warnt Google vor möglicher EU-Zensur.

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Person hält durchsichtiges Display mit YouTube-Logo zwischen symbolisierten Streams

(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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YouTube lässt Videoschaffende, die zuvor wegen der Verbreitung falscher oder irreführender Informationen etwa zu US-Wahlen oder dem Coronavirus gesperrt wurden, zurück auf die Plattform. Gleichzeitig wirft YouTube der vorherigen US-Regierung unter Joe Biden vor, die politische Meinungsfreiheit durch Druck auf Online-Plattformen eingeschränkt zu haben. Ähnliches zeichne sich nun in der EU ab. Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA) könnten freie Meinungsäußerungen gefährden.

Das schreibt der Rechtsanwalt von Google-Mutter Alphabet in einem Brief an das "United States House Committee on the Judiciary", den Gesetzgebungsausschuss des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten. Es ist eine Antwort auf Vorladungen dieses Komitees, nachdem der Datenkonzern in den letzten Jahren auf Einhaltung der Gesetze und Bürgerrechte untersucht worden war.

Während der Coronaviruspandemie hatte YouTube mehr als eine Million Videos mit Falschinformationen zu Covid-19 gelöscht – innerhalb von rund anderthalb Jahren. Zudem ging YouTube gegen Fakenews zu den US-Wahlen Ende 2020 vor, deren Ergebnis der damals unterlegene Amtsinhaber Donald Trump angezweifelt hatte und immer noch bestreitet. Etliche Trump-Unterstützer hatten daraufhin bei YouTube Verschwörungstheorien verbreitet, die dazu führten, dass ihre Kanäle von YouTube gebannt wurden. Danach haben diese ihre Meinung auf anderen Online-Plattformen vertreten und dort ein größeres Publikum gefunden.

Jetzt lenkt YouTube ein. "YouTube schätzt konservative Stimmen auf seiner Plattform und erkennt an, dass diese Kreativen eine große Reichweite haben und eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Diskurs spielen", heißt es in dem Brief des Rechtsanwalts. "Das Unternehmen ist sich bewusst, dass diese Kreativen zu denjenigen gehören, die den heutigen Online-Konsum prägen, indem sie Interviews liefern, die man unbedingt sehen sollte, und den Zuschauern ermöglichen, direkt von Politikern, Prominenten, Wirtschaftsführern und anderen zu hören."

Videos by heise

Zudem hätten sich die Vorschriften und Meinungen hinsichtlich des Coronavirus geändert. "Als Ausdruck des Engagements des Unternehmens für die freie Meinungsäußerung ermöglicht YouTube allen YouTubern, der Plattform wieder beizutreten, wenn das Unternehmen ihre Kanäle aufgrund wiederholter Verstöße gegen die nicht mehr gültigen Richtlinien zu Covid-19 und zur Integrität der US-Wahlen geschlossen hat", heißt es weiter.

Der Konzern macht die Biden-Regierung indirekt für die YouTube-Sperren verantwortlich. Zwar würde die Plattform unabhängig agieren, nach eigenen Richtlinien. Doch Angehörige der damaligen Regierung hätten wiederholt Druck auf Alphabet wegen benutzergenerierter Inhalte zu Covid-19 ausgeübt, die nicht gegen YouTube-Richtlinien verstoßen hätten und keine Schäden verursachen würden. Dass die Biden-Regierung den Online-Plattformen vorschreiben wollte, wie Content moderiert werden sollte, bezeichnet Alphabet laut Rechtsanwalt jetzt als "inakzeptabel" und "falsch".

YouTube hat im Gegensatz zu anderen großen Plattformen laut Rechtsanwalt auch keine unabhängigen Faktenprüfer zur Kontrolle der User-Inhalte beschäftigt und werde auch weiterhin darauf verzichten. Stattdessen hat die Videoplattform in den USA demnach damit begonnen, dass Nutzer Kontext hinzufügen können, ähnlich wie die Community Notes bei X. Diese Funktion wird derzeit aber noch geprüft und weiterentwickelt. Faktenprüfer sind in anderen Teilen des Konzerns allerdings üblich. 2020 förderte Google Faktenchecker zu Covid-19 mit Millionen.

In dem Jahr hat YouTube auch eine Faktencheck-Funktion nach Deutschland gebracht, um die Verbreitung von Falschinformationen zu verhindern. Doch inzwischen sieht sich der Konzern in der EU bedroht von DSA und DMA. Diese Gesetze könnten "Innovationen hemmen und den Zugang zu Informationen einschränken". Je nach Anwendung könnte das Gesetz für digitale Dienste die Meinungsfreiheit bedrohen. Denn der DSA könnte so interpretiert werden, dass Alphabet und andere Diensteanbieter Meinungsäußerungen kontrollieren und gesetzeskonforme Inhalte entfernen müssen. Hier bleibt der Rechtsanwalt allerdings vage, man kann es als Warnung verstehen.

(fds)