Bidirektionales Laden: Wie ein Elektroauto (endlich) Geld verdient

BMW macht das erste Angebot in Deutschland für V2G: Mit dem iX3 und einer bidirektionalen Wallbox lässt sich Geld mit dem Elektroauto verdienen.

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BMW iX3

Licht am Ende eines langen Weges? Seit vielen Jahren wird ĂĽber das Potenzial von Elektroautos zur Netzstabilisierung gesprochen, nun scheint das Thema Fahrt aufzunehmen.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Bei Mercedes und Volkswagen ist man nicht amüsiert: BMW liefert für den iX3 auf Wunsch eine bidirektionale Wallbox inklusive Stromvertrag. In Zusammenarbeit mit E.ON können Käuferinnen und Käufer zum ersten Mal in Deutschland ein Elektroauto bekommen, das zum Teilnehmer am Strommarkt wird. Die Vision ist Wirklichkeit. Was die Besitzer tun müssen, um mit dem iX3 Geld zu verdienen: Das Ladekabel in die entsprechend gerüstete heimische Wallbox stecken und einen besonderen Stromvertrag abschließen. BMW übt mit dieser Aktion Druck auf die Konkurrenz, aber auch auf die Politik aus. Es ist überfällig, dass die Potenziale der Elektroautos für das Stromnetz gehoben werden.

Mit dem BMW iX3 können die Besitzer Geld verdienen: Im Stromvertrag mit E.ON gibt es 24 Cent für jede Stunde, die das Elektroauto mit der bidirektionalen Wallbox verbunden ist.

(Bild: BMW)

Voraussetzung für das bidirektionale Laden beim BMW iX3 ist die Wallbox Professional zum Preis von derzeit 2095 Euro. Im Unterschied zu den meisten anderen Wallboxes wie etwa der BMW Wallbox Plus für 699 Euro arbeitet das System nicht mit Wechsel-, sondern mit Gleichstrom.

Pro Jahr, so heißt es im Pressetext, sei ein Bonus von bis 720 Euro möglich, was für 14.000 Kilometer mit dem E-Auto reichen soll. Eine Amortisation des Mehrpreises der DC-Wallbox wäre also möglich – und langfristig mehr als das. BMW macht die Rechnung hinter diesen Zahlen transparent: Für jede Stunde, die der iX3 mit der Wallbox Professional im Stromvertrag mit E.ON verbunden ist, gibt es 24 Cent. Pro Monat sind maximal 60 Euro möglich – es gibt also einen Deckelbetrag –, was in einem Jahr 720 Euro entspricht.

Die DC-Wallbox BMW Professional kostet 2.095 Euro. Es dauert also, bis sich der Mehrpreis im Vergleich zu einer konventionellen Wallbox amortisiert hat.

(Bild: BMW)

Um das zu erreichen, müsste das Elektroauto also 3000 der 8760 Stunden eines Jahres mit der Wallbox verbunden sein. Bei acht Stunden pro Nacht und 365 Tagen pro Jahr kommen bereits 2920 Stunden zusammen; die Berechnungsgrundlage ist also durchaus realistisch. BMW hat einen Arbeitspreis von 32,97 Cent pro Kilowattstunde zu Grunde gelegt. 720 Euro sind demnach 2184 geladene Kilowattstunden, was bei einer Verbrauchsspanne nach WLTP von 15,1 bis 17,9 kWh/100 km genug Strom für gut 12.000 bis über 14.000 Kilometern ist. Das wiederum ist ungefähr im Bereich der jährlichen Durchschnittsfahrleistung in Deutschland.

Unklar ist, wie hoch der monatliche Grundpreis ist. Der sei, so teilt es E.ON auf Nachfrage mit, regional unterschiedlich und werde erst sichtbar, wenn das Produkt tatsächlich bestellbar ist. Theoretisch kann sich hier noch ein Fragezeichen ergeben. Die Beiläufigkeit, mit der der Hersteller aus Bayern diesen Umstand erwähnt, ist der Sache nicht angemessen: Nach der Amortisation der Mehrkosten für die Wallbox fährt das Elektroauto für den Durchschnittsdeutschen kostenfrei.

BMW garantiert dabei, dass die "Hochvoltbatterie immer in einem Optimum für die Lebensdauer" gehalten wird und dass diese nicht beeinträchtigt wird. Übersetzt heißt das wahrscheinlich, dass ein Ladefenster genutzt wird, das nicht allzu weit vom idealen Stand von 50 Prozent entfernt ist. Außerdem kann der Besitzer festlegen, wann er mit wie viel Reichweite starten will. Langfristig sei geplant, "das Produkt in eine ganzheitliche Energieplattform zu integrieren, die Ladeinfrastruktur, Fotovoltaik, Wärmepumpen und Smart-Home-Systeme intelligent miteinander verbindet". Klar, das wollen alle. BMW macht den Anfang.

Mercedes plant für den GLC EQ, eine bidirektionale Wallbox anzubieten. Partner ist das Technologieunternehmen The Mobility House, das unter anderem für Ladelösungen bekannt ist.

(Bild: Mercedes)

Dass die anderen deutschen Autokonzerne Mercedes und Volkswagen nicht zuerst ein solches Angebot im Programm haben, hat dem Vernehmen nach Missgunst ausgelöst. Untätig sind beide nicht. Volkswagen hat mit dem eigenen Unternehmen Elli auf der IAA ein Pilotprojekt gezeigt, das das bidirektionale Laden ermöglicht. Mercedes hat für den GLC EQ eine Kooperation mit The Mobility House Energy angekündigt.

Ein agiles Unternehmen im Markt der Anbieter für bidirektionale Wallboxes ist auch Ambibox aus Mainz. Die Wallbox Ambicharge kann ab sofort vorbestellt werden und wird ab 2026 ausgeliefert. Vorher gehen noch 500 Wallboxes für umfangreiche Tests an Partnerfirmen. Ambibox sieht V2X (für Vehicle to X)-fähige Wallboxes in mehreren Anwendungsbereichen. Am prominentesten ist, was BMW mit E.ON macht, nämlich das Elektroauto als Teilnehmer am Strommarkt. Laden, wenn der Börsenpreis niedrig ist und umgekehrt.

Ambibox sieht das Elektroauto nicht nur als Teilnehmer am Strommarkt (V2G), sondern auch als Speichererweiterung fĂĽr die heimische PV-Anlage (V2H).

(Bild: Ambibox)

Darüber hinaus und für viele Privatkunden besonders interessant ist die Perspektive, einen vorhandenen Speicher für Strom aus der eigenen PV-Anlage durch das Elektroauto zu erweitern. Eine bidirektionale Wallbox für diesen Zweck könnte entweder ans Hausnetz (AC) oder direkt an den Heimspeicher (DC) angeschlossen werden. Heimspeicher sind ein wichtiges Element, um die Eigenverbrauchsquote für Solarstrom zu erhöhen. Wenn ein Elektroauto zusätzliche Kilowattstunden bietet, wäre das ein großer Vorteil.