Bundestag beschließt Errichtung einer Bundesanstalt für den Behördenfunk

Mit rot-grüner Mehrheit hat das Parlament den umstrittenen Gesetzesentwurf zum Aufbau einer öffentlich-rechtlichen Behörde für den Digitalfunk verabschiedet.

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Mit rot-grüner Mehrheit hat der Bundestag am gestrigen Donnerstagabend den umstrittenen Entwurf für ein Gesetz zur "Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) verabschiedet -- die Verabschiedung war der letzte Rechtsvorstoß eines wahren Gesetzgebungsmarathons der noch regierenden Koalition vor dem Stellen der Vertrauensfrage durch den Bundeskanzler. Eine Debatte fand nicht mehr statt, da die Abgeordneten ihre Reden zu Protokoll gaben. Die geplante öffentliche Einrichtung soll die Aufgabe haben, ein bundesweit einheitliches digitales Sprech- und Datenfunksystem für die Sicherheitsbehörden aufzubauen und zu betreiben. Zunächst geht es darum, ein "Rumpfnetz" in Zusammenarbeit mit der DB-Telematik zum Laufen zu bringen. Die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben der Länder soll im Rahmen eines Verwaltungsabkommens mit übernommen und koordiniert werden. Über den gleichzeitig zu bestellenden Verwaltungsrat sollen die Bundesländer Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte in der Bundesanstalt erhalten.

Der bei einer Anhörung im Innenausschuss am Montag laut gewordenen Kritik an den formal-rechtlichen Bestimmungen versucht die Regierungskoalition mit kleinen Änderungen am ursprünglichen Entwurf beizukommen. Der Präsident der Anstalt soll demnach bereits vorab installiert werden, damit die Arbeitsrichtlinien der Behörde überhaupt korrekt erlassen werden können. Andernfalls wäre die Handlungsfähigkeit der Anstalt bedroht gewesen. Zudem wird die Stellung des Parlamentes bei der Kontrolle der Einrichtung verstärkt. So soll neben dem Bundesfinanz- und Bundesinnenminister auch der Haushaltsausschuss des Bundestags mit ein Auge auf wichtige, auch die Privatwirtschaft betreffende Entscheidungen haben.

Die Opposition stimmte gegen den Gesetzesentwurf, der damit möglicherweise vom Bundesrat noch bis zu eventuellen Neuwahlen verzögert werden könnte. Die Länderkammer ist zwar nicht zustimmungspflichtig, könnte aber trotzdem ein Vermittlungsverfahren beantragen. Ob Rot-Grün dieses noch abweisen könnte, steht momentan in den Sternen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk, und der zuständige Berichterstatter Ralf Göbel hatten im Vorfeld der gestrigen Abstimmung "verfassungsrechtliche, vergaberechtliche und kartellrechtliche Bedenken" geäußert. Der Entwurf ist ihrer Ansicht nach "fehler- und mangelhaft". Die Errichtung der Bundesanstalt sei für das vorrangige Weiterbetreiben des Vergabeverfahrens für den Digitalfunk zudem gar nicht notwendig.

Zur Ausstattung der Sicherheitsbehörden mit Digitalfunktechnik siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)