4W

Was war. Was wird.

Dies ist nicht die Kolumne von Hal Faber, sondern ein Platzhalter. Dies schon allein deswegen, weil "ist nicht" eine Aussage ist, die zum Patent angemeldet wurde.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 112 Kommentare lesen
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Liebe Leserin, lieber Leser. Dies ist nicht die Kolumne "Was war, was wird." Dies ist nur ein Platzhalter für die eigentliche Kolumne. Sie steht an diesem Platz, während die Halzelmännchen eifrig dabei sind, die richtige Kolummne zu schreiben. Wenn es denn soweit ist, wird diese Kolumne sang- und klanglos mit einer Original-Datei voller Original-Sätze von Hal Faber überschrieben. Unterdessen bleibt es Ihnen unbenommen, den Platzhalter zu lesen oder sich mit einer anderen Wochenschau zu amüsieren. Natürlich bietet ein echter Heise-Platzhalter mehr als das pseudolateinische Gesabbel, was lizenzierte Software mitunter als Fülltext produziert: "In omnibus requiem quaesivi, et numquam iniveni nisi in angulo cum libro..." Ja, so ein Platzhalter ist eine praktische Sache, kann er doch mit einer nicht lizenzierten Software erstellt werden, braucht eigentlich überhaupt keine Lizenz, weil die eigentliche Datei noch kommt. So gesehen ist ein MP3-Player keine Klauquetsche, sondern voll von Platzhaltern der Originaldateien einer CD-Sammlung. So gesehen hält eine Word-Datei eisern den Platz frei, bis der StarOffice-Ersatz eintrudelt. Aber sind wir nicht alle hübsch belastbare Platzhalter von jemand anderem? Wie sangen noch The Who?

Substitute your lies for fact
I can see right through your plastic Mac

*** Vielleicht wiederhole ich mich, aber: Dies ist nicht die Kolumne von Hal Faber, sondern ein Platzhalter. Dies schon allein deswegen, weil "ist nicht" ab sofort eine Aussage ist, die Microsoft-Mitarbeiter zum Patent angemeldet haben. Was George Boole für unnötig erachtete, ist nicht unnötig, wenn es darum geht, der Welt zu beweisen, dass sie eine patentierte Scheibe ist. Wenn dieses Patent erteilt wird, werden sich die hilflosen Visual Basic-Programmierer freuen und jauchzen. Doch hilft es, hier auf die polnische Notation zu hoffen? Vielleicht fehlt uns nur die Lektion, die die Iraker lernen mussten, dass Patente nur Gutes tun, im Sinne der Exportbilanz.

*** Vage Drohungen mit Patenten gehören zur Strategie, Angst, Unsicherheit und Zweifel (FUD) zu verbreiten. Steve Ballmers Behauptung von mehr als 228 Patenten, die den Einsatz von Linux gefährden, basiert auf einer Studie der Firma Open Source Risk Management, die allerdings 283 Patente gefunden zu haben glaubt. Microsoft und die Linux-Rückversicherer profitieren von FUD, weil Firmen wie Behörden Angst haben, mit ihrer IT in eine Sackgasse zu rauschen. Entsprechend wird Wilhelm Hoegner als Gröraz, als der größte vorstellbare Rebell aller Zeiten gefeiert, freilich nur auf totem Holz. In der Internet-Fassung ist er nur noch der "letzte lebende Rebell" und es klingt fast so, als sei der Münchener Amtsleiter, Enkel des gegen den Gröfaz kämpfenden, späteren ersten bayerischen Ministerpräsidenten vom Tode bedroht. Das bringt mich zu der letzten lebenden Rebellin, Pamela Jones von Groklaw. Als die besagte Open Source Risk Management gegründet wurde, stellte die junge Firma Pamela Jones ein. Bei all dem FUD, der zur Zeit um die Risiken und Nebenwirkungen von Open Source Software getrieben wird, lief Pamela Jones in Gefahr, mit dem Groklaw-Projekt unglaubwürdig zu werden. Nun hat sie die Konsequenz gezogen und OSRM verlassen. Respekt.

*** Kreuzt man FUD-Argumente mit Platzhaltern, so kommt vielleicht eine gute Studie heraus. Unvergessen -- und bisher immer noch nicht ausgeliefert -- ist Samiszdat, die Studie der Alexis de Tocqueville-Institution über das hybride Betriebssystem Linux. Was hat es diese Woche nicht für wunderbare Studien gegeben, eine funkelnder als die andere! Der Heiseticker, treuer Pluviograf aller Niederschläge auf dem Gebiet der Studien, registrierte unter anderem: eine Studie über nachlässige Online-Händler, eine Studie über Deutschland Online 2 und den kostenpflichtigen Content, eine Studie über Agressionen am Computer, über den europäischen weihnachtlichen Kaufrausch und den Einsatz von RFID-Chips. Nun darf man nicht den Fehler machen, die Studien zueinander in Beziehung zu setzen. Sonst steht man etwa vor dem Problem, dass Deutschland zu Weihnachten einen Online-Kaufrausch in der Höhe von 3,8 Milliarden Euro erwartet, jedoch die Deutschen ihren Online-Händlern misstrauen. Man sollte die Studien auch nicht mit der Realität vergleichen. Sonst steht man vor dem Problem, dass Deutschland Online 2 sich mit bezahlten Inhalten beschäftigt, aber sich ungeniert bei der Wikipedia bedient. Besonders pikant ist dabei, dass Deutschland Online von Firmen finanziert wird, die mit der Abmahnkeule die Inhalte bedrohen, von denen sie studienhalber zitieren. Schön ist auch die Buerteilung der Risiken & Chancen von RFID-Chips. Die Studie warnt zwar vor Datenschutzverletzungen, empfiehlt den Verbrauchermärkten jedoch ganz unparteiisch, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen so zu verändern, dass jemand, der den Laden mit RFID-Blockern betritt, sofort wegen Hausfriedensbruchs angeklagt werden kann. So sehen also die Risiken aus, wenn man genau hinsieht. Oder genau zielt, mit dem Aggressionsobjekt Computer.

*** Während Brian Ferry in dieser Woche in Hamburg exklusiv für Mercedes vorsingen durfte, schnappte sich Bob Dylan mit seinen klunkernden Stein den ersten Platz beim Wettbewerb um den besten Song aller Zeiten. Eine hübsch altmodische Wahl, die weit weniger verstört als diejenige des größten Niederländers aller Zeiten. Aber vielleicht muss man sich von dem Begriff altmodisch verabschieden, weil auch Begriffe verrotten können wie veraltete Diskettenformate und nicht einmal mehr als Platzhalter taugen. Die altmodische Fuchsjagd mit der Hundemeute wurde in Großbritannien verboten, dafür wird die städtische Videoüberwachung auf Felder und Hecken ausgedehnt.

*** Am Donnerstag und Freitag fiel wieder einmal die Hartz-IV-Software A2ll stundenlang aus, doch hat so eine Nachricht schon so wenig Fallhöhe, dass sie es nicht mehr in den Heiseticker schafft. Schon ein kleiner Schmorbrand wird kaum noch mit mehr als einem Achselzucken quittiert. Nun wurde bekannt, dass 5000 Mitarbeiter fehlen. Was solls, fragen die Besitzenden, und die Manager unter ihnen sind schwer für die Reform, auch wenn sie nicht an den Sinn der Reform glauben. Dieses Projekt wird mit einem großen Knall an die Mauer in den Köpfen fahren, wenn mir die windschiefe Metapher gestattet ist. Derweil kämpft die Bundesagentur für Arbeit gegen die Verwendung des Marken-A, wie man dies vom großen T her kennt. Für arbeitslose Software-Entwickler, die bei jeder Diskussion über Hartz-IV ins Spiel gebracht werden, habe ich noch einen.

Was wird.

Um diese Jahreszeit trudelte einstmals die halbe IT-Welt nach Las Vegas. Doch das ist Geschichte und Bill Gates, der größte Keynoter aller zeiten, trudelt durch Europa. Derweil hat sich die Comdex in den April nach Göteborg verzogen, gleich nach der CeBIT, die im nächsten Jahr erstmals offiziell als Bildungsurlaub angerechnet werden kann. Ja, so kämpfen Messen um ihr Publikum, wenn sie mehr als eine Consumer Show sein wollen. Für die CeBIT ist unversehens die Gesundheitskarte ein zentrales Thema geworden, doch ist zuvor noch eine andere Veranstaltung am Ball, die regen Zulauf hat. Am Mittwoch öffnet die Medica ihre Pforten und bietet Computertechnik satt, von der Gesundheitskarte bis zum "Patientenentertainment". Darüber muss ich sofort mit meinem Zahnarzt reden, der als Zeitschrift die c't auslegt.

Wir leben in einer kranken, sexbessesenen Zeit, die die ständige Erregbarkeit (oder war es Erreichbarkeit?) predigt. Insofern ist es nur natürlich, wenn sich passende neue Fetischismen ausprägen. Das ist bei den Mobiltelefonen nicht anders als bei den iPods in heißen Strümpfen. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass wieder einmal die Liebhaber älterer Technik sich in der Eisenbahnerturnhalle in München-Ost treffen, wo sich sonst die Computernostalgeeker tummeln. Auf das heißeste Aufeinandertreffen der deutschen und internationalen Rennrekorder mache ich frühzeitig aufmerksam, damit der eine oder andere Bastler seinen ollen Mussolini-Tänzer noch rennfertig machen kann, ehe die Flagge fällt und Fast Forward oder Rewind ihr Bestes geben. Und, wenn wir schon in dieser sexbesessenen Welt der iMännchen und iWeibchen leben, so dürfen neben den iPods die iBooks nicht fehlen, auf denen natürlich das Blog gepflegt wird. Frühzeitig gebe ich also Kunde vom Treffen der üblichen Verdächtigen zu einem Zeitpunkt, an dem der ungläubige Rest der Welt noch verdaut. Wer ohne Mac im realsozialistischen Kuppelbau am Haus der Lehrer auftaucht, hat keine Chance und wird von einem Platzhalter ... (Hal Faber) / (anw)